Leitsatz (amtlich)
Für ein Näherungsverbot des Vaters gegenüber seinen minderjährigen Kindern gibt das GewSchG keine rechtliche Grundlage.
Normenkette
GewSchG § 3
Verfahrensgang
AG Rathenow (Aktenzeichen 5 F 415/16) |
Tenor
Der Beschluss des Amtsgerichts Rathenow von 27.09.2016 - 5 F 415/16 - wird dahingehend abgeändert, dass die in Ziffer 1.3. enthaltende Verpflichtung des Antragsgegners, es zu unterlassen, sich seinen Kindern D..., V... und G ... auf eine Entfernung von weniger als zehn Meter zu nähern, entfällt.
Die Kosten der ersten Instanz trägt der Antragsgegner. Für das Beschwerdeverfahren werden Gerichtskosten nicht erhoben. Außergerichtliche Auslagen sind nicht zu erstatten.
Der Beschwerdewert wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Auf Antrag der Antragstellerin hat das Amtsgericht am 27.9.2016 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom selben Tag eine einstweilige Anordnung gemäß § 1 GewSchG erlassen. Der Antragsgegner hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass er die Ansprüche der Antragstellerin anerkenne. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung wird auf den vorgenannten Beschluss Bezug genommen.
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Antragsgegner gegen die in Ziffer 1.3. des angefochtenen Beschlusses enthaltene Verpflichtung, es zu unterlassen, sich seinen Kindern D..., V... und G... auf eine Entfernung von weniger als zehn Metern zu nähern.
Er trägt vor, ein Grund, ihm eine Annäherung an seine Kinder zu verbieten, bestehe nicht. Weder der Antragschrift noch dem Protokoll vom 27.9.2016 lasse sich ein Grund dafür entnehmen. Er habe gegenüber seinen Kindern zu keiner Zeit Gewalt ausgeübt. Im Übrigen greife die angefochtene Verpflichtung in sein Umgangsrecht ein, indem sie zu einem unbegründeten Umgangsausschluss führe. Seine beiden Töchter seien erst ein und zwei Jahre alt, so dass im Falle der Aufrechterhaltung des Beschlusses eine Entfremdung drohe.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss in Ziffer 1.3. insoweit aufzuheben, als ihm auferlegt wird, es zu unterlassen, sich den Kindern D..., V... und G... auf eine Entfernung von weniger als zehn Metern zu nähern.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie trägt vor:
Ein Umgang mit dem Vater schade den Kindern. Die Kinder sollten vorerst die Möglichkeit haben, die Trennung, die neue Familiensituation und eine feste Erziehung kennen zu lernen. Allenfalls komme ein begleiteter Umgang unter Obhut des Jugendamtes in Betracht.
II.
Der Senat hat gemäß § 68 Absatz 3 S. 2 FamFG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen, da diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurde und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten waren.
Die gemäß § 57 Satz 1, Satz 2 Nr. 4 FamFG zulässige Beschwerde ist begründet. Die in Ziffer 1.3. des angefochtenen Beschlusses enthaltene Verpflichtung hätte im Gewaltschutzverfahren nicht ergehen dürfen. Die Befürchtung der Antragstellerin, der Antragsgegner könne auch Aggressionen gegen die Kinder ausüben, rechtfertigt keine Schutzanordnung nach § 1 GewSchG. Gemäß § 3 Abs. 1 GewSchG gelten im Eltern-Kind-Verhältnis ausschließlich die familienrechtlichen Vorschriften über die elterliche Sorge und den Umgang (Palandt/ Brudermüller, BGB, 75. Aufl. § 3 GewSchG Rn. 1; Müko/Krüger, BGB, 6. Aufl. 2013 § 3 GewSchG, Rn. 1). Können sich die Eltern, wie hier, nicht über den Umgang einigen, ist darüber in einem gesonderten Umgangsverfahren zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung für das erstinstanzliche Verfahren beruht auf § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG. Da der Antragsgegner dem Begehren nicht entgegengetreten und unterlegen ist, ist davon auszugehen, dass er Täter im Sinne des GewSchG war. Dies rechtfertigt es, ihm die erstinstanzlichen Kosten des Verfahrens aufzuerlegen (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 24.01.2014 - 10 WF 207/13, BeckRS 2014, 14885). Das weitergehende Verlangen der Antragstellerin betreffend die Kinder wirkt sich auf die Kosten nicht aus.
Hinsichtlich der erfolgreichen Beschwerde des Antragsgegners entspricht es der Billigkeit, von der Gerichtskostenerhebung nach §§ 51 Abs. 4, 81 Abs. 1 S. 2 FamFG und der Anordnung einer Auslagenerstattung nach §§ 51 Abs. 4, 81 Abs. 2 FamFG abzusehen.
Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf §§ 41, 49 Abs. 1 FamGKG.
Fundstellen
Haufe-Index 10999218 |
FuR 2017, 613 |
FamRB 2017, 464 |