Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendungsbereich des § 1390 BGB
Leitsatz (amtlich)
1. § 1390 BGB in der ab 01.09.2009 anzuwendenden Fassung gilt auch für unentgeltliche Vermögensübertragungen vor dem 01.09.2009.
2. § 1390 BGB in der ab 01.09.2009 geltenden Fassung ist anwendbar auf illoyale Zuwendungen zwischen Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages und Rechtskraft der Entscheidung über die Beendigung der Zugewinngemeinschaft.
Verfahrensgang
AG Nauen (Aktenzeichen 24 F 147/11) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin und unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Beschwerde wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Nauen vom 21.03.2013 im Ausspruch zu 1. abgeändert:
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an die Antragstellerin 233.520,74 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit dem 26.05.2011 zu zahlen.
Die Antragsgegnerin hatte die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Wert des Beschwerdeverfahrens: bis zu 260.000 EUR
Gründe
I. Die Antragstellerin verlangt die Zahlung von 233.520,74 EUR von der Antragsgegnerin als Wertersatz, gestützt auf eine Zugewinnausgleichsforderung gegen ihren geschiedenen Ehemann (fortan auch: Ehemann), dessen Zuwendungen an die Antragsgegnerin während der Ehezeit und dessen Vermögenslosigkeit nach rechtskräftiger Scheidung.
Das Scheidungsverfahren der Eheleute wurde am 25.10.2001 rechtshängig. Gemäß Notarvertrag vom 11.10.2006 übertrug der Ehemann der Antragsgegnerin, seiner damaligen Lebensgefährtin, unentgeltlich ein Hausgrundstück in Braunschweig, das die Antragsgegnerin ihrerseits mit notariellem Kaufvertrag vom 08.07.2009 für 400.000 EUR weiterveräußerte. Die Scheidung der Eheleute wurde am 09.09.2010 rechtskräftig. Mit Schlussurteil vom 07.12.2010 sprach das OLG Braunschweig der Antragstellerin eine Zugewinnausgleichsforderung über etwa 235.000 EUR zu. Nach einer eidesstattlichen Versicherung vom 09.03.2011 war der Ehemann vermögenslos. Er verstarb am 15.01.2012.
Die Antragstellerin hat geltend gemacht, ihr früherer Ehemann habe die Zuwendung unentgeltlich erfolgen lassen und in der Absicht, sie als ausgleichsberechtigte Ehegattin zu benachteiligen.
Sie hat beantragt,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, an sie 233.520,74 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit 09.09.2010 zu zahlen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Die Antragsgegnerin hat die Grundstückszuwendung als entgeltlich erachtet und eine Benachteiligungsabsicht in Abrede gestellt.
Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist (678 ff.), hat das Amtsgericht die Antragsgegnerin antragsgemäß zur Zahlung verpflichtet. Der Anspruch der Antragstellerin ergebe sich aus § 1390 BGB. Eine von der Antragsgegnerin zur Begründung einer Entgeltlichkeit herangezogene Tilgung von Grundpfandrechten aus dem Verkaufserlös im Jahre 2009 habe die Antragsgegnerin weder konkret dargelegt noch nachgewiesen. Ein Aufwendungsersatzanspruch wegen vorangegangener finanzieller Aufwendungen der Antragsgegnerin für das an sie veräußerte Haus sei mangels hinreichenden Vorbringens nicht feststellbar. Das gleiche gelte in Ansehung einer Pflegevereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und dem Ehemann, dessen Pflegebedürftigkeit im Jahre 2006 nicht dargetan sei. Die Benachteiligungsabsicht des Ehemanns ergebe sich aus dem Wertverhältnis des übertragenen Grundstücks zu seinem Gesamtvermögen.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihr erstinstanzliches Abweisungsbegehren uneingeschränkt weiter. Das Amtsgericht habe die Unentgeltlichkeit der Vermögensübertragung zu Unrecht bejaht, die Ablösung der Grundpfandrechte aus dem Verkaufserlös fehlerhaft verneint, ebenso wie den Aufwendungsersatzanspruch der Antragsgegnerin sowie die Pflegebedürftigkeit des Ehemanns, und sei fälschlich von einer Benachteiligungsabsicht des Ehemanns ausgegangen.
Sie beantragt,
der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Nauen vom 21.03.2013, Aktenzeichen 24 F 147/11, wird dahin abgeändert, dass der Antrag, die Antragsgegnerin zur Zahlung von 233.520,74 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit dem 09.09.2010 zu verpflichten und die Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens trägt, zurückgewiesen wird.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Amtsgerichts, - Familiengericht -, Nauen vom 21.03.2013 zu Aktenzeichen 24 F 147/11 aufrechtzuerhalten und die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und vertieft und ergänzt ihr Vorbringen zu Zuwendungen des früheren Ehemannes an die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit weiteren Grundstücksveräußerungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf den Schriftsatzwechsel in der Beschwerde, sowie auf seinen Hinweis vom 01.11.2018 (769). Er entscheidet, wie angekündigt (767, 769r), o...