Tenor
1. Die Beschwerde des ... vom 13.08.2021 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Fürstenwalde/Spree - Familiengericht - vom 17.07.2021 wird zurückgewiesen.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtlich entstandene Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beschwerde betrifft die Frage, ob bei einer Kindschaftssache - hier: Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge - für den Rechtsanwalt eine fiktive Terminsgebühr im Sinne von VV-RVG Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 entstehen kann, weil § 155 Abs. 2 Satz 1 FamFG eine verbindliche "Erörterung" anordnet.
In dem vorliegenden Verfahren betreffend die alleinige elterliche Sorge der Mutter hat das Amtsgericht am 21.12.2020 eine Sachentscheidung zu Gunsten der prozesskostenhilfeberechtigten Antragstellerin getroffen und ihr die alleinige elterliche Sorge bezüglich der gemeinsamen Kinder übertragen. Der Vater hatte zuvor schriftlich dem Sorgeantrag zugestimmt. Im Einvernehmen mit den Verfahrensbeteiligten hat das Amtsgericht die sorgerechtliche Entscheidung ohne Durchführung eines Termins getroffen.
Die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin und nunmehrige Beschwerdeführerin macht u.a. eine Terminsgebühr im Sinne von VV-RVG Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 mit der Begründung geltend, auch ein Erörterungstermin gemäß § 155 Abs. 2 Satz 1 FamFG falle unter den Begriff der "mündlichen Verhandlung" im Sinne dieser Bestimmung. Die Gebühr sei entstanden, obwohl eine Anhörung im Einverständnis der Parteien nicht stattgefunden hat.
Die Rechtspflegerin wies den Antrag auf Festsetzung einer Terminsgebühr mit Beschluss vom 04.02.2021 unter Verweis auf eine fehlende obligatorische mündliche Verhandlung zurück. In ihrer Erinnerung hiergegen führt die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin im Wesentlichen aus, dass lediglich deshalb keine "Verhandlung" angeordnet werde, weil es sich um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit handele. Die Gesetzesauslegung des Gerichts würde dem Willen des Gesetzgebers widersprechen, durch einen Gebührenanreiz eine Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren und eine Entlastung der Gerichte zu erreichen.
Mit Beschluss vom 17.07.2021 hat das Amtsgericht - Familiengericht - der Erinnerung abgeholfen und die Erstattung der Terminsgebühr angeordnet. Das Verfahren sei einer Familienstreitsache vergleichbar und daher VV-RVG Nr. 3104 grundsätzlich anwendbar.
Hiergegen hat der Bezirksrevisor des Landgerichts Beschwerde eingelegt und beantragt, eine Erstattung der Terminsgebühr nicht anzuordnen. Der Gesetzeswortlaut stehe einer Anwendbarkeit entgegen. Der Gesetzgeber verwende die Begriffe "mündliche Verhandlung" und "Erörterung" bewusst nebeneinander. Auf die Stellungnahmen vom 21.01.2021 und vom 13.08.2021 wird ergänzend Bezug genommen.
II. Die gemäß § 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 bis 8 RVG zulässige Beschwerde der Staatskasse ist in der Sache selbst nicht begründet. Unter "mündliche Verhandlung" im Sinne der genannten Gebührenziffer fällt auch ein "Erörterungstermin" im Sinne von § 155 Abs. 2 FamFG. Der Senat bleibt bei seiner mit Beschluss vom 31.08.2021 Az.: 10 WF 2/21 ausführlich begründeten Rechtsansicht.
Obwohl im vorliegenden familiengerichtlichen Verfahren betreffend das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder der beteiligten Eltern der an sich gemäß § 155 Abs. 2 S. 1 FamFG gebotene Erörterungstermin nicht stattgefunden hat, weil sich der Vater mit der Sorgerechtsübertragung einverstanden erklärt hat, liegen die Voraussetzungen für die Entstehung einer Terminsgebühr nach Nr. 3104 Vergütungsverzeichnis - VV - als Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG vor.
Allerdings entsteht die Terminsgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 vor VV 3100 grundsätzlich nur für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen und von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen. In VV 3104 Abs. 1 Nr. 1 in der bis zum 31.12.2020 geltenden, hier mit Rücksicht auf § 60 RVG maßgeblichen Fassung ist aber bestimmt, dass die Gebühr auch entsteht, wenn in einem Verfahren, die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, diese jedoch im Einverständnis mit den Beteiligten unterblieben ist.
In Rechtsprechung und Literatur ist allerdings umstritten, ob in einem Fall in dem keine mündliche Verhandlung im Sinne der ZPO, wohl aber eine Erörterung gem. § 155 Abs. 2 FamFG vorgeschrieben ist, mit Rücksicht auf den Wortlaut von VV 3104 Abs. 1 Nr. 1 eine Terminsgebühr entstehen kann.
Aufgrund der vergleichbaren Interessenlage schließt sich der Senat der Auffassung an, dass eine Terminsgebühr auch in Verfahren entstehen kann, in denen eine Erörterung nach dem FamFG vorgeschrieben ist, das Verfahren aber ohne einen solchen Erörterungstermin durch Entscheidung beendet worden ist. Die lediglich am Wortlaut orientierte Gegenansicht, lässt Sinn und Zweck von § 155 Abs. 2 FamFG außer Acht. Auch ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien zu § 155 FamFG nicht, dass gebührenrechtliche Auswirkungen bei der Wortwahl durch den Gesetzgeber bedacht wurden. (vgl. ausführliche Darstellung des aktuellen Streitstandes im Be...