Leitsatz (amtlich)
1. Dem die Scheidung ablehnenden Ehegatten obliegt es, diejenigen Tatsachen konkret vorzutragen, die die Feststellung eines schweren Härteempfindens i.S.d. § 1568 BGB ermöglichen.
2. § 142 Abs. 1 FamFG gilt auch für die Beschwerdeinstanz.
3. Die gebotene Aufhebung und Zurückverweisung einer Folgesache durch das Beschwerdegericht führt auch zur Aufhebung und Zurückverweisung des angefochtenen (und an sich zu bestätigenden) Scheidungsausspruchs zwecks Aufrechterhaltens des Verbundes in erster Instanz.
Verfahrensgang
AG Oranienburg (Aktenzeichen 33 F 70/08) |
Tenor
1. Es werden die nachfolgenden Hinweise erteilt.
2. Der Senat beabsichtigt, im schriftlichen Verfahren nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG zu entscheiden.
3. Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von 2 Wochen gewährt.
Gründe
Rein vorsorglich wird einleitend darauf hingewiesen, dass das gesamte Verfahren dem neuen, seit dem 1.9.2009 geltenden Verfahrensrecht (FamFG) unterfällt, da das AG über den im Scheidungsverbund sich befindenden Versorgungsausgleich - der noch nach altem Recht eingeleitet wurde - bis zum 1.9.2010 noch nicht entschieden hatte, Art. 111 Abs. 5 FGG-RG, § 48 Abs. 3 VersAusglG.
A. Verfahrenskostenhilfe-Antrag der Antragsgegnerin
Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist derzeit ohne Erfolg, weil der Senat die Bedürftigkeit der Antragsgegnerin nicht prüfen kann.
So ist die Antragsgegnerin neben dem Antragsteller Miteigentümerin des Einfamilienhauses in Glienicke, das derzeit vermietet sei soll. Nähere Angaben zu diesem Vermögenswert, insbesondere inwieweit eine Verwertung durch Veräußerung oder Beleihung und dadurch die Finanzierung der Verfahrenskosten in Betracht kommt, fehlen.
Darüber hinaus gibt die Antragsgegnerin die Zahlung einer Autoversicherung mit monatlich 68,92 EUR an, zugleich aber hat sie die Zeile "Kraftfahrzeuge" nicht ausgefüllt. Auch dies erschließt sich nicht.
B. Beschwerde
Derzeit besteht in der Sache selbst für die eingelegte Beschwerde insoweit Erfolgsaussicht, als die angefochtene Entscheidung aufzuheben und an das AG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuweisen ist.
I. Ehescheidung
1. Zulässigkeit des Rechtsmittels
Soweit die Antragsgegnerin in Abänderung der angefochtenen amtsgerichtlichen Entscheidung die Zurückweisung des Scheidungsantrages des Antragstellers begehrt (Bl. 233), ist dies zulässig.
Zwar hat die Antragsgegnerin ursprünglich ebenfalls keine Möglichkeit gesehen, an der Ehe festzuhalten (vgl. ihre Erklärung im Rahmen der Anhörung vor dem AG vom 13.10.2009 - Bl. 89 f.). Jedenfalls hat sie innerhalb der letzten mündlichen Verhandlung vor dem AG (8.11.2011, Bl. 139, dort Seite 5, Bl. 143) erklärt, keinen Scheidungsantrag zu stellen und dem Scheidungsantrag des Antragstellers auch nicht zuzustimmen. Dies hat sie im Rahmen ihrer Beschwerdebegründung (dort Seite 3, Bl. 235) nochmals bekräftigt. Insoweit sind jedenfalls die Anforderungen an ein Rechtsmittel gegen den Scheidungsausspruch zwecks Aufrechterhaltung der Ehe gegeben (vgl. auch BGH FamRZ 1987, 264, wie die Antragsgegnerin zutreffend zitiert). Denn mit ihrer Anfechtung hat die Antragsgegnerin den Ausspruch der Scheidung selbst in Frage gestellt und zu erkennen gegeben, die Aufrechterhaltung der Ehe weiter zu verfolgen. Aus welchen Motiven dagegen sie dieses Ziel verfolgt, insbesondere ob es hierbei - so stellt sich ihre inhaltliche Beschwerdebegründung dar - allein um wirtschaftliche Motive geht, spielt jedenfalls im Rahmen der Zulässigkeit dieses Rechtsmittels keine Rolle.
2. Vorliegen der Scheidungsvoraussetzungen
In der Sache selbst ist die gegen den Scheidungsausspruch gerichtete Beschwerde zwar an sich nach materiellem Recht unbegründet; gleichwohl ist ihr aus verfahrensrechtlichen Gründen stattzugeben.
a. Voraussetzungen des Scheiterns der Ehe
Nach § 1566 Abs. 2 BGB wird unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit 3 Jahren getrennt leben. Die Trennung erfolgte hier im November 2005 und liegt damit annähernd 6 ½ Jahre zurück. Im Übrigen will jedenfalls der Antragsteller weiterhin die Ehe nicht fortführen, wie aus seinen im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens abgegebenen Erklärungen bzw. auch dem Inhalt seiner Beschwerdeerwiderung vom 26.4.2012 (Bl. 264 f.) hervorgeht.
Liegen aber die Voraussetzungen einer unwiderlegbar vermutet gescheiterten Ehe vor, kommt eine gleichwohl erfolgende Aufrechterhaltung der Ehe nur unter den strengen Voraussetzungen des § 1568 BGB in Betracht. Nach § 1568 Alt. 2 BGB soll die Ehe trotz ihres Scheiterns nicht geschieden werden, wenn und solange die Scheidung für den Antragsgegner, der sie ablehnt, aufgrund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers ausnahmsweise geboten erscheint. Die Vorschrift will aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit eine Scheidung zur Unzeit verhindern, weshalb an die Feststellung der schweren Härte e...