Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundstücksverkehrsrecht: Zuweisung eines landwirtschaftlichen Betriebes an einen Miterben
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der gerichtlichen Zuweisung eines landwirtschaftlichen Betriebs nach dem mutmaßlichen Erblasserwillen (§§ 13 ff. GrdstVG) kommt einem Abkömmling kein grundsätzlicher Vorrang vor dem überlebenden Ehegatten zu.
2. Bei der Ermittlung des mutmaßlichen Erblasserwillens kommt dem Umstand erhebliches Gewicht zu, das der landwirtschaftliche Betrieb über einen längeren Zeitraum von dem Erblasser und dem überlebenden Ehegatten gemeinsam arbeitsteilig geführt worden ist.
Normenkette
GrdstVG § 13 Abs. 1 S. 1, § § 13ff
Verfahrensgang
AG Königs Wusterhausen (Beschluss vom 25.04.2014; Aktenzeichen 37 Lw 10/11) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligen zu 1 wird der Beschluss des AG - Landwirtschaftsgericht - Königs Wusterhausen vom 25.4.2014 dahingehend abgeändert, dass das im Beschlussausspruch zu 1. b) genannte Bankkonto der Beteiligten zu 2 mit einem Guthaben von 60.717 EUR zugewiesen und das im Beschlussausspruch zu 1. d) genannte Grundstück (Gemarkung G., Flur 2, Flurstück 413) mit einer vom Bebauungsplan Nr. 100 "Wissenschaftspark..." (Amtsblatt von P. vom 31.7.2008) erfassten Teilfläche von 8.860 qm von der Zuweisung ausgenommen wird.
Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten beider Rechtszüge werden der Beteiligten zu 1 auferlegt, die auch die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 2 im zweiten Rechtszug zu erstatten hat; im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Gründe
I. Die Beteiligten sind aufgrund gesetzlicher Erbfolge in ungeteilter Erbengemeinschaft nach dem am 14.2.2008 verstorbenen J. H. verbunden, dem Ehemann der Beteiligten zu 2, geb. am ... Juni 1949, und Vater der Beteiligten zu 1, geb. am ... August 1970, einer ausgebildeten Landwirtin, und der S. G., geb. am ... August 1971 (Erbschein Anlage A 13 GA). Zum Nachlass gehört ein landwirtschaftlicher Betrieb, der seit dem Erbfall im Wesentlichen von der Beteiligten zu 2 bewirtschaftet wird. Die Miterbin G. hat ihren Anteil an der Erbschaft auf die Beteiligte zu 1 übertragen (Anlagen A 33 f.). Infolge dessen steht der Nachlass beiden Beteiligten nunmehr gleichanteilig zu.
Die Beteiligten haben wechselseitig beantragt, ihnen den landwirtschaftlichen Betrieb, dessen Gegenstände außer Streit stehen, gerichtlich zuzuweisen. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der landwirtschaftliche Betrieb über eine zur Bewirtschaftung geeignete Hofstelle verfügt und seine Erträge im Wesentlichen zum Unterhalt einer bäuerlichen Familie ausreichen.
Zur Ermittlung des Willens des Erblassers, welchem Miterben der Betrieb zugedacht war, hat das Landwirtschaftsgericht - unter Mitwirkung nicht der erkennenden Landwirtschaftsrichter - Zeugenbeweis erhoben (Dr. L., Gr..., Ho... und W. H., Sitzungsniederschriften vom 18.1. und 15.2.2013, 290 ff. GA und 432 ff. GA) und die Miterbin G. persönlich angehört (ebd.). Es hat sodann gestützt insbesondere auf die Bekundungen der Zeugin Dr. L. sowie ein vom 10.12.2008 datierendes formunwirksames sog. Nottestament dafür gehalten, dass der Betrieb nach dem wirklichen Willen des Erblassers seiner Ehefrau zugedacht war.
In dem von der Zeugin Dr. L. handschriftlich geschriebenen Nottestament ist beurkundet (Anlage A 14):
"P., den 10.12.2008
Testament
Hiermit bestimme ich, J. H., G., für den Pflegefall und im Falle meines Todes, dass meine Eltern im Hause... Str. 63 wohnen bleiben solange sie möchten auf Lebenszeit. Für den Fall meines Todes bestimme ich: Die Landwirtschaft, alle beweglichen Sachen (Jagdsachen, Kühe, Traktoren, Möbel usw.) und die Landtechnik erbt meine Ehefrau U. H. Das Haus einschließlich Grundstück erben zu gleichen Teilen meine Töchter D. H. und S. H. Das Grundstück in L. erben meine Töchter ebenfalls zu gleichen Teilen."
Die Urkunde schließt mit den Unterschriften des Erblassers, der Zeugin Dr. L. und einer Krankenschwester, der Zeugin S. B.
Der Behauptung der Beteiligten zu 1, der Erblasser sei zu diesem Zeitpunkt aufgrund der medikamentösen Behandlung seiner fortgeschrittenen Krebserkrankung nicht mehr geschäftsfähig gewesen, ist das Landwirtschaftsgericht mit der Begründung nicht nachgegangen, dass sich dafür keine hinreichenden Anhaltspunkte insbesondere aus der Patientenakte ergeben hätten und darüber hinaus aufgrund des Zeugnisses Dr. L. zur Überzeugung des Gerichts feststehe, dass der Erblasser auch in dem Zeitraum vor Errichtung des Nottestaments wiederholt seinen Willen kundgetan habe, den landwirtschaftlichen Betrieb seiner Ehefrau zu übertragen.
Die an die Beteiligte zu 1 von der Beteiligten zu 2 zahlende Abfindung hat das Landwirtschaftsgericht auf 86.000 EUR bestimmt, nachdem es den Ertragswert des landwirtschaftlichen Betriebes bei Erbfall sachverständig beraten mit 172.000 EUR ermittelt hat (Beweisbeschluss vom 28.6./9.8.2013, 575/583 GA; Gutachten vom 2.11.2013, 663 ff. GA; Ergänzungen vom 11.12.2013/763 ff. GA, vom 18.1.2014/795...