Entscheidungsstichwort (Thema)
Konkludente Bestellung eines Verfahrensbeistandes
Leitsatz (amtlich)
Für die Bestellung eines Verfahrensbeistandes reicht es aus, dass das Gericht dem Verfahrensbeistand deutlich zu erkennen gibt, dass es seine Leistungen in Anspruch nehmen möchte, und der Vergütungsanspruch entsteht sodann, wenn der Verfahrensbeistand beginnt, diese Leistung zu erbringen.
Die Kostenfreiheit nach § 158 VIII FamFG gilt nur in der Hauptsache, in der der Verfahrensbeistand die Interessen der Kinder vertritt, nicht im Festsetzungsverfahren, in dem er ausschließlich sein eigenes Vergütungsinteresse verfolgt.
Normenkette
FamFG § 158
Verfahrensgang
AG Neuruppin (Aktenzeichen 54 F 41/18) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Verfahrensbeistandes wird der Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 6. Juli 2018 abgeändert:
Die Vergütung des Verfahrensbeistandes wird für den Verfahrensgegenstand des Umgangs mit den Kindern auf 700 Euro festgesetzt.
Im übrigen werden der Festsetzungsantrag abgelehnt und die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren, die der Verfahrensbeistand zu tragen hat, wird auf die Hälfte ermäßigt.
Gründe
Die Beschwerde ist teilweise begründet.
Dem Verfahrensbeistand steht für den Verfahrensgegenstand des Umgangs mit den Kindern die einfache Pauschale nach § 158 VII 2 FamFG zu, nicht aber die erhöhte Vergütung nach § 158 VII 3 FamFG.
Der Verfahrensbeistand ist auch für den Verfahrensgegenstand des Umgangs mit den Kindern bestellt worden.
Für die Bestellung reicht es aus, dass das Gericht dem Verfahrensbeistand deutlich zu erkennen gibt, dass es seine Leistungen in Anspruch nehmen möchte, und der Vergütungsanspruch entsteht sodann, wenn der Verfahrensbeistand beginnt, diese Leistung zu erbringen. Eine solche Bestellung durch schlüssiges Verhalten des Gerichts entspricht nicht der Regelung des Gesetzes über die Bestellung. Bei einer konkludenten Bestellung können in der Regel nicht Art und Umfang der Beauftragung konkret festgelegt und die Beauftragung kann nicht begründet werden, wie § 158 IV 4 FamFG es vorschreibt. Die vom Gesetz gebotene Art der Bestellung wird durch Beschluss oder schriftliche oder protokollierte Verfügung zu bewirken sein.
Von der Einhaltung der vom Gesetz vorgesehenen Form kann aber weder die Wirksamkeit der Bestellung noch das Entstehen des Vergütungsanspruches abhängen (grundsätzlich gleicher Auffassung, wenn auch auf nicht näher beschriebene Ausnahmefälle beschränkt: OLG München, FamRZ 2017, 466). Die vorgeschriebene Form dient der Eindeutigkeit der Bestellung und der Vorhersehbarkeit der vom Verfahrensbeistand zu entfaltenden Tätigkeit für die Beteiligten. Sie werden auf diese Weise auf den Umfang und die Intensität der Ermittlungen und der Einwirkungsversuche des Verfahrensbeistandes vorbereitet.
Die bei der Bestellung einzuhaltende Form hat aber keinen Schutzzweckzusammenhang zur Wirksamkeit der Bestellung. Die Bestellung des Verfahrensbeistandes dient dazu, das Kind über den Gegenstand und den Ablauf des Verfahrens zu informieren und die Interessen des Kindes festzustellen und im Verfahren zur Geltung zu bringen (§ 158 IV 1, 2, 5 FamFG). Diesen Zweck einer professionellen Interessenwahrnehmung, die von den Wünschen und Zielen sowohl der anderen Beteiligten als auch des Kindes selbst unabhängig ausgeübt wird, kann auch ein formell mangelhaft bestellter Verfahrensbeistand erfüllen, sobald er auf Anfordern des Gerichts seine Aufgabe wahrnimmt.
Für diese Tätigkeit verdient der Verfahrensbeistand die Vergütung. Ein selbstloser Einsatz ist nicht vorgesehen. Vielmehr wird entweder der Aufwand ersetzt oder dem berufsmäßig tätigen Verfahrensbeistand ein Entgelt zugesprochen, damit diese - wie jede - Berufstätigkeit zu wirtschaftlichem Gewinn und zur Sicherung der Lebensgrundlage des Verfahrensbeistandes beitragen kann (§ 158 VII FamFG). Die Vergütung vergilt die ausgeübte Tätigkeit. Es darf nicht in der Hand der Gerichte oder der Staatskasse liegen, durch den Verweis auf bestimmte Förmlichkeiten den Vergütungsanspruch nach ausgeübter Verfahrensbeistandschaft zu bestreiten. Ebenso gehört es nicht zu den Aufgaben des Verfahrensbeistandes, die Förmlichkeiten seiner Bestellung zu überprüfen, zumal ihm ein Rechtsmittel nicht zugestanden ist, mit dem er auf deren Einhaltung bestehen könnte (§ 158 III 4 FamFG).
Die Beschwerdeführerin ist danach wirksam zum Verfahrensbeistand auch für den Verfahrensgegenstand des Umgangs mit den Kindern bestellt worden, indem das Amtsgericht nach ihrer Zustimmung zu der getroffenen Umgangsvereinbarung gefragt hat (Protokoll vom 17. Mai 2018, S. 3 = Bl. 55). Das Amtsgericht hat damit die Beschwerdeführerin mit der Aufgabe und der Verantwortung betraut, die Umgangsvereinbarung zu prüfen, und es hat deren Wirksamkeit von dem erklärten Einvernehmen der Beschwerdeführerin als Beteiligte (§ 158 III 2 FamFG) abhängen lassen (§ 156 II 1 FamFG). Diese Aufgabe hat die Beschwerdeführerin wahrgenommen und damit den Vergütungsanspruch erworben.
D...