Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerde des Sachverständigen

 

Verfahrensgang

LG Neuruppin (Beschluss vom 27.05.1995; Aktenzeichen 3 OH 13/94)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Sachverständigen vom 27.05.1995 wird der Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin vom 18. Mai 1995 abgeändert.

Die Entschädigung des Sachverständigen wird auf 936,41 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Sachverständige wurde mit Beschluß des Landgerichts Neuruppin vom 19. Dezember 1994 beauftragt, die vom Antragsteller behaupteten Baumängel – Knarren der Fußböden, ungenügende Schallisolierung und Trittschalldämmung in den von der Antragsgegnerin um- und ausgebauten Fremdenzimmern in der Pension des Antragstellers – zu untersuchen, das heißt etwaige Mängel, deren Ursache und den erforderlichen Mängelbeseitigungsaufwand festzustellen.

Der Sachverständige führte am 09. Februar 1995 einen Ortstermin durch und legte sodann sein schriftliches Gutachten vom 24. März 1995 vor: Darin hielt er fest, daß der Fußboden beim Begehen knarrte und beim Betätigen der Wasserarmaturen im Nebenzimmer Geräusche hörbar waren. Angesichts der vom Geschäftsführer der Antragsgegnerin gemachten Angaben zum Aufbau der Decken und der Ständerwände führte der Sachverständige aus, daß es verschiedene (von ihm im einzelnen beschriebene) mögliche Ursachen für die Geräuschentwicklung gebe, die aber nur ermittelt werden könnten, wenn die Konstruktionen geöffnet werden. Der Nachweis für die Einhaltung der Normen hinsichtlich der Armaturen und Geräte der Wasserinstallation müsse durch den Baubetrieb erbracht werden. Somit könne keine abschließende Beurteilung erfolgen; für das Öffnen der Konstruktionen sei ein geschätzter Aufwand von 7.000 bis 9.000,– DM erforderlich.

Der Sachverständige reichte mit dem Gutachten auch eine Gebührenrechnung über 936,41 DM ein.

Der Antragsteller hat bislang einen Vorschuß von 1.000,– DM gezahlt, was dem Sachverständigen bei Auftragserteilung mitgeteilt worden war.

Mit Schreiben vom 29. März 1995 teilte das Landgericht dem Sachverständigen mit, daß sein Gutachten nicht den Mindestvoraussetzungen entspreche, weil die Beweisfragen fast durchweg nicht beantwortet worden seien. Deren Beantwortung „dürfte” – so heißt es in dem Schreiben weiter – unter anderem das stichprobenartige Öffnen von Böden und Wänden zur Überprüfung des Aufbaus und Feststellung von Ursachen erkannter Mängel voraussetzen, wobei das Gericht davon ausgehe, daß der erhobene Auslagenvorschuß von 1.000,– DM ausreichen werde. Für die „Fertigstellung des Gutachtens” wurde eine Nachfrist bis zum 15. Mai 1995 gesetzt.

Der Sachverständige erhielt jenes Schreiben am 21. April 1995 und teilte in seinem Antwortbrief vom 28. April 1995 mit, daß er den vorgegebenen Termin zum 15. Mai 1995 nicht einhalten könne. Die erforderlichen Konstruktionsöffnungen könne er persönlich nicht vornehmen, weshalb gerichtlich verfügt werden müsse, daß entweder die Antragsgegnerin oder ein anderes Unternehmen die Arbeiten vornehmen solle, wobei verschiedene Gewerke tätig werden müßten, um die Öffnungen dann auch wieder richtig zu schließen. Ein „großer Aufwand” sei notwendig.

Daraufhin entschied das Landgericht mit Beschluß vom 18. Mai 1995, daß dem Sachverständigen H. der Auftrag entzogen werde und ihm eine Entschädigung für seine Tätigkeit nicht zu gewähren sei. Zur Begründung führte das Landgericht im wesentlichen aus, daß der Sachverständige den ihm erteilten Auftrag auch innerhalb der gesetzten Nachfrist aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht erfüllt habe, so daß er auch keine Entschädigung beanspruchen könne.

Der Sachverständige hat Beschwerde eingelegt. Er hält die ihm gemachten Vorwürfe für nicht gerechtfertigt.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Bei der Entscheidung, daß dem Sachverständigen eine Entschädigung nicht zu gewähren sei, handelt es sich um eine richterliche Festsetzung i.S.d. § 16 Abs. 1 ZSEG, die vom Sachverständigen gem. § 16 Abs. 2 ZSEG mit der – unbefristeten – Beschwerde angefochten werden kann.

Der Senat versteht die Beschwerde des Sachverständigen dahin, daß dieser sich nur gegen die Aberkennung der Entschädigung zur Wehr setzen will und in diesem Zusammenhang die Gründe zur Überprüfung des Senats stellt, die das Landgericht bewogen haben, dem Sachverständigen außerdem den Auftrag zu entziehen. Zwar ist nicht zu verkennen, daß das Landgericht – wie bereits an dieser Stelle hervorgehoben zu werden verdient – eine unhaltbare Entscheidung getroffen hat, die den Sachverständigen zudem ohne nachvollziehbaren Grund in seiner beruflichen Ehre verletzt. Die Entziehung des Auftrags ist – jedenfalls mit der ihr beigegebenen Begründung und nach der Art ihres Zustandekommens – sachlich nicht gerechtfertigt. Dennoch wäre es bedenklich, wollte man dem Sachverständigen gegen diese Entscheidung ein Beschwerderecht zuerkennen. Beweisanordnungen (§ 360 ZPO) – dazu zählen auch Anordnungen gem. §§ 404 Abs. 1 S. 2, 412 ZPO – sind grundsätzlich unanfechtbar. Das gilt zunächst für die P...

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