Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung von Art. 1 § 1 RBerG

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 1 § 1 RBerG ist grundsätzlich dazu bestimmt, das Verhalten auf dem Markt der Rechtsbesorgung im Interesse der Marktteilnehmer zu regeln. Die marktregelnde Funktion der Vorschrift beschränkt sich aber auf den Kernbereich, in dem die Rechtsanwälte und sonstigen Erlaubnisinhaber nach ihrer Ausbildung und ihrem Berufsbild die Gewähr für optimale Rechtsbesorgung bieten. Wird von Dritten Rechtsbesorgung angeboten und geleistet, die nicht in diesen geschützten Kernbereich fällt, stellt dies kein unlauteres Verhalten i.S.d. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG dar.

 

Normenkette

UWG §§ 3-4, 8; RBerG Art. 1 § 1

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Beschluss vom 11.03.2005; Aktenzeichen 2 O 91/05)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers gegen den Beschluss der 2. Kammer des LG Potsdam vom 11.3.2005 (2 O 91/05) wird zurückgewiesen.

Verfügungskläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 15.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Verfügungsbeklagte wurde im Jahre 1997 vom Verein S. e.V. mit dem Ziel gegründet, die Verwaltung von Arbeits- und Qualifizierungsprojekten des Vereins N.S.B. e.V. zu übernehmen. Hierzu wurde das gesamte Verwaltungspersonal des Vereins in die Verfügungsbeklagte ausgegliedert. Im Vollzug einer weiteren Strukturänderung gründete der Verein N.S.B. e.V. zwei gemeinnützige GmbHs, nämlich die M. gGmbH und die N. S. gGmbH. Zum Vorstand der Verfügungsbeklagten bestellte der Verein S. e.V. Potsdam als alleiniger Aktionär der Verfügungsbeklagten Herrn N.B.

Die Verfügungsklägerin, vertreten durch Herrn B., schloss in der Folgezeit mit dem Verein S. e.V., dessen Tochtergesellschaft E. GmbH, dem Verein N.S.B. e.V. und der M. gGmbH Geschäftsbesorgungsverträge. In dem vom Verfügungskläger vorgelegten Vertrag mit der M. gGmbH vom 17.2.2002, dessen Regelungen nach der Behauptung des Verfügungsklägers sinngemäß auch in den übrigen Geschäftsbesorgungsverträgen vereinbart worden sein sollen, verpflichtete sich die Verfügungsklägerin zur Übernahme verschiedener Geschäftsführungs- und Verwaltungsaufgaben durch von ihr zu stellendes geeignetes Personal, insb. zur Wahrnehmung von Organfunktionen des Geschäftsführers, zur Forderungspflege und Bearbeitung laufender Verträge sowie zur Wahrnehmung von Beteiligungsrechten.

Der Verfügungskläger, der als Rechtsanwalt in P. tätig ist, hat die Auffassung vertreten, die Verfügungsklägerin verstoße mit der Übernahme dieser Aufgaben gegen das Rechtsberatungsgesetz (RBerG). Die ihr nach den Vorschriften dieses Gesetzes erteilte Inkassoerlaubnis decke die Tätigkeiten nicht. Durch ihren Verstoß verschaffe sie sich einen Vorteil vor gesetzestreuen Wettbewerbern. Sie sei deshalb gem. §§ 3, 4 Nr. 11 Abs. 1, 8 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1 UWG verpflichtet, es zu unterlassen, derartige Leistungen anzubieten und auszuführen. Er hat beantragt, im Wege der einstweiligen Verfügung der Verfügungsbeklagten diese Unterlassung aufzugeben.

Die Verfügungsbeklagte hat Zurückweisung des Verfügungsantrages begehrt. Sie hat die Auffassung vertreten, es fehle an einem Verfügungsgrund; Dringlichkeit sei nicht gegeben, weil dem Verfügungskläger die entsprechenden Aktivitäten der Verfügungsbeklagten bereits seit langem bekannt seien. Zudem verstießen die Tätigkeiten, deren Unterlassung der Verfügungskläger erstrebe, samt und sonders nicht gegen das RBerG.

Das LG hat den Verfügungsantrag im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, ein Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass der erstrebten einstweiligen Verfügung bestehe nicht, weil der Verfügungskläger bereits im August 2004 erfahren habe, dass die Verfügungsbeklagte die von ihm beanstandeten Tätigkeiten ausführe.

Gegen den Zurückweisungsbeschluss wendet sich der Verfügungskläger mit seiner sofortigen Beschwerde. Zu ihrer Begründung macht er geltend, die Dringlichkeit und damit der Verfügungsgrund werde gem. § 12 Abs. 2 UWG vermutet; diese Vermutung sei nicht widerlegt. Zudem habe er erst am 1.3.2005 davon Kenntnis erlangt, dass die Verfügungsbeklagte auch im Internet die beanstandeten Tätigkeiten anbiete.

Der Verfügungsbeklagte beantragt, unter Abänderung des Beschlusses der 2. Zivilkammer des LG Potsdam vom 11.3.2005 der Verfügungsklägerin durch einstweilige Verfügung aufzugeben, es bei Vermeidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, rechtsberatende Leistungen wie Wahrnahme von Organfunktionen, Bearbeitung laufender Verträge und Wahrnehmung von Beteiligungsrechten anzubieten oder auszuführen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in beiden Instanzen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II. 1. Die zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

Im Ergebnis zu Recht hat das LG den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung abgelehnt.

Dahinstehen mag, ob es - wie das LG gemeint hat - bereits an dem gem. §§ 935, 940 ZPO erforderlichen ...

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