Leitsatz (amtlich)
1. Das teilweise Schwärzen von Kontoauszüge ist im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung der Prozesskostenhilfe grundsätzlich nicht zulässig.
2. Eine Ehegatte hat ggü. dem anderen bei Eingehung der Ehe eine besondere Aufklärungspflicht über sein sexuelles Vorleben nur dann, wenn außergewöhnliche Umstände dies rechtfertigen.
3. Zur Beurteilung der kurzzeitigen Ausübung der Prostitution als aufklärungsbedürftiger Umstand.
Verfahrensgang
AG Cottbus (Beschluss vom 03.02.2006; Aktenzeichen 51 F 372/05) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt die Aufhebung der mit der Antragsgegnerin geschlossenen Ehe.
Der Antragsteller und die aus der Ukraine stammende Antragsgegnerin lernten sich im Jahr 1998 über den Schwager des Antragstellers, dessen Ehefrau die Schwester der Antragsgegnerin ist, kennen. Im Sommer 2003 nahmen sie eine Beziehung auf, die Hochzeit erfolgte unter dem 24.11.2004 in I., Ukraine. Am 13.8.2005 ist der Antragsteller aus der gemeinsamen Ehewohnung ausgezogen. Seither leben die Ehegatten voneinander getrennt.
Die Antragsgegnerin ist im Jahr 1997 zumindest für zwei Wochen der Prostitution nachgegangen.
Der Antragsteller behauptet, die Antragsgegnerin habe ihn vor Eheschließung nicht über ihre Prostituiertentätigkeit, der sie über mehrere Jahre nachgegangen sei, aufgeklärt. Er ist der Ansicht, die Antragsgegnerin habe insoweit eine Obliegenheit zur Offenlegung getroffen. Hieraus folge das Vorliegen des Aufhebungsgrundes für die Ehe gem. § 1314 Abs. 2 Nr. 3 BGB, da der Antragsteller seiner Behauptung nach bei Kenntnis dieses Umstandes nicht die Ehe geschlossen hätte.
Der Antragsteller beantragt, die geschlossene Ehe der Parteien aufzuheben.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag auf Aufhebung der Ehe abzuweisen.
Sie behauptet, bereits im September 2004 anlässlich eines gemeinsamen Gespräches der Parteien, bei dem auch der Schwager des Antragstellers zugegen gewesen sei, ihm mitgeteilt zu haben, dass sie in 1997 für zwei Wochen der Prostitution nachgegangen sei. Der Antragsteller habe daraufhin erklärt, er sehe darin kein Problem.
Mit Beschl. v. 3.2.2006 hat das AG Cottbus den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Eheaufhebungsverfahren unter Hinweis auf mangelnde Erfolgsaussichten für den Eheaufhebungsantrag sowie auf Bedenken an der Bedürftigkeit des Antragstellers zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, der das AG mit Beschl. v. 13.4.2006 nicht abgeholfen hat.
II. Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller seine Bedürftigkeit bislang nicht ausreichend nachgewiesen hat. Die von ihm auf Aufforderung des Gerichts eingereichten Kontoauszüge (Bl. 21 f. PKH-Heft Antragsteller) sind umfangreich geschwärzt. Dies ist im Rahmen des Verfahrens auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine im Grundsatz unzulässige Vorgehensweise (vgl. im Einzelnen OLG Brandenburg v. 15.12.2003 - 9 UF 209/03, OLGReport Brandenburg 2004, 248).
2. Die Frage der Bedürftigkeit kann aber letztendlich dahinstehen, da auch in der Sache selbst nach derzeitigem Stand keine Aussicht auf Erfolg für die Eheaufhebungsklage besteht. Der Antragsteller hat einen Sachverhalt gem. § 1314 Abs. 2 Nr. 3 BGB, dem einzigen hier in Betracht kommenden Aufhebungsgrund, nicht ausreichend substantiiert dargetan.
a) Gemäß § 1314 Abs. 2 Nr. 3 BGB kann eine Ehe aufgehoben werden, wenn ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe durch arglistige Täuschung über solche Umstände bestimmt worden ist, die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten hätten. Die von dem anderen Ehegatten ausgehende arglistige Täuschungshandlung setzt daher zwar grundsätzlich ein aktives Tun voraus. Schweigen, das heißt das Unterlassen der Mitteilung relevanter Umstände i.S.d. § 1314 Abs. 2 Nr. 3 BGB, genügt grundsätzlich nicht (Palandt/Brudermüller, BGB, 65. Aufl. 2006, § 1314 Rz. 11). Etwas anderes kann aber ausnahmsweise dann gelten, wenn den anderen Ehegatten eine besondere Offenbarungspflicht trifft. Eine solche kann insb. aus einer (konkreten) Nachfrage des einen Ehegatten resultieren, aber auch aus den sonstigen Lebensverhältnissen der Ehegatten, insb. bei erkennbarer Bedeutung des Umstandes für den Ehegatten und dessen Heiratsentschluss, erfolgen.
Das sexuelle Vorleben eines Ehegatten ist höchstpersönlicher Natur. Eine besondere Aufklärungspflicht scheidet daher im Regelfall aus, zumal voreheliche sexuelle Erfahrungen grundsätzlich keinen kausalen Grund für eine Aufhebung der Ehe gem. § 1314 Abs. 2 Nr. 3 BGB darstellen können (Johannsen/Henrich, Familienrecht, 4. Aufl., § 1314 Rz. 51; Staudinger/Klippel, BGB, 13. Aufl., § 1314 Rz. 40). Treten allerdings außergewöhnliche Umstände hinzu, können diese dazu führen, dass einen Ehegatten auch hinsichtlich seines ...