Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausbildungsunterhalt auch bei Aufgabe eines Studiums und Wechsel einer danach aufgenommenen Lehre

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Abbruch des nicht den Neigungen und Fähigkeiten des Unterhaltsberechtigten entsprechenden Studiums und ein Wechsel von der Berufsausbildung zum Krankenpfleger zu einer solchen im Ausbildungsberuf „Mediengestalter Bild und Ton” kann unterhaltsrechtlich hinzunehmen sein.

2. Im Rahmen eines bestehenden gesetzlichen Unterhaltsanspruchs muss sich der Unterhaltsberechtigte nicht darauf verweisen lassen, dass er einen restlichen Unterhaltsbedarf gegebenenfalls durch ein Darlehen decken könnte.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 1601, 1610 Abs. 2-3, § 1611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Bernau (Beschluss vom 13.01.2010)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des AG Bernau vom 13.1.2010 abgeändert. Dem Kläger wird ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... als Abwickler der Kanzlei F. in C. bewilligt, soweit er ab November 2008 einen monatlichen Unterhalt i.H.v. 103 EUR begehrt.

 

Gründe

Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Klägers, mit der er sich gegen die Ablehnung seines Antrags auf Prozesskostenhilfe (PKH) für seine auf Ausbildungsunterhalt gerichtete Klage wendet, hat in der Sache Erfolg.

1. Für das summarische PKH-Verfahren ist davon auszugehen, dass der Abbruch des nicht den Neigungen und Fähigkeiten des Klägers entsprechenden Studiums (Philosophie, Anglistik und Germanistik) und sein Wechsel von der Berufsausbildung zum Krankenpfleger zu einer solchen im Ausbildungsberuf "Mediengestalter Bild und Ton" unterhaltsrechtlich hinzunehmen ist. Davon geht letztlich auch das AG aus, wie sich aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses ergibt. Insoweit handelt es sich lediglich um ein leichteres Versagen des Klägers, was einem jungen Menschen im Alter des Klägers grundsätzlich zuzugestehen ist.

Entgegen den schriftsätzlichen Ausführungen des Beklagten geht es vorliegend auch nicht um die Frage einer Weiter- oder Zweitausbildung, sondern um die erste Ausbildung des Klägers, nachdem er sein Studium abgebrochen und den Ausbildungsberuf gewechselt hat. Ein solcher Wechsel erscheint hier bei der gebotenen summarischen Beurteilung unbedenklich. Denn er beruht nach dem Vorbringen des Klägers einerseits auf sachlichen Gründen und ist andererseits unter Berücksichtigung der Gesamtumstände auch aus der Sicht des anteilig barunterhaltspflichtigen Beklagten wirtschaftlich zumutbar. Soweit der Beklagte auf den Praxisbeurteilungsbogen der Krankenpflegeausbildung des Klägers verweist, die den Hinweis enthält: "Wir wünschen P ... für die Zukunft mehr Selbstvertrauen zu erlangen und seine zerstreute, unsichere Art abzulegen", lässt sich daraus nur herleiten, dass seinerzeit Umstände vorlagen, die zu Verunsicherungen und mangelndem Selbstvertrauen des Klägers geführt haben. Daraus lässt sich dem Kläger nach Lage der Akten weder ein persönlicher Vorwurf machen, noch stellt dies einen sachlichen Grund dar, der gegen den Ausbildungswechsel spricht. Das Gegenteil ist der Fall.

2. Der Beklagte kann die geschuldeten Unterhaltszahlungen nicht von der Vorlage von weiteren Ausbildungsunterlagen abhängig machen.

Anders als im Rahmen eines Studiums, wo es Zeugnisse über die erfolgreiche Teilnahme an Übungen, Seminaren, Zwischenprüfungen etc. gibt, werden im Rahmen der Berufsausbildung regelmäßig keine Zwischenbeurteilungen oder Zwischenzeugnisse des Ausbildungsbetriebes erteilt. Der vom Beklagten geforderte Ausbildungsplan ergibt sich hier aus dem bereits vorgelegten Berufsausbildungsvertrag vom 1.9.2008. Danach hat die Berufsausbildung des Klägers am 1.9.2008 begonnen und wird voraussichtlich bis zum 31.8.2011 dauern. Der Kläger hat wiederholt vorgetragen, dass er das erste Lehrjahr erfolgreich durchlaufen habe und sich nunmehr im zweiten Lehrjahr befinde. Zuletzt wurde dies mit Schriftsatz vom 12.1.2010 vorgetragen. Anhaltspunkte dafür, dass diese Behauptung falsch sein könnte und der Kläger tatsächlich keiner Berufsausbildung mehr nachgeht, bestehen nicht, zumal der Kläger Belege über die an ihn fortlaufend gezahlte Ausbildungsvergütung in der in dem Berufsausbildungsvertrag vereinbarten Höhe zum PKH-Heft gereicht hat. Deshalb ist jedenfalls für das summarische PKH-Verfahren von einem Fortbestehen des Berufsausbildungsverhältnisses des Klägers auszugehen. Ferner bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass er seine am 1.9.2008 begonnene Ausbildung nicht ordnungsgemäß betreibt.

3. Der geltend gemachte Unterhaltsanspruch von monatlich 103 EUR ab November 2008 ist der Höhe nach nicht zu beanstanden.

Der Unterhaltsbedarf des in der Berufsausbildung stehenden Klägers bemisst sich nach den zusammengerechneten Einkünften seiner beiden barunterhaltspflichtigen Eltern. Diese belaufen sich nach den eigenen Angaben des Beklagten in dem vorprozessualen Schreiben vom 14.11.2008 auf rund (2.053 EUR (Kindesvater) + 1.643 EUR (Kindesmutter) =) 3.696 ...

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