Tenor

Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass das Berufungsgericht beabsichtigt, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ihre Berufung als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

Die Klägerin erhält Gelegenheit, binnen drei Wochen ab Zustellung zu diesem Hinweis schriftlich Stellung zu nehmen, gegebenenfalls die Berufung zurückzunehmen.

 

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg; sie ist offensichtlich unbegründet. Der Sache kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Fortbildung des Rechtes oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert ebenfalls nicht eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten (§ 522 Abs. 2 ZPO).

Jedenfalls im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung nach Rückabwicklung des fondsgebundenen Rentenversicherungsvertrages der Parteien aus § 812 Abs. 1 BGB zu. Die Berufungsangriffe haben keinen Erfolg.

Die Versicherungsprämien für den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag sind mit Rechtsgrund geleistet worden. Dem steht nicht der von der Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 6.2.2020 erklärte Widerspruch/Rücktritt entgegen. Der Klägerin ist jedenfalls die Berufung auf ein eventuelles Widerrufsrecht wegen widersprüchlichen Verhaltens nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt.

Der BGH geht in mittlerweile gefestigter Rechtsprechung, der sich der Senat angeschlossen hat, davon aus, dass dieser aus § 242 BGB folgende Grundsatz ausnahmsweise auch für nicht ordnungsgemäß über ihr Widerspruchs- oder Widerrufsrecht belehrte Versicherungsnehmer gilt. Voraussetzung hierfür ist, dass tatrichterlich gravierende Umstände, für die sich keine allgemeingültigen Maßstäbe finden lassen, festgestellt werden. Diese gravierenden Umstände müssen aus Sicht des Versicherers den Schluss rechtfertigen, der jeweilige Versicherungsnehmer hätte selbst bei Kenntnis seines einseitigen Lösungsrechts davon keinen Gebrauch gemacht und an dem Versicherungsvertrag festgehalten (BGH, Beschluss vom 11.11.2015, IV ZR 117/15, Rn. 16 ff.; Beschluss vom 27.1.2016, IV ZR 130/15, Rn. 16). In solchen Konstellationen knüpft die Treuwidrigkeit nicht an die jahrelange Prämienzahlung nach ordnungsgemäßer Belehrung an, sondern daran, dass der Versicherungsnehmer durch sein Verhalten den Eindruck erweckt hat, das Geschäft unbedingt durchführen zu wollen (BGH, Beschluss vom 11.11.2015, IV ZR 117/15, Rn. 19; Beschluss vom 13.1.2016, IV ZR 117/15, Rn. 5).

Der Klägerin ist es nach Treu und Glauben infolge widersprüchlichen Verhaltens gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit des Versicherungsvertrages zu berufen und deshalb dessen Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht zu fordern. Die Klägerin verhielt sich im Streitfall hinsichtlich des Versicherungsvertrages objektiv widersprüchlich; unredliche Absichten oder ein Verschulden auf ihrer Seite setzt der Erfolg des Einwands missbräuchlicher Rechtsausübung nicht voraus (BGH, Urteil vom 16.7.2014, IV ZR 73/13, Rn. 37; Senat, Urteil vom 25.3.2020, 11 U 2/19, n.v.).

Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf das Urteil des BGH vom 18.7.2018, IV ZR 68/17 darauf, dass sie u.a. deshalb nicht ordentlich gemäß § 8 Abs. 5 VVG a.F. belehrt worden sei, weil ihr mangels Angabe der Antragsbindungsfrist gemäß § 147 Abs. 2 BGB eine unvollständige Verbraucherinformation erteilt worden wäre. Die Klägerin hat nämlich durch ihr Verhalten - und zwar auch im Hinblick auf die unterlassene Angabe der Antragsbindungsfrist nach § 147 Abs. 2 BGB und unabhängig von dieser - zum Ausdruck gebracht, dass sie den Vertrag unbedingt wollte und an ihm festhalten wollte.

Der Versicherungsvertrag war laut Antrag auf die Dauer von 19 Jahren angelegt, so dass er planmäßig im September 2022 geendet hätte, kurz vor Vollendung des 65. Lebensjahres der Klägerin. Die Klägerin beantragte jedoch bereits in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Vertragsabschluss eine Laufzeitverlängerung bis zum 100. Lebensjahr, d.h. also um 35 Jahre.

Damit in Übereinstimmung und dies faktisch bestätigend führte die Klägerin den Vertrag nicht nur ca. 16,5 Jahre durch. Die Klägerin hat auch durch ihr Verhalten während der Vertragslaufzeit deutlich gemacht, den Vertrag unbedingt durchführen zu wollen. Sie betrieb ein aktives Vertragsmanagement, indem sie 2008 einen Antrag auf Beitragsfreistellung stellte. 2019 bat sie die Beklagte um Überlassung wesentlicher Vertragsunterlagen. Die Mitteilung zu den Rentenfaktoren und die jährlichen Fondsmitteilungen nahm sie zudem unwidersprochen hin, ebenso wie sie die jeweils 3 bis 4 aktuarielle Fondschließungen unwidersprochen entgegennahm.

Unter diesen gravierenden Umständen durfte die Beklagte berechtigt darauf vertrauen, dass die Klägerin von ihren - unterstellt - noch bestehenden Vertragslösungsrechten keinen Gebrauch machen und am Vertrag festhalten werde.

Hinzu kommt, dass die Klägerin - abgesehen von der fehle...

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