Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von Mehrkosten bei Anwaltswechsel im Prozesskostenhilfeverfahren
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Anwaltswechsel, hinsichtlich dessen eine Umbestellung beansprucht wird, muss grundsätzlich nachvollziehbar begründet werden.
2. Die Vergütungsansprüche des neu beigeordneten Rechtsanwalts ergeben sich aus seiner eigenen Tätigkeit im Rechtsstreit und den durch diese Tätigkeit erfüllten Gebührentatbeständen des RVG und können deshalb nicht um diejenigen Gebühren gekürzt werden, die dem zuerst beigeordneten Anwalt zustehen.
Verfahrensgang
AG Senftenberg (Entscheidung vom 30.06.2008; Aktenzeichen 32 F 32/08) |
Gründe
Gegen den Beschluss des Amtsgerichts Senftenberg, durch den die Beiordnung des Rechtsanwalts W. im Weg der Prozesskostenhilfe insoweit beschränkt worden ist, als noch keine Gebühren durch die früher beigeordnete Rechtsanwältin T.-L. verbraucht worden sind, hat Rechtsanwalt W. im eigenen Namen Beschwerde eingelegt, wie sich aus der Auslegung des Schriftsatzes vom 04.07.2008 mit ergibt. Die Formulierung ist zwar nicht eindeutig, durch eine erfolgte Einschränkung der Beordnung gegen den Willen des Rechtsanwalts ist dieser jedoch materiell beschwert. Ihm steht deshalb ein Beschwerderecht zu. Der weitere Schriftsatz vom 12.08.2208 enthält die eindeutige Bezugnahme auf eine Beschwerde im eigenen Namen, wenn auch bezogen auf den Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts vom 01.08.2008, der nicht gesondert angegriffen werden kann. Es handelt sich vielmehr um eine Beschwerde gegen den Beschluss vom 30.06.2008, zu dessen Inhalt auch die Begründung des Nichtabhilfebeschlusses gehört.
Die Beschwerde ist analog §§ 56 Abs. 2, 33 RVG zulässig (Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 127 Rz. 19; Senat, FamRZ 2000, 1385; OLG Nürnberg, FamRZ 2002, 106).
Das Rechtsmittel ist auch begründet. Gemäß § 121 ZPO hat die Partei grundsätzlich Anspruch auf Übernahme der Kosten für einen Rechtsanwalt. Da durch einen Anwaltswechsel Mehrkosten entstehen können, ist zu prüfen, ob auf Kosten der Allgemeinheit der Partei zuzugestehen ist, dass ein weiterer Anwalt anstelle des zunächst bestellten der Partei beigeordnet wird. Deshalb muss ein Anwaltswechsel, hinsichtlich dessen eine Umbestellung beansprucht wird, grundsätzlich nachvollziehbar begründet werden. Stellt sich die begehrte Beiordnung eines neuen Anwalts als mutwillig heraus, ist die Beiordnung zu verweigern. In diesem Zusammenhang kann zu prüfen sein, auf welchen Gründen der Anwaltswechsel beruht (Zöller/Philippi, a.a.O., § 121 Rz. 34 f; Münchener Kommentar/Motzer, ZPO, 3. Aufl., § 121 Rz. 24; OLG Hamm, FamRZ 2006, 1551; OLG Köln, FamRZ 2004, 123). Im vorliegenden Fall ist eine Prüfung der vom Beschwerdeführer vorgebrachten und von der früheren Rechtsanwältin des Antragstellers bestrittenen Gründe (jeweils auch unter Bezugnahme auf Schriftsätze im Parallelverfahren zum Az. 32 F 33/08 des Amtsgerichts Senftenberg) für den Anwaltswechsel nicht erfolgt. Gleichwohl hat das Amtsgericht Rechtsanwalt W. nunmehr dem Antragsteller beigeordnet.
Es entspricht ganz allgemeiner Ansicht, dass das Gericht nicht ohne Einwilligung des zweiten Anwalts bestimmen darf, dass er nur die Gebühren aus der Staatskasse erhält, die der erste Anwalt noch nicht verdient hatte (Zöller, a.a.O. Rz. 35; Münchener Kommentar, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.; OLG Köln, a.a.O.; OLG Oldenburg, JurBüro 1995, 137). Die Vergütungsansprüche des neu beigeordneten Rechtsanwalts ergeben sich aus seiner eigenen Tätigkeit im Rechtsstreit und den durch diese Tätigkeit erfüllten Gebührentatbeständen des RVG und können deshalb nicht um diejenigen Gebühren gekürzt werden, die dem zuerst beigeordneten Anwalt zustehen. Eine entsprechende Einschränkung im Beiordnungsbeschluss kann ausnahmsweise und nur dann erfolgen, wenn hierzu ausdrücklich die Zustimmung des betroffenen Rechtsanwalts erteilt worden ist. Eine solche Zustimmung hat Rechtsanwalt W. jedoch nicht erteilt und im Parallelverfahren ausdrücklich verweigert (dortiger Antragsschriftsatz vom 22.04.2008 und Schriftsatz vom 27.05.2008). Auch die zuvor beigeordnet gewesene Rechtsanwältin hat mit Schriftsatz vom 11.04.2008 ausdrücklich erklärt, auf ihr zustehende Gebühren nicht verzichten zu wollen. Die im Beiordnungsbeschluss vorgenommene Einschränkung hätte deshalb nicht erfolgen dürfen.
Die Beschränkung des Vergütungsanspruchs kann auch nicht mit der Begründung als zulässig angesehen werden, weil das Amtsgericht die Beiordnung insgesamt hätte versagen können. Diese Entscheidung hätte materiell nur zu einer Beschwer des Antragstellers geführt. Die Entscheidung, ob eine weitere Beiordnung überhaupt vorgenommen werden kann, betrifft nämlich das Verhältnis der Partei, welcher Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, zum Justizfiskus, während die Frage, welche Vergütung der beigeordnete Rechtsanwalt aus der Staatskasse bekommt, dessen Rechtstellung gegenüber dem Justizfiskus betrifft.
Im Übrigen verbietet sich eine Aufhebung der Bestellung von Rechtsanwalt W. im ...