Tenor

I. Beide Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 13.07.2020 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - 11 O 163/19 - gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmig zu fassenden Beschluss als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

II. Für den Kläger besteht Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Zurückweisung seines Rechtsmittels binnen drei Wochen ab der Zustellung dieses Beschlusses zu äußern. Ihm bleibt anheimgestellt, die Berufung - aus Gründen der Kostenersparnis gemäß GKG-KV Nr. 1222 - vor dem Ablauf dieser Frist zurückzunehmen.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Neuwagens der Marke Mercedes-Benz ... mit dem verbauten Motor OM 651 Euro 5. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.

Das Landgericht hat die Klage mit einem dem Kläger am 15.07.2020 zugestellten Urteil in vollem Umfang abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass dem Kläger weder kaufrechtliche noch deliktische Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit einem Schutzgesetzt und auch nicht aus § 826 BGB zustünden.

Ein Anspruch aus § 826 BGB scheitere daran, dass der Kläger nicht in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise geschädigt worden sei. Zwar könne im Fall einer unzulässigen Abschalteinrichtung grundsätzlich eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung in Betracht kommen. Allerdings sei das streitbefangene Fahrzeug nicht von einem Rückruf des KBA betroffen und verfüge über eine wirksame Typengenehmigung, zu der Nebenbestimmungen nicht angeordnet worden seien. Das KBA habe das Thermofenster für zulässig erachtet und insoweit anerkannt, dass der Mechanismus notwendig sei, den Motor vor Beschädigungen zu schützen. In der Fachwelt werde hierzu eine kontroverse Diskussion geführt und selbst Gerichte und Behörden gingen nicht von der Unzulässigkeit des Thermofensters aus. Daher komme hier eine zwar möglicherweise falsche, aber dennoch vertretbare Gesetzesauslegung und -anwendung in Betracht. Dafür, dass ein Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften zumindest billigend in Kauf genommen worden sei, seien keine Anhaltspunkte ersichtlich. Soweit der Kläger hierzu vorgetragen habe, das KBA habe vom Mechanismus des Thermofensters keine Kenntnis gehabt, sei dieser Vortrag pauschal und ins Blaue hinein erfolgt. Im Übrigen fehle es an einem Schädigungsvorsatz, denn das Thermofenster arbeite - selbst den Vortrag des Klägers zugrundegelegt - vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb genauso wie auf dem Prüfstand.

Auch die vom Kläger in Bezug genommene Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung, von der der Kläger behaupte, die Steuerung erkenne die Umgebungsbedingungen auf dem Prüfstand und der Mechanismus werde auf dem Prüfstand abgeschaltet, werde nicht auf eine hinreichende Tatsachengrundlage gestützt. Die Beklagte habe eine entsprechende Softwarelogik bestritten. Maßgeblich sei aber, dass die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung vom KBA bei dem hier in Rede stehenden Fahrzeug nicht als problematisch bewertet worden sei. Die klägerische Behauptung, wonach das KBA als Fachbehörde von dem genannten Mechanismus keine Kenntnis gehabt habe, erscheine als lebensfremd.

Auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m § 263 StGB bzw. mit Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 oder §§ 6, 27 EG-FGV bestünden Ansprüche im Ergebnis nicht.

Schließlich scheitere ein Anspruch aus kaufrechtlicher Gewährleistung. Insoweit sei bereits fraglich, ob ein Sachmangel überhaupt vorliege. Jedenfalls sei ein solcher Anspruch aber auch verjährt.

Hiergegen richtet sich die am 17.08.2020 beim Berufungsgericht eingelegte und am 15.10.2020 (innerhalb bis zu diesem Zeitpunkt nachgelassener Frist) begründete Berufung des Klägers, mit der er sein zuletzt verfolgtes erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Zusammengefasst macht der Kläger Folgendes geltend:

Soweit das Landgericht davon ausgehe, er habe nicht ausreichend zur Funktionsweise der Abschalteinrichtungen und zum Vorsatz der Beklagten vorgetragen, überspanne es die Anforderungen an den Klägervortrag; die obergerichtliche Rechtsprechung stelle hierzu geringe Hürden für einen substanziierten Vortrag. Er meint zudem, das Landgericht habe sich in seinem Urteil nicht hinreichend mit seinem erheblichen erstinstanzlichen Vortrag auseinandergesetzt und dadurch sein rechtliches Gehör verletzt. Dadurch, dass das Landgericht die (seiner Ansicht nach bestehende) Unzulässigkeit des verbauten Thermofensters offengelassen habe, habe es verkannt, dass hieraus Rückschlüsse auf subjektive Tatbestandsvoraussetzungen zu ziehen seien. Im Hinblick auf die Darlegungs- und Beweislast sei maßgeblich auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 25.05.2020 (VI ZR 252/19) und vom 28.01.2020 (VII ZR 57/19) abzustellen. Hinsichtlich der als unzulässig monierten Kühlmittel-Solltem...

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