Verfahrensgang

LG Cottbus (Entscheidung vom 12.07.2010; Aktenzeichen 3 OH 2/07)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 12. Juli 2010, Az.: 3 OH 2/07, wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Das Landgericht hat auf Antrag des Antragstellers mit Beschluss vom 21.05.2007 im Wege des selbständigen Beweisverfahrens die Beweiserhebung über bei dem Antragsteller im Zusammenhang mit seiner am 24.06.2004 erfolgten Geburt in der Klinik der Antragsgegnerin feststellbare dauerhafte Gesundheitsschädigungen angeordnet. Mit Beschluss vom 18.09.2008 ordnete das Landgericht eine ergänzende Beweiserhebung an. Nachdem der zunächst bestellte Sachverständige, der unter dem 30.05.2008 sein Gutachten erstellt hatte, krankheitsbedingt das Ergänzungsgutachten nicht mehr erstellen konnte, wurde mit Beschluss vom 20.01.2009 der Sachverständige Prof. Dr. P... zum Sachverständigen bestellt. Der Sachverständige Prof. Dr. P... erstellte mit Datum vom 20.02.2009 sein schriftliches Gutachten, auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 222 ff GA). Darin vertrat der Sachverständige die Auffassung, dass das Absetzen der Antibiotikagabe im Rahmen der Behandlung der Mutter des Antragstellers fehlerhaft gewesen sei; zudem sei es bei dem Antragsteller nach der Geburt zu einer Überbeatmung gekommen, die ebenfalls fehlerhaft nicht behandelt worden sei.

Nachdem beide Parteien gegen das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Einwendungen erhoben bzw. Ergänzungsfragen stellten, ordnete das Landgericht eine mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen an. Im Termin vom 02.06.2010 erläuterte der Sachverständige sodann mündlich sein Gutachten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des gerichtlichen Protokolls des Anhörungstermins vom 02.06.2010 Bezug genommen (Bl. 316 ff GA). Im Rahmen der Anhörung erläuterte der Sachverständige die Frage der Überbeatmung und führte dazu aus, dass der gemessene CO2-Wert im Blut nicht unter den Wert von 4,7 kPa fallen dürfe und es dem medizinischen Standard entspreche, dass eine Überbeatmung unter allen Umständen zu verhindern sei, weil diese zu irreversiblen Schäden am Gehirn führen könne. Auf Nachfrage des Gerichts erklärte der Sachverständige im Hinblick darauf, dass um 14:15 Uhr ein blutiger CO2-Wert von 4,24 kPa und um 17:00 Uhr ein Wert von 4,75 kPa gemessen worden sei, wörtlich: "Ich halte hier das Abwarten in der Zeit von 14:15 Uhr bis 17:00 Uhr sogar für kriminell". Auf eine entsprechende Rüge entschuldigte sich der Sachverständige und nahm diese Äußerung zurück, wobei er erklärte, dass er damit habe sagen wollen, dass er es aus ärztlicher Sicht für nicht vertretbar halte, bei einem blutigen CO2-Wert von 4,24 kPa um 14:15 Uhr erst wieder um 17:00 Uhr den nächsten CO2-Wert zu messen. Auf weitere Nachfrage des Gerichts im weiteren Verlauf der Anhörung erklärte der Sachverständige: "Ich selbst finde den Umstand, dass hier auf die transkutan gemessenen Werte nicht reagiert wurde, unverständlich. Mir fällt auch kein Grund ein, warum das nicht gemacht wurde. Man könnte nun spekulieren, ob es schlampig war oder einfach nur nicht gemacht wurde, oder ob ein Arzt mit Absicht gehandelt hat". Auf weitere Nachfrage erklärte er, dass er mit "Absicht" meine, dass es Ärzte gebe, die medizinisch der Meinung seien, dass ein blutiger CO2-Wert von 4,4 kPa gut für das Kind sei und deshalb das Beatmungsgerät bewusst so einstellten, dass dieser Wert erreicht werde.

Nach Abschluss der Anhörung des Sachverständigen hat die Antragsgegnerin beantragt, den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Zur Begründung hat die Antragsgegnerin ausgeführt, indem der Sachverständige das Behandlungsagieren bei der Antragsgegnerin als "kriminell" bezeichnet habe, sei von ihrem Standpunkt aus bei objektiver und vernünftiger Betrachtung Misstrauen in die Unparteilichkeit des Sachverständigen gerechtfertigt. Mit der Verwendung dieses Begriffes habe der Sachverständige ihr Verhalten auf eine niedrige oder niedrigste Stufe gestellt und damit das Maß wertender Formulierung überschritten. Darüber hinaus habe er ihr Absicht bzw. Schlamperei unterstellt, womit belegt sei, dass es sich nicht um eine einmalige versehentliche sprachliche Entgleisung gehandelt habe, sondern er habe wiederum auf ein Agieren auf niedrigster Stufe abgestellt, was sie nur als beleidigend empfinden könne. Damit habe der Sachverständige gegen seine Verpflichtung zur Objektivität, Neutralität und Distanz verstoßen.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, eine Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen bestehe nicht. Die Bezeichnung des Abwartens der Ärzte der Antragsgegnerin als "kriminell" stelle eine zulässige drastische Formulierung mit Tatsachenbezug dar, mit der der Sachverständige erkennbar nur habe verdeutlichen wollen, ...

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