Entscheidungsstichwort (Thema)
Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich: Ausschluss oder Beschränkung wegen angeblichen Prozessbetruges, mangelnder eigener Altersversorgung des Ausgleichsberechtigten und/oder ungenügendem Beitrag zum Familienunterhalt
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Anforderungen an eine Kürzung oder einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs gehen deutlich über die Voraussetzungen hinaus, die für eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 BGB genügen, weil der Versorgungsausgleich der rechtlichen Abwicklung eines in der Vergangenheit liegenden Lebenssachverhalts dient und seine Beschränkung letztendlich auf eine Rückgewähr eines Teils des erbrachten Unterhalts hinausliefe.
2. Eine Beschränkung ist nicht allein deshalb gerechtfertigt, weil der Berechtigte sich nur in geringem Umfang am Familienunterhalt beteiligt hat, keine eigene Vorsorge für sein Alter getroffen und/oder angeblich einen Prozessbetrug begangen hat.
Normenkette
BGB § 1579 BGB, § 1587c
Verfahrensgang
AG Eberswalde (Beschluss vom 16.07.2007) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Ausspruch über den Versorgungsausgleich (Nr. 2 des Tenors) im Urteil des AG Eberswalde vom 16.7.2007 wird zurückgewiesen.
Es bleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die gem. §§ 629a Abs. 2, 621e ZPO zulässig Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Das AG hat den Versorgungsausgleich zutreffend geregelt. Die Beteiligten zu 1. bis 3. haben die weitere Gültigkeit der von ihnen berechneten Versorgungsanwartschaften bestätigt, insoweit sind auch von keiner Seite Bedenken erhoben worden.
Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs kommt nicht in Betracht. Denn die Voraussetzungen des § 1587c BGB liegen nicht vor. Der Senat entscheidet ohne die § 53b Abs. 1 FGG vorgesehene mündliche Verhandlung. Den Beteiligten ist rechtliches Gehör gewährt worden, der Sachverhalt ist hinreichend aufgeklärt und eine Einigung nicht zu erwarten, so dass von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden kann (Keidel/Kuntze, FGG, 15. Aufl., § 53b, Rz. 5).
Die Härteklausel des § 1587c BGB findet Anwendung, wenn die starre Durchführung des öffentlich-rechtlichen Wertausgleichs dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widersprechen würde (BGH FamRZ 1982, 258). Aufgabe der Härteklausel ist es, im Einzelfall besondere Härten und grundrechtswidrige Auswirkungen des Versorgungsausgleichs zu vermeiden (BGH, FamRZ 1979, 477, 482). Die Anforderungen an eine Kürzung des Versorgungsausgleichs gehen daher deutlich über die Voraussetzungen hinaus, die für eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 BGB genügen, weil der Versorgungsausgleich der rechtlichen Abwicklung eines in der Vergangenheit liegenden Lebenssachverhalts dient und seine Beschränkung letztlich auf eine Rückgewähr eines Teils des erbrachten Unterhalts hinausläuft. Verwirkung oder unzulässige Rechtsausübung können als eigenständige Einwände (§ 242 BGB) nicht der Durchführung des Versorgungsausgleichs entgegengehalten werden (MünchKomm/Dörr, BGB, 4. Aufl., § 1587c, Rz. 5 m.w.N.) Dies legt insgesamt eine zurückhaltende Anwendung der Härteklausel nahe (MünchKomm/Dörr, a.a.O., § 1587c, Rz. 33).
Die generelle Klausel in Nr. 1 von § 1587c BGB greift ein, wenn nach Abwägung sämtlicher Lebensumstände der Ehegatten, die für ihren gegenwärtigen und künftigen wirtschaftlichen Stand von Bedeutung sind, eine Herabsetzung oder ein Ausschluss des Ausgleichs geboten ist (BGH FamRZ 1990, 1341). Die speziellen Klauseln in Nr. 2 und 3 kommen zum Zuge, wenn der Ausgleichsberechtigte in manipulativer Absicht auf seine Anrechte eingewirkt hat, um seinen Anspruch zu begründen oder zu erhöhen, oder wenn er während der Ehe seine Unterhaltspflicht erheblich verletzt und es damit schuldhaft und nachhaltig unterlassen hat, seinen Beitrag zur ehelichen Wirtschaftsgemeinschaft zu leisten (Palandt/Brudermüller, BGB, 67. Aufl., § 1587c, Rz. 7). Keine dieser Voraussetzungen liegt vor.
Ein - teilweiser - Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist insbesondere nicht deshalb gerechtfertigt, weil sich der Antragsgegner nach dem Vorbringen der Antragstellerin während der Ehe nicht bzw. nur in geringem Umfang an den Kosten des Unterhalts für die Familie beteiligt hat.
Die insoweit in Betracht kommende Anwendung von § 1587c Nr. 3 BGB setzt eine gröbliche Verletzung der Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, voraus. Gröblich ist eine Pflichtverletzung dann, wenn über die Nichterfüllung der Unterhaltspflicht hinaus weitere objektive Merkmale vorliegen, die dem pflichtwidrigen Verhalten ein besonderes Gewicht geben, etwa wenn ein Unterhaltsberechtigter dadurch in ernsthafte Schwierigkeiten bei der Sicherstellung seines Lebensbedarfs geraten ist (BGH NJW 1986, 1934) oder wenn die Ehegatten in wirtschaftlich sehr beengten Verhältnissen gelebt haben und der Ausgleich...