Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Ende der Ehezeit; Ausschluss bzw. Kürzung wegen grober Unbilligkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Der Trennungszeitpunkt ist für die Bestimmung des Endes der Ehezeit i.S.d. § 1587 Abs. 2 BGB grundsätzlich unerheblich.(Rz. 22)
2. Von der Härteklausel des § 1587c Nr. 1 BGB ist nur Gebrauch zu machen, wenn die starre Durchführung des Versorgungsausgleichs seinem Grundgedanken in unerträglicher Weise widerspräche. Eine Kürzung des Versorgungsausgleichs unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Ungleichgewichts kommt erst in Betracht, wenn der Ausgleichsberechtigte bereits eine ausreichende Versorgung erworben hat, während der Ausgleichsverpflichtete auf die von ihm erworbenen Versorgungsanrechte dringend angewiesen ist.(Rz. 34)
3. § 1587c Nr. 1 BGB findet keine Anwendung, wenn der Ausgleichspflichtige hinnimmt, dass der Ausgleichsberechtigte einer selbständigen Tätigkeit nachgeht, die (zunächst) nicht genug abwirft.(Rz. 38)
Normenkette
BGB §§ 1565, 1587 Abs. 1-2, § 1587b Abs. 2, § 1587c Nr. 1
Tenor
Das angefochtene Urteil wird in seinem Ausspruch über den Versorgungsausgleich (Ziff. 2. des Tenors) abgeändert.
Zu Lasten der für die Antragstellerin zur Mitglieds-Nummer ... bei der Apothekerversorgung ... bestehenden Versorgungsanwartschaft wird eine nichtangleichungsdynamische Rentenanwartschaft i.H.v. 207,47 EUR monatlich, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31.1.2006, auf dem Versicherungskonto Nr. ... des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung ... begründet.
Der Monatsbetrag der zu begründenden nichtangleichungsdynamischen Rentenanwartschaft ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Es bleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens hat die Antragstellerin zu 21 % und der Antragsgegner zu 79 % zu tragen.
Gründe
I. Die am ... 1966 geborene Antragstellerin und der am ... 1967 geborene Antragsgegner haben am ... 1995 geheiratet. Aus der Ehe sind die Kinder F., geboren am ... 1997 und T., geboren am ... 1999 hervorgegangen. Die Antragstellerin ist Apothekerin. Der Antragsgegner ist selbständiger Rechtsanwalt.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Trennung, wie die Antragstellerin meint, bereits am 13.12.2004 oder erst am 10.8.2006, so der Antragsgegner, erfolgt ist.
Durch das angefochtene Urteil vom 19.12.2006 hat das AG die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich in der Weise durchgeführt, dass es zu Lasten der Versorgungsanwartschaft der Antragstellerin bei der Apothekerversorgung ... eine Rentenanwartschaft i.H.v. 226,26 EUR auf dem Versicherungskonto des Antragsgegners begründet hat. Ferner hat das AG im Scheidungsverbundurteil die Ehewohnung der Antragstellerin zugewiesen und die Folgesachen über die elterliche Sorge und den Umgang vom Verbundverfahren abgetrennt. Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Einzelnen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Nachdem der Antragsgegner seine Berufung gegen den Scheidungsausspruch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 18.9.2007 zurückgenommen hat, ist Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens nur noch die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Entscheidung des AG über den Versorgungsausgleich. Hierzu trägt sie vor:
Das AG habe eine der für den Antragsgegner bei der ... Direktversicherung bestehenden Anwartschaften auf eine Lebensversicherung nicht berücksichtigt, obwohl eine entsprechende Auskunft erteilt worden sei.
Fraglich sei auch, ob sämtliche Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners ermittelt worden seien.
Schließlich sei der Versorgungsausgleich auszuschließen. Sie habe während der gesamten Ehezeit sowohl neben ihrer Ausbildung als auch später neben der Kinderbetreuung gearbeitet. Mit ihrem Einkommen habe sie weitestgehend den Unterhalt der Familie gesichert und die Hauptlast der anfallenden Aufgaben getragen.
Dem Antragsgegner wäre es ohne weiteres möglich gewesen, durch eine eigene Erwerbstätigkeit ene hinreichende Altersvorsorge zu erlangen.
Die Antragstellerin beantragt insoweit, unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Versorgungsausgleich auszuschließen, hilfsweise, unter Einbeziehung der übergegangenen Anwartschaften des Antragstellers den gesetzlichen Versorgungsausgleich durchzuführen.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Er trägt vor:
Die zu seinen Gunsten bestehenden Anwartschaften habe er im Fragebogen zum Versorgungsausgleich vollständig angegeben. Von Pflichtbeiträgen zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte sei er mit Rücksicht auf die Leibrentenversicherung Nr. ... bei der ... Direktversicherung befreit worden.
Der Versorgungsausgleich sei nicht auszuschließen. Auch der Antragstellerin sei bei Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit als Rechtsanwalt ab April 1998 bekannt gewesen, dass es voraussichtlich mehrere Jahre dauern würde, bis mit dieser Erwerbstätigkeit ein angemessenes Einkommen erzielt werde. In Gesprächen mit der Antragstellerin, teilweise in Anwesenheit Dritter, sei auch mehrfach erörtert ...