Normenkette
GBVfg § 86a Abs. 1; GBO § 12 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird unter Aufhebung der Entscheidung des AG Königs Wusterhausen - Grundbuchamt - vom 29.12.2014 dem Grundbuchamt aufgegeben, der Antragstellerin die Gestattung gemäß § 86a Abs. 1 GBV nicht aus den in der Verfügung vom 29.12.2014 genannten Gründen zu versagen.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist ein Gasversorgungsunternehmen, das ein Gasnetz betreibt. Sie hat mit Schreiben vom 27.11.2013 die Gestattung der Einsicht in die Grundbücher für sämtliche im Bezirk des Grundbuchamts des AG Königs Wusterhausen belegenen Grundstücke beantragt. Sie hat ergänzend mit Schreiben vom 13.12.2013 mitgeteilt, dass sie am automatisierten Abrufverfahren teilnehme und die ihrer Rechtsvorgängerin, der... Gas AG vom Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts am 21.10.2005 erteilte Genehmigung in Kopie vorgelegt.
Mit Schreiben vom 29.12.2014 hat der für Grundbuchsachen zuständige Direktor des AG der Antragstellerin mitgeteilt, dass dem Antrag derzeit nicht entsprochen werden könne. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass zwar ein allgemeines berechtigtes Interesse der Antragstellerin für die Einsichtnahme in eine Vielzahl der Grundbücher aufgrund der Tätigkeit der Antragstellerin als Gasnetzbetreiber gegeben sei. Der Gestattung stehe aber entgegen, dass nach § 12 Abs. 4 GBO eine Protokollierungspflicht über die erfolgten Grundbucheinsichten und die jeweils vorgetragenen berechtigten Interessen für die Einsicht bestehe. Auch bei der Grundbucheinsicht durch Versorgungsunternehmen müsse das berechtigte Interesse der Antragstellerin für jedes Grundstück dargelegt werden. Diese gelte grundsätzlich auch im automatisierten Abrufverfahren, da der Gesetzgeber eine Ausnahme für Versorgungsunternehmen insoweit nicht vorgesehen habe.
Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingelegten Beschwerde vom 16.2.2015, mit der sie geltend macht, dass ihr uneingeschränkt für sämtliche Grundbücher der im Grundbuchbezirk des AG Königs Wusterhausen belegenen Grundstücke, hilfsweise für die Grundbücher der Gemarkungen, in denen die von ihr genutzten Leitungsanlagen belegen sind, Grundbucheinsicht in allgemeiner Form gewährt werden müsse. Ihr berechtigtes Interesse ergebe sich daraus, dass die für die Nutzung der Grundstücke erforderlichen Rechte von ihr stets kontrolliert und sie in die Lage versetzt werden müsse, für die Fortgeltung ihrer Rechte etwa im Fall von Eigentumsübergängen Sorge zu tragen. Ferner müsse sie für die Vorbereitung baulicher Maßnahmen auf den betroffenen Grundstücken Kontakt mit dem jeweiligen Eigentümer aufnehmen können.
II. Die gemäß den §§ 71, 73 GBO zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des Direktors des AG als für Grundbuchsachen zuständigen Richters ist gültig, §§ 86a GBV, 3 Nr. 1 lit. h, 8 RPflG. Das Grundbuchamt hat die nach § 75 GBO erforderliche Abhilfeentscheidung, da die Beschwerde beim Oberlandesgericht eingelegt worden ist, zwar nicht getroffen. Der Senat ist als Beschwerdegericht aber befugt, sogleich über die Beschwerde zu entscheiden (OLG Stuttgart, FGPrax 2012, 158; OLG München, FGPrax 2013, 155). Das vermeidet die weitere Verzögerung des Verfahrens und verursacht hier keine unnötigen Kosten für das Beschwerdeverfahren, da die Beschwerde begründet ist.
Nach § 86a Abs. 1 GBV kann Versorgungsunternehmen die Einsicht in das Grundbuch in allgemeiner Form auch für sämtliche Grundstücke eines Grundbuchamtsbezirks durch das Grundbuchamt gestattet werden, wenn sie ein berechtigtes Interesse an der Einsicht darlegen. Zuständig für die Genehmigung ist das Grundbuchamt. Nach § 86a Abs. 2 GBV kann die Art der nach § 86a Abs. 1 GBV gewährten Einsicht so ausgestaltet werden, dass das Unternehmen die benötigten Daten im automatisierten Verfahren aus dem Grundbuch anfordern darf.
Die Antragstellerin gehört dem in § 86a Abs. 1 GBV genannten Personenkreis an. Ihr kann mithin bei Darlegung eines berechtigten Interesses in allgemeiner Form die Einsicht gestattet werden. § 12 Abs. 1 GBO steht dem nicht entgegen. Denn mit der Regelung in § 86a Abs. 1 GBV ist von der in § 12 Abs. 3 Nr. 2 GBO eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht worden, dass bei Personen, bei denen es aufgrund ihrer Tätigkeit gerechtfertigt ist, von der Darlegung des berechtigten Interesses im Einzelfall abgesehen werden kann (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs zur Neufassung von § 12 Abs. 3 GBO, BT-Drs. 16/47 S. 66; Meikel/Böttcher, GBO, 11. Aufl., § 12 Rz. 89; Demharter, GBO, 29. Aufl., § 12 Rz. 16). Diese Voraussetzungen liegen bei Versorgungsunternehmen vor, wenn ihnen die Genehmigung nach § 86a Abs. 1 GBV zu erteilen ist.
Die Dokumentationspflicht für die Einsichtnahme nach § 12 Abs. 4 GBO begründet nicht die durch § 86a Abs. 1 GBV, 12 Abs. 3 GBO aufgehobene Pflicht zur Darlegung des berechtigten Interesses im Einzelfall neu.
Die Kontroll...