Leitsatz (amtlich)
Zur Unbilligkeit der Durchführung des Versorgungsausgleichs, wenn die Ehegatten sich nach längerer Trennung wieder versöhnt und später erneut getrennt haben.
Normenkette
VersAusglG § 27
Verfahrensgang
AG Eisenhüttenstadt (Beschluss vom 28.10.2013; Aktenzeichen 7 F 42/10) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG Eisenhüttenstadt vom 28.10.2013 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 1.660 EUR.
Gründe
I. Auf den am 12.11.2008 zugestellten Antrag der Antragstellerin hat das AG durch Urteil vom 1.12.2008 die am 7.8.1970 geschlossene Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners geschieden und durch Beschluss vom selben Tag die Folgesache über den Versorgungsausgleich abgetrennt. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens am 29.1.2010 und Einholung neuer Auskünfte hat das AG durch Beschluss vom 28.10.2013 den Versorgungsausgleich durchgeführt. Es hat die beiderseitigen Anrechte der geschiedenen Eheleute in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie das Anrecht der Antragstellerin aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes jeweils durch interne Teilung ausgeglichen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit der Beschwerde, mit der sie geltend macht, das AG habe ihren Vortrag, wonach die uneingeschränkte Durchführung des Versorgungsausgleichs grob unbillig und der Versorgungsausgleich daher teilweise auszuschließen sei, nicht beachtet.
Sie trägt vor:
Der Antragsgegner habe etwa 1991 seine Arbeitsstelle beim damaligen "K." gekündigt und sich danach nicht um einen anderen Arbeitsplatz bemüht. 1992 habe er sich mit einem Transportgewerbe selbständig gemacht. Ohne Absprache mit ihr habe er einen Kredit über 20.000 DM zur Finanzierung eines kleinen Lkw aufgenommen und die Kreditraten von dem bei der Sparkasse geführten Gemeinschaftskonto abbuchen lassen. Dieses Gemeinschaftskonto habe er für sein Gewerbe genutzt, Einnahmen des Antragsgegners seien dort aber kaum eingegangen. Sie habe erst Anfang Mai 1992 von dem Darlehen erfahren, als eine Lastschrift nicht habe eingelöst werden können und die Sparkasse sie deshalb angeschrieben habe. Das Gemeinschaftskonto sei wegen fehlender Deckung schließlich gesperrt worden. Sie habe eine Umschuldung vorgenommen und den dazu aufgenommenen Kredit allein getilgt. In dieser Situation habe es ständige Streitereien und Zerwürfnisse gegeben. Der Antragsgegner habe dem Alkohol erheblich zugesprochen. Sie sei gesundheitlich beeinträchtigt gewesen und habe ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen. 1993 sei es dann zur Trennung innerhalb der ca. 150 m2 großen Ehewohnung gekommen, 1994 sei der Antragsgegner ausgezogen. Er habe eine Beziehung zu einer anderen Frau aufgenommen und mit dieser zusammen gewohnt.
Als der Sohn zu Beginn des Jahres 1999 gestorben sei, habe eine "emotionale Notsituation" bestanden, der Antragsgegner sei zurückgekehrt und man habe wieder im gemeinsamen Haushalt gewohnt. Der Antragsgegner habe jedoch bald wieder vermehrt Alkohol getrunken und sei lediglich Gelegenheitsjobs nachgegangen. Wegen erheblicher Schulden - auch Mietschulden - des Antragsgegners sei der Gerichtsvollzieher zunehmend regelmäßig gekommen. Sie habe vorgeschlagen, in eine andere Wohngegend zu ziehen, was sie 2001/2002 auch getan hätten. Sie sei dann wieder erkrankt, der Antragsgegner habe sie nicht unterstützt und sich einer anderen Frau zugewendet. Dieser habe er erklärt, nur wegen des Geldes und des vorhandenen Autos bei ihr, seiner Ehefrau, geblieben zu sein. Von der gemeinsamen Tochter habe sie erfahren, dass der Antragsgegner sie vor den Kindern schlecht gemacht und behauptet habe, sie sei unfähig und dauerhaft krank. Dies zeige fehlende Solidarität und Mitwirkung zur wirtschaftlichen Gesundung der Familie. Der Antragsgegner habe keine finanziellen Mittel in die neu aufgelegte Beziehung eingebracht, weshalb eine Wiederherstellung der ehelichen Beziehung nur scheinbar erfolgt sei. Daher müsse nicht erst seit 2005, sondern bereits seit 1993 von einer sich kontinuierlich fortsetzenden Trennung ausgegangen werden. Der gesamte Trennungszeitraum von elf Jahren rechtfertige eine entsprechende Kürzung des Versorgungsausgleichs.
Der Antragsgegner tritt der Beschwerde entgegen und weist darauf hin, dass er bis 1999 sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei und Einkünfte erzielt habe. Auch danach habe er sich um Arbeit bemüht, die selbständige Tätigkeit habe er im Einvernehmen mit seiner Ehefrau aufgenommen. Es sei zwar zutreffend, dass im Jahr 1993 die bis dahin bestehende Liebe etwas zurückgegangen sei, eine Trennung habe es aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegeben.
II. Auf das Verfahren ist gem. Art. 111 Abs. 4 FGG-RG, § 48 Abs. 2 Nr. 1VersAusglG das ab dem 1.9.2009 geltende Verfahrensrecht und materielle Recht anzuwenden.
Die gem. §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Antragstellerin, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten ohne ...