Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterliche Sorge: Vorläufige Aufhebung des gemeinsamen Sorgerechts bei Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen sexuellen Mißbrauchs

 

Leitsatz (amtlich)

Elterliche Sorge: Vorläufige Aufhebung des gemeinsamen Sorgerechts bei einem Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs.

 

Normenkette

BGB § 1671 Abs. 1, 2 Ziff. 2

 

Verfahrensgang

AG Lübben (Beschluss vom 29.04.2009; Aktenzeichen 30 F 97/09)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des AG Lübben vom 29.4.2009 - Az. 30 F 97/09 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kindesvater.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1. und 2. sind die - seit dem Jahre 2003 geschiedenen - Eltern (u.a.) der am ... Januar 1994 geborenen W.B. und des am ... Dezember 1995 geborenen R.B.

Gegen den Kindesvater wird wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs in einer Vielzahl von Fällen zum Nachteil seiner Stieftochter S.B., der - volljährigen - gemeinsamen Tochter der Kindeseltern M.B. und der noch minderjährigen gemeinsamen Tochter W.B. im Tatzeitraum von 1991 bis Anfang 2005 strafrechtlich ermittelt. Ein auf diesen Vorwurf gestützter Haftbefehl des AG Lübben vom 10.3.2009 wurde auf Haftbeschwerde des Kindesvaters durch Beschluss des LG Cottbus vom 9.4.2009 gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Seit diesem Tage ist der Kindesvater wieder auf freiem Fuß.

Die Kindesmutter hat mit Blick auf diese gegen den Kindesvater gerichteten Vorwürfe, die seinerzeitige Inhaftierung und die zu erwartende Haftstrafe die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge für W. und R.B. beantragt und im Anhörungstermin am 29.4.2009 den Erlass einer einstweiligen Anordnung insoweit beantragt.

Der Kindesvater bestreitet die Vorwürfe und möchte an dem gemeinsamen Sorgerecht für die Kinder festhalten.

Mit Beschluss vom 29.4.2009 hat das AG Lübben im Wege der einstweiligen Anordnung die elterliche Sorge für W. und R.B. auf die Kindesmutter allein übertragen. Das Wohl beider Kinder sei in der Folge der strafrechtlich relevanten Vorwürfe gegen den Vater und insbesondere auch der bestehenden tief greifenden Spaltung innerhalb der vielköpfigen Familie im Ergebnis des Ermittlungsverfahrens derzeit erheblich gefährdet. Die Kindeseltern seien zu gemeinsamen Entscheidungen zum Wohle der Kinder tatsächlich nicht mehr in der Lage. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Gegen diese ihm am 14.5.2009 zugestellte Entscheidung hat der Kindesvater mit einem am 28.5.2009 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Er erstrebt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Er betont seine Unschuld und hebt hervor, dass "das Umfeld der W.B." und die Söhne des Kindesvaters sich in Kenntnis der beteiligten Personen "die Dinge in Anbetracht dessen richtig einzuschätzen wissen" und sich deshalb mit guten Gründen auf seiner - des Kindesvaters - Seite positioniert hätten. W. dürfe in ihrer - mutmaßlich auf ein Erziehungsversagen der Kindesmutter zurückzuführenden - negativen Einstellung gegen den Kindesvater nicht auch noch bestärkt werden. Im Übrigen habe sich R. eindeutig gegen eine einstweilige Übertragung der elterlichen Sorge auf die Kindesmutter ausgesprochen. Die nach der Inhaftierung des Vaters kurzzeitig bestehende Störung seines seelischen Gleichgewichts sei überwunden, nachdem er - der Kindesvater - im Rahmen der Umgangskontakte positiv auf den Jungen eingewirkt habe.

Die Kindesmutter verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näherer Darlegung.

II. Die sofortige Beschwerde des Kindesvaters ist gem. § 621g ZPO i.V.m. §§ 620c Satz 1, 620d Satz 1 ZPO statthaft und zulässig, insbesondere fristgerecht innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingelegt und begründet worden. Die Beschwerde bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

Das AG hat mit zutreffenden Erwägungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, die gemeinsame elterliche Sorge aufgehoben und vorläufig auf die Kindesmutter allein übertragen. Die dagegen gerichteten Angriffe der Beschwerde rechtfertigen eine andere Entscheidung, insbesondere die erstrebte Wiederherstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht.

Gegen den - einschlägig vorbestraften - Kindesvater besteht derzeit der dringende Tatverdacht des über Jahre anhaltenden sexuellen Missbrauchs seiner zwei Töchter sowie einer Stieftochter. Nicht nur W.B., sondern auch ihre volljährigen (Halb-)Schwestern S. und M. haben den Kindesvater im Rahmen ihrer bisherigen Vernehmungen insoweit erheblich belastet. Derzeit kann nicht festgestellt werden, dass diese Vorwürfe insgesamt frei erfunden und die Angaben der Frauen offensichtlich unglaubhaft sind. Auch der Beschwerdeführer kann keinerlei belastbar nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür aufzeigen, weshalb die - in ihrem Anzeige- und Aussageverhalten nach Aktenlage jedenfalls nicht von der Kindesmutter angestifteten oder auch nur in b...

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