Leitsatz
Aus der Ehe der im Jahre 2003 geschiedenen Beteiligten war ein im Januar 1994 geborener Sohn und eine im Dezember 1995 geborene Tochter hervorgegangen. Gegen den Kindesvater wurde wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs in einer Vielzahl von Fällen zum Nachteil seiner volljährigen Stieftochter sowie der noch minderjährigen gemeinsamen Tochter im Tatzeitraum von 1991 bis Anfang 2005 strafrechtlich ermittelt. Ein gegen ihn erlassener Haftbefehl war gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt worden. Die Kindesmutter beantragte im Hinblick auf die gegen den Kindesvater gerichteten Vorwürfe, die seinerzeitige Inhaftierung und die zu erwartende Haftstrafe die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge für die beiden gemeinsamen Kinder und im Anhörungstermin am 24.9.2009 den Erlass einer einstweiligen Anordnung insoweit.
Der Kindesvater bestritt die Vorwürfe.
Mit Beschluss vom 29.4.2009 hat das AG im Wege der einstweiligen Anordnung die elterliche Sorge für die beiden gemeinsamen Kinder auf die Kindesmutter allein übertragen. Gegen diesen Beschluss wandte sich der Kindesvater mit seiner Beschwerde, die in der Sache ohne Erfolg blieb.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG folgte der Auffassung des AG, das mit zutreffenden Erwägungen die gemeinsame elterliche Sorge aufgehoben und vorläufig auf die Kindesmutter allein übertragen habe.
Gegen den - einschlägig vorbestraften - Kindesvater bestehe der dringende Tatverdacht des über Jahre anhaltenden sexuellen Missbrauchs seiner zwei Töchter sowie seiner Stieftochter. Die Kinder hätten ihn im Rahmen ihrer bisherigen Vernehmungen insoweit erheblich belastet. Es könne derzeit nicht festgestellt werden, dass diese Vorwürfe insgesamt frei erfunden und die Angaben unglaubhaft seien. Dies besage noch nichts darüber, ob die Vorwürfe sachlich richtig seien und den weiteren Ermittlungen standhielten. Das Verhalten und auch die inhaltlichen Angaben in den staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen zeigten aber, dass die Kinder zumindest subjektiv der festen Überzeugung seien, dass sich der Kindesvater an ihnen vergangen habe.
Daneben sei gerade mit Blick auf die unbestritten tief greifende Spaltung innerhalb der Familie die gemeinsame elterliche Sorge aufzuheben und auf die betreuende Kindesmutter zu übertragen. Auch der inzwischen 13 1/2-jährige Sohn erlebe ganz offenbar die familiäre Situation seit der Anzeigenerstattung gegen den Kindesvater als außerordentlich belastend.
Insgesamt benötigten die noch minderjährigen Kinder angesichts der tief greifenden Spannungen, die die im Raum stehenden Vorwürfe gegen den Kindesvater mindestens in dem weit verzweigten Familienverband, wohl aber auch im näheren sozialen Umfeld hervorgerufen hätten, dringend einer Stabilisierung. Zwischen den Kindeseltern bestehe unbestritten eine Sprachlosigkeit, die die für die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge grundlegende Basis, den Willen und die Fähigkeit miteinander zu kommunizieren und zum Wohl der Kinder zu kooperieren, zerstört habe.
Es bestehe dringender Handlungsbedarf in der Form, dass das gemeinsame elterliche Sorgerecht für beide noch minderjährigen gemeinsamen Kinder aufzuheben und auf die Kindesmutter allein zu übertragen sei.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 17.07.2009, 9 WF 166/08