Entscheidungsstichwort (Thema)
Hohes Alter, Angst vor Einsamkeit sowie altersbedingte Gesundheitsbeeinträchtigungen rechtfertigen nicht die Anwendung der Härteklausel des § 1568 BGB
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Antragsgegner muss das Vorliegen der Voraussetzungen der Härteklausel des § 1568 BGB darlegen und beweisen. Zum Nachweis der unzumutbaren Härte bedarf es eines substantiierten Vortrages.
2. Ein hohes Alter, Herzkrankheiten und Angst vor dem Alleinsein sowie beherrschbare körperliche und seelische Belastungen rechtfertigen die Anwendung der Härteklausel des § 1568 BGB regelmäßig nicht.
Normenkette
BGB § 1568
Verfahrensgang
AG Oranienburg (Urteil vom 22.09.2006; Aktenzeichen 32 F 21/05) |
Tenor
Der Antrag des Antragsgegners vom 5.12.2006 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Einlegung und Durchführung einer beabsichtigten Berufung gegen das am 22.9.2006 verkündete Urteil des AG Oranienburg wird zurückgewiesen.
Gründe
Der Antrag ist gem. § 114 ZPO zurückzuweisen, da für die durch den Antragsgegner beabsichtigte Einlegung einer Berufung nach derzeitigem Stand gem. §§ 114, 119 Abs. 1 ZPO in der Sache keine Aussicht auf Erfolg besteht. Das AG hat mit insgesamt zutreffenden Erwägungen die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe des Antragsgegners mit der Antragstellerin bejaht. Soweit sich der Antragsgegner im Rahmen der Begründung seines Prozesskostenhilfeantrages gegen den Scheidungsausspruch wendet, ist sein Vorbringen unsubstantiiert und kann deshalb nicht zu einer anderen Bewertung führen.
1. Soweit der Antragsgegner mit der Begründung seines Prozesskostenhilfeantrages das Scheitern der Ehe in Abrede stellen will, steht dem entgegen, dass gem. § 1566 Abs. 2 BGB vom unwiderlegbar zu vermutenden Scheitern der Ehe auszugehen ist. Gemäß § 1565 Abs. 1 BGB ist eine Ehe zu scheiden, wenn sie gescheitert ist, d.h., wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen werden. Das Scheitern wird gem. § 1566 Abs. 2 BGB unwiderlegbar vermutet, wenn die Ehegatten seit mindestens drei Jahren voneinander getrennt leben. Die Trennung ist hier unstreitig am 7.12.2003 durch den Auszug der Antragstellerin aus der vormals ehelichen Wohnung erfolgt. Damit lebten die Ehegatten am 7.12.2006 drei Jahre voneinander getrennt, sodass die Voraussetzungen des § 1566 Abs. 2 BGB für die unwiderlegbare Vermutung des Scheiterns der Ehe vorliegen. Dies ermöglicht die Scheidung auch gegen den Willen des anderen Ehegatten und unabhängig von einem Nachweis, dass die Ehe gescheitert ist (Palandt/Brudermüller, BGB, 66. Aufl. 2007, § 1566, Rz. 3).
2. Die Ehe ist auch nicht unter Berücksichtigung der Härteklausel des § 1568 BGB, auf die sich der Antragsgegner ferner beruft, aufrechtzuerhalten.
a) Nach § 1568 BGB soll die Ehe trotz ihres Scheitern nicht geschieden werden, wenn und so lange die Scheidung für den Antragsgegner, der sie ablehnt, auf Grund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers ausnahmsweise geboten erscheint. Die Vorschrift will aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit eine Scheidung zur Unzeit verhindern, weshalb an die Feststellung der schweren Härte ein strenger Maßstab anzulegen ist, der nur bei außergewöhnlichen Tatsachen vorliegen kann (Palandt/Brudermüller, a.a.O., § 1568, Rz. 1, 4; Rotax/Odendahl/Adar, Praxis des Familienrechts, 3. Aufl. 2007, S. 1330). Die Verweigerung der Scheidung muss sich daher als einziges Mittel darstellen, um den die Scheidung ablehnenden Ehegatten vor einer für ihn sonst entstehenden unerträglichen Lage zu bewahren (OLG Hamm v. 16.2.1989 - 2 UF 648/86, FamRZ 1989, 1188, 1189). Härten, die mit Trennung und Scheidung üblicherweise verbunden sind, können dagegen niemals die Anwendung des § 1586 BGB rechtfertigen (Rotax/Odendahl/Adar, a.a.O., S. 1330).
Da es sich bei den Voraussetzungen der Härteklausel um Einwendungen gegen das Scheidungsrecht handelt, muss diese der Antragsgegner darlegen und beweisen (OLG Karlsruhe v. 7.12.1999 - 2 UF 112/97, OLGReport Karlsruhe 2000, 341 = FamRZ 2000, 1418 f.; Schellhammer, Familienrecht nach Anspruchsgrundlagen, 4. Aufl. 2006, Rz. 255). Zum Nachweis der unzumutbaren Härte bedarf es eines substantiierten Vortrages des Antragsgegners (OLG Zweibrücken v. 9.12.1981 - 2 UF 123/81, FamRZ 1982, 293, 294).
b) Nach Maßgabe dessen stellt sich das Vorbringen des darlegungs- und beweisbelasteten Antragsgegner als zu unsubstantiiert dar, um die Annahme eines Härtegrundes gem. § 1568 BGB zu rechtfertigen.
aa) Das hohe Alter des Antragsgegners kann die Anwendung der Härteklausel nicht rechtfertigen. Hohes Alter und Einsamkeit nach der Scheidung genügen zur Annahme eines Härtegrundes nicht, da sich dies nicht als außergewöhnlicher Fall darstellt (OLG Nürnberg, FamRZ 1979, 818, 819).
bb) Soweit er sich auf seinen krankhaften Zustand berufen hat, ist sein Vorbringen nicht ausreichen...