Leitsatz (amtlich)
1. Der am Geschäftssitz der Partei ansässige Rechtsanwalt, der für die Partei die Klageschrift einreicht, ist nicht Verkehrsanwalt des Klägers, sondern dessen Prozessbevollmächtigter. Der am Gerichtsort ansässige Rechtsanwalt, der im Termin für den Kläger aufgetreten ist und seine Rechnung nicht an die Partei, sondern an den Prozessbevollmächtigten gerichtet hat, ist nicht Prozessbevollmächtigter, sondern Unterbevollmächtigter des Prozessbevollmächtigten.
2. Ist der Kläger Formkaufmann und hat er einen Wechsel ausgestellt, muss er als solcher auch ohne eine Rechtsabteilung in der Lage sein, einen am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalt fernmündlich oder schriftlich zu informieren, wenn es um die Erwirkung eines Wechselvorbehaltsurteils geht.
Normenkette
ZPO § 91
Verfahrensgang
LG Cottbus (Beschluss vom 25.08.2008; Aktenzeichen 11 O 65/08) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Cottbus vom 25.8.2008 - 11 O 65/08 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I. Die Klägerin, die in L. ihren Sitz hat und keine Rechtsabteilung unterhält, hat durch dort geschäftsansässige Rechtsanwälte Klage aus einem von ihr ausgestellten und von der Beklagten angenommenen Wechsel im Wechselprozess erhoben. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LG Cottbus hat sie sich durch am Gerichtsort ansässige Rechtsanwälte vertreten lassen.
Das LG hat ein rechtskräftig gewordenes Wechsel-Versäumnisurteil erlassen, nach dessen Kostenentscheidung die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.
Die Klägerin hat die Gebühren der an ihrem Geschäftssitz ansässigen Rechtsanwälte als Verkehrsanwaltskosten zur Kostenfestsetzung angemeldet und diejenigen der Rechtsanwälte am Gerichtsort als Gebühren ihres Prozessbevollmächtigten. Der Rechtspfleger des LG hat mit Beschluss vom 25.8.2008 die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf insgesamt 2.671 EUR einschließlich verauslagter Gerichtsgebühren festgesetzt und dabei lediglich die von den am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwälten berechnete 1,3-Verfahrensgebühr, die 0,5-Terminsgebühr sowie ein Pauschale von 50 EUR an Auslagen der Partei für eine ausschließlich schriftliche und telefonische Information als erstattungsfähig angesehen.
Gegen diesen Beschluss, der ihr am 8.9.2008 zugestellt worden ist, wendet sich die Klägerin mit ihrer am 12.9.2008 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der sie geltend macht, die Korrespondenzanwaltskosten seien zumindest in Höhe der Kosten einer fiktiven Informationsreise vom Sitz der Klägerin zum Gerichtsort von 415,85 EUR erstattungsfähig.
Der zuständige Rechtspfleger hat mit Beschluss vom 15.9.2008 dem Rechtsbehelf nicht abgeholfen und ihn dem OLG Brandenburg zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde ist gemäß den §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 und 2, 569 Abs. 1 ZPO zulässig. Der Wert der Beschwer beträgt für die Klägerin 415,85 EUR und übersteigt damit den Beschwerdewert von 200 EUR.
Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten die Erstattung von Verkehrsanwaltskosten nicht beanspruchen, auch nicht in Form fiktiver Informationsreisekosten. Die Entstehung dieser Kosten war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig, § 91 ZPO.
Die an ihrem Geschäftssitz in L. ansässigen Rechtsanwälte der Klägerin sind schon keine Verkehrsanwälte gewesen, deren Tätigkeit sich gem. Nr. 3400 RVG-VV auf die Führung des Verkehrs der Partei mit dem Verfahrensbevollmächtigten beschränkt hätte. Sie waren vielmehr selbst Prozessbevollmächtigte, denn sie haben für die Klägerin die Klageschrift bei Gericht eingereicht. Die am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwälte der Klägerin waren dementsprechend nicht die Prozessbevollmächtigten der Klägerin, sondern Unterbevollmächtigte der Prozessbevollmächtigten am Geschäftssitz der Klägerin gem. Nr. 3401 RVG-VV. Sie haben deshalb auch nicht etwa der Klägerin, sondern deren Verfahrensbevollmächtigten eine Rechnung gestellt. Im Übrigen weist auch das Rubrum die am Geschäftssitz der Klägerin ansässigen Rechtsanwälte als deren Prozessbevollmächtigte aus.
Unzweifelhaft hat die Beklagte der Klägerin eine volle Verfahrensgebühr und eine - ermäßigte - Terminsgebühr zu erstatten. Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass die Klägerin, eine GmbH & Co KG, erstattungsrechtlich nicht berechtigt war, darüber hinausgehende anwaltliche Gebühren auszulösen. Soweit auf ihrer Seite höhere Gebühren entstanden sind, hat die Beklagte sie nicht zu erstatten, auch nicht in Form ersparter fiktiver Auslagen.
Im allgemeinen handelt es sich zwar um notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung, wenn eine vor einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei einen an ihrem Wohnsitz oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragt (BGH NJW 2003, 898 - Auswärtiger Rechtsanwalt II). Erst...