Leitsatz (amtlich)
1. Verkehrsanwaltskosten sind nur ausnahmsweise erstattungsfähig, wenn die Partei nach ihren persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten nicht in der Lage war, den Prozessbevollmächtigten selbst sachgemäß zu informieren.
2. Die Partei, die einen Verkehrsanwalt an ihrem Wohnsitz und einen Prozessbevollmächtigten in der Nähe des Gerichtsortes eingeschaltet hat, ist so zu behandeln wie eine Partei, die einen Prozessbevollmächtigten an ihrem Wohnsitz beauftragt hat. Erstattungsfähig sind danach Verkehrsanwaltskosten bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten, die entstanden wären, wenn die Partei einen Prozessbevollmächtigten an ihrem Wohnort beauftragt hätte.
Normenkette
ZPO § 91
Verfahrensgang
LG Neuruppin (Beschluss vom 30.10.2007; Aktenzeichen 3 O 402/06) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 15.11.2007 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Neuruppin vom 30.10.2007 - 3 O 402/06 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise aufgehoben und aus Klarstellungsgründen wie folgt neu gefasst:
Auf Grund des von den Parteien vor dem LG Neuruppin geschlossenen Vergleichs vom 10.8.2007 sind von dem Kläger an Kosten 846,20 EUR (i.B. achthundertsechsundvierzig und 20/100 EUR) nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 13.9.2007 an die Beklagte zu erstatten.
Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens haben der Kläger 35 %, die Beklagte 65 % zu tragen. Die Gerichtskosten trägt der Kläger. Die Gerichtsgebühr wird auf die Hälfte ermäßigt.
Gründe
I. Der Kläger wohnt in L. Er beauftragte Rechtsanwälte in B. mit der Erhebung der Klage. An seinem Wohnort beauftragte er einen Verkehrsanwalt.
Die Parteien schlossen im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.8.2007 vor dem LG einen Vergleich, nach dessen Kostenregelung von den Kosten des Rechtsstreits der Kläger 75 % und die Beklagte 25 % zu tragen haben.
Der Rechtspfleger des LG hat mit Beschluss vom 30.10.2007 die von dem Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf insgesamt 1.053,49 EUR festgesetzt und dabei Kostenquoten von 78 % und 22 % zugrunde gelegt. Die vom Kläger neben den Kosten seiner Prozessbevollmächtigten angemeldeten Kosten für die Beauftragung des Verkehrsanwaltes i.H.v. 792,54 EUR hat er nicht berücksichtigt, wohl aber die Reisekosten seiner Prozessbevollmächtigten aus B. zum Termin zur mündlichen Verhandlung i.H.v. 72,67 EUR zzgl. Mehrwertsteuer.
Gegen diesen Beschluss, der ihm am 2.11.2007 zugestellt worden ist, wendet sich der Kläger mit seiner am 15.11.2007 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde. Zur Begründung hat er ausgeführt, die zur Ausgleichung angemeldeten Verkehrsanwaltskosten, zumindest jedoch die fiktiven Reisekosten des Klägers für drei Informationsfahrten zu einem Prozessbevollmächtigten am Gerichtsort, seien erstattungsfähig. Die fiktiven Informationsreisekosten hat der Kläger mit insgesamt 1.911,50 EUR beziffert. Die Beklagte ist der sofortigen Beschwerde entgegengetreten.
Der zuständige Rechtspfleger hat mit Beschluss vom 10.1.2008 dem Rechtsbehelf nicht abgeholfen und ihn dem OLG Brandenburg zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde ist gemäß den §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 und 2, 569 Abs. 1 ZPO zulässig. Der Wert der Beschwer beträgt für den Kläger 319,58 EUR (Differenz zwischen den gegen ihn festgesetzten Kosten und den Kosten, die gegen ihn hätten festgesetzt werden müssen, wenn alle in seinem Ausgleichungsantrag angeführten Kosten als erstattungsfähig angesehen worden wären) und übersteigt damit den Beschwerdewert von 200 EUR.
Die sofortige Beschwerde des Klägers ist teilweise begründet.
I. Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss hat schon deshalb teilweise keinen Bestand, weil das LG bei der Ausgleichung nicht die im Vergleich festgelegten Kostenquoten zugrunde gelegt hat, sondern Quoten, bei denen der Kläger mit 3 % zu viel belastet worden ist.
II. Unabhängig von der rechnerischen Korrektur musste der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss auch inhaltlich geändert werden.
1. Die dem Kläger tatsächlich entstandenen Verkehrsanwaltskosten sind im Rahmen der Ausgleichung zwar nicht erstattungsfähig.
Verkehrsanwaltskosten sind nur ausnahmsweise erstattungsfähig. Maßgeblich ist, ob die Partei nach ihren persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten in der Lage war, den Prozessbevollmächtigten selbst sachgemäß zu informieren. Hierbei ist auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen. Ausnahmsweise können Verkehrsanwaltskosten erstattungsfähig sein, wenn die Partei geschäftsungewandt, der Prozessstoff ungewöhnlich schwierig oder der unmittelbare Verkehr mit dem Prozessbevollmächtigten unmöglich oder unzumutbar erschwert ist. Solche, die Erstattungsfähigkeit der Verkehrsanwaltskosten begründenden besonderen Umstände sind hier nicht ersichtlich.
2. Jedoch können die Verkehrsanwaltskosten insoweit erstattet werden, als sie die fiktiven Reisekosten eines am Wohnort des Klägers ansässigen Rechtsanwalts nicht übers...