Tenor

1. Auf die Beschwerde des Nachlasspflegers werden der Beschluss des Amtsgerichts Schwedt/Oder vom 10.05.2023, Az. 8 VI 83/12 (2) und der Nichtabhilfebeschluss vom 13.06.2023 aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgerichts Schwedt/Oder - Nachlassgericht - zurückverwiesen.

2. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.

 

Gründe

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 05.08.2014 für die unbekannten Erben der am 10.12.1998 verstorbenen Erblasserin die Nachlasspflegschaft angeordnet und den Beschwerdeführer zum Nachlasspfleger mit dem Wirkungskreis "Sicherung und Verwaltung des Nachlasses" und "Erbenermittlung" bestellt. Er wurde am 05.08.2014 unter Aushändigung der Bestallungsurkunde zur treuen und gewissenhaften Führung des Amtes verpflichtet.

Ein Teil der Erben ist mittlerweile bekannt.

Die Erblasserin war Eigentümerin der im Grundbuch von C... in Bl ... und Bl ... eingetragenen Flurstücke.

Am 20.02.2023 beurkundete die Beteiligte zu 2 einen Kaufvertrag über die genannten Grundstücke zwischen den Verkäufern, bestehend aus R... B..., E... P..., B... P..., D... P... und M... F... und dem Beschwerdeführer, handelnd als Nachlasspfleger für die unbekannten Erben der H... A... und der Käuferin S... M... zu einem Kaufpreis von 161.000 EUR.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beglaubigte Abschrift der Kaufvertragsurkunde der Notarin ... vom 20.02.2023 (Urkundenverzeichnis Nr. 206 für 2023) Bezug genommen, Bl. 439 ff). 217 f.). Der Nachlasspfleger hat zugleich über den Notar das Amtsgericht mit Schreiben vom 27.03.2023 ersucht, die nachlassgerichtliche Genehmigung für den Kaufvertrag zu erteilen.

Mit Beschluss vom 10.05.2023 hat das Nachlassgericht Amtsgericht die beantragte nachlassgerichtliche Genehmigung versagt (Bl. 486). Zur Begründung hat es ausgeführt, Kernaufgabe des Nachlasspflegers sei die Sicherung und die Vermehrung des Nachlasses. Deshalb müsse ein sachlicher Grund für den Verkauf eines Nachlassgrundstückes vorliegen. Solche seien hier nicht gegeben, da der Nachlass über liquide Mittel verfüge, mit denen etwaige Verkehrssicherungspflichten oder Nachlassverbindlichkeiten erfüllt werden könnten.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Nachlasspflegers.

Es liege ein sachlicher Grund für den Verkauf vor, da Eigentümer des Grundstückes nicht nur die vom Nachlasspfleger vertretenen unbekannten Erben seien, sondern auch die bereits ermittelten Erben, die ein Interesse an der Auseinandersetzung hätten und diese verlangen könnten.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 13.06.2024 aus den im angefochtenen Beschluss genannten Gründen nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde des Nachlasspflegers führt zur Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidungen und zur Zurückverweisung der Sache von Amts wegen an das Nachlassgericht.

1. Nach § 69 Abs. 1 S. 2 FamFG kann das Beschwerdegericht die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges auch ohne Antrag eines Beteiligten zurückverweisen, wenn dieses in der Sache noch nicht entschieden hat. Ein solcher Fall liegt auch dann vor, wenn eine Sachentscheidung nicht in der gebotenen Weise umfassend getroffen ist (Sternal/Sternal, FamFG, 21. Aufl., § 69 Rn. 119), insbesondere wenn das Gericht verfahrensfehlerhaft einen Beteiligten im Sinne des § 7 FamFG nicht hinzugezogen hat (OLG Köln, FGPrax 2011, 104; OLG Düsseldorf, FamRZ 2020, 531; OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.06.2021 - 6 UF 79/21, BeckRS 2021, 114984; OLG Rostock, FamRZ 2022, 279; Sternal/Sternal, a.a.O.; Zöller/Feskorn, ZPO, 35. Aufl., § 69 FamFG Rn. 8; Prütting/Helms, FamFG, 6. Aufl., § 69 Rn. 9 m.w.N.). Denn dann kann die Entscheidung gegen den fehlerhaft nicht hinzugezogenen Beteiligten nicht wirksam werden, so dass ihm gegenüber auch keine Entscheidung in der Sache getroffen ist (OLG Köln, a.a.O.). Die Zurückverweisung ist auch sachgerecht, dient sie doch dazu, den Verlust einer Tatsacheninstanz für den nicht hinzugezogenen Betroffenen zu vermeiden (Sternal/Sternal, a.a.O.).

Hier fehlt es an einer Sachentscheidung, weil das Amtsgericht vor seiner Entscheidung die unbekannten Erben nicht angehört hat, die gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG als durch das Verfahren unmittelbar Betroffene hinzuzuziehen sind. Vor der Entscheidung über eine durch das Nachlassgericht gemäß §§ 1850 Nr. 1, 1888 BGB zu erteilende Genehmigung sind die Erben anzuhören (vgl. BVerfG, NJW 2000, 1709) bzw. ist über die Aufhebung der Nachlasspflegschaft zu entscheiden, wenn der Erbe bekannt ist und er die Erbschaft bereits angenommen hat (Staudinger/Mesina, BGB, Stand: 23.11.2022, § 1960 Rn. 42). Sind die Erben hingegen - wie hier - unbekannt, muss das Nachlassgericht einen Verfahrenspfleger bestellen, der für diese das rechtliche Gehör ausübt (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 07.09.2010 - 15 Wx 111/10, ZEV 2011...

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