Tenor
Auf die Beschwerde des Vaters wird der Beschluss des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel vom 14.04.2021 abgeändert.
Auf Antrag des Vaters wird die elterliche Sorge für das am 11.07.2011 geborene Kind F... K ... beiden Eltern gemeinsam übertragen.
Die Gerichtskosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz haben die Eltern je zur Hälfte zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert wird auf 4.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde ist begründet. Die Voraussetzungen für die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge liegen (jedenfalls jetzt) vor.
1. Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen), wenn sie einander heiraten oder soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt, § 1626a Abs. 1 BGB. Gemäß § 1626a Abs. 2 Satz 1 BGB überträgt das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Trägt der andere Elternteil keine Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, und sind solche Gründe auch sonst nicht ersichtlich, wird vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht, § 1626a Abs. 2 Satz 2 BGB.
2. Ob im vorliegenden Fall die Vermutung greift, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht oder ob das Amtsgericht aufgrund weiterer Ermittlungen - hier sogar unter Einholung eines familienpsychologischen Sachverständigengutachtens - zutreffend zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Voraussetzungen für die gemeinsame elterliche Sorge nicht vorliegen, kann dahinstehen.
Denn jedenfalls jetzt im Beschwerdeverfahren, nachdem der Vater eine Sorgerechtsvollmacht vorgelegt hat, ist beiden Eltern die elterliche Sorge gemeinsam zu übertragen.
3. Auch bei der "negativen" Kindeswohlprüfung nach § 1626a Abs. 2 Satz 1 BGB ist vorrangiger Maßstab für die Entscheidung das Kindeswohl. Notwendig ist die umfassende Abwägung aller für und gegen die gemeinsame Sorge sprechenden Umstände. Dafür gelten die zur Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB entwickelten Grundsätze (BGH, Beschluss vom 15.06.2016 - XII ZB 419/15 Rn. 13 ff., NJW 2016, 2497).
Gründe, die der gemeinsamen elterlichen Sorge im Sinne von § 1626a Abs. 2 Satz 2 BGB entgegenstehen können, sind bereits dann gegeben, wenn sich aus den dem Gericht dargelegten oder sonst ersichtlichen konkreten tatsächlichen Anhaltspunkten die Möglichkeit ergibt, dass die gemeinsame elterliche Sorge nicht mit dem Kindeswohl vereinbar ist. Unbeachtlich sind dagegen Umstände, die keinen Bezug zum konkreten Fall oder dem Wohl des Kindes aufweisen. Es genügt aber, wenn konkrete tatsächliche Umstände dargelegt werden oder erkennbar sind, die ein Indiz gegen die gemeinsame elterliche Sorge sein können. Liegen hinreichende Anhaltspunkte vor, löst dies die Amtsermittlungspflicht aus und führt zur im normalen Sorgerechtsverfahren durchzuführenden umfassenden Prüfung (BGH, Beschluss vom 15.06.2016 - XII ZB 419/15 Rn. 32, NJW 2016, 2497). Erst wenn sich nach erschöpfender Sachaufklärung nicht feststellen lässt, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl widerspricht, ergibt sich aus der negativen Formulierung der Kindeswohlprüfung die (objektive) Feststellungslast dahin, dass im Zweifelsfall die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Eltern gemeinsam auszusprechen ist (BGH, Beschluss vom 15.06.2016 - XII ZB 419/15 Rn. 38, NJW 2016, 2497). Bei der Entscheidung über die Anordnung oder Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge ist zu berücksichtigen, wenn es im Verhältnis der Eltern an einer Grundlage für ein Zusammenwirken im Sinne des Kindeswohls fehlt. Ein nachhaltiger und tiefgreifender Elternkonflikt kann zur Folge haben, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl widerspricht (BGH, Beschluss vom 15.06.2016 - XII ZB 419/15 Rn. 21, NJW 2016, 2497). Das Vorliegen eines Elternkonflikts oder die Ablehnung der gemeinsamen elterlichen Sorge durch die Mutter sprechen für sich genommen allerdings noch nicht gegen die gemeinsame elterliche Sorge. Allein die Verweigerungshaltung eines Elternteils ist kein entscheidender Gesichtspunkt dafür, dass die Beibehaltung oder Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl widerspricht. Dass Eltern in Einzelfragen verschiedener Meinung sind und ihre Meinungsverschiedenheiten im Einzelfall streitig ausgetragen haben, genügt ebenfalls nicht, um die gemeinsame elterliche Sorge abzulehnen. Es gehört zur Normalität im Eltern-Kind-Verhältnis, dass sich in Einzelfragen die für das Kind beste Lösung erst aus Kontroversen herausbildet. Hierdurch können sogar mehr Argumente abgewogen werden als bei Alleinentscheidungen und s...