Verfahrensgang

LG Cottbus (Entscheidung vom 30.06.2006; Aktenzeichen 4 O 97/06)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus - Einzelrichter - vom 30. Juni 2006, Az 4 O 97/06, wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Wert des Beschwerdegegenstands: 4.500,00 EUR.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin wurde bei einem Verkehrsunfall vom 26.08.2005 verletzt. Sie beabsichtigt die Antragsgegner - die Antragsgegnerin zu 1) als Fahrerin des am Verkehrsunfall beteiligten PKW, die Antragsgegnerin zu 2) als Haftpflichtversicherer - auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Mit der von ihr angestrebten Klage will sie Ersatz für materielle und immaterielle Schäden sowie die Feststellung der Ersatzpflicht der Antragsgegner für künftige Schäden erreichen. Sie hält die Antragsgegner für in vollem Umfang einstandspflichtig. Die Erhebung der Klage hat sie von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe abhängig gemacht.

Die Antragstellerin wollte mit ihrem Fahrrad die P... in C... überqueren, nachdem sie zuvor aus Richtung F...-Straße gekommen war. Sie meint, aufgrund der an der Unfallstelle befindlichen Beschilderung vorfahrtsberechtigt gewesen zu sein; die Antragsgegnerin als PKW-Fahrerin trage mithin wegen eines Verstoßes gegen das Vorfahrtsrecht der Antragstellerin das alleinige Verschulden am Zustandekommen des Unfalls.

Die Antragsgegner sind der Auffassung, die Antragstellerin habe die Kollision alleine verschuldet. Sie habe unachtsam die Straße überquert, ohne dass ihr ein Vorrecht zugestanden habe. Zwar sei der Unfall für die Antragsgegnerin zu 1) möglicher Weise nicht vermeidbar gewesen. In jedem Falle überwiege aber das Verschulden der Antragstellerin derart, dass eine Haftung der Antragsgegner aus Betriebsgefahr dahinter zurücktrete.

Das Landgericht hat durch den angefochtenen Beschluss den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Es hat dabei ausgeführt, die Antragstellerin habe den Unfall unter Missachtung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften verursacht. Sie sei mit dem Fahrrad fahrend auf dem Gehweg der F...-Straße gefahren, und zwar auf dem für ihre Fahrtrichtung linken Gehweg, ohne dass das Fahren auf dem Gehweg mit einem Fahrrad aufgrund der - lediglich an anderer Stelle vorhandenen - Beschilderung erlaubt gewesen sei. Sodann sei sie unter Verstoß gegen § 10 Satz 1 StVO vom Gehweg als einem anderen Straßenteil im Sinne des § 10 StVO auf die Fahrbahn der P... gefahren, um diese zu queren. Dabei habe sie den Querverkehr und damit die Antragsgegnerin zu 1) nicht beachtet. Besondere Sorgfalt der Antragstellerin sei auch deshalb geboten gewesen, weil der Gehweg über einen abgesenkten Bordstein zur die Straße führe, die Antragstellerin somit von einer Grundstückseinfahrten gleichgestellten Verkehrsfläche auf die Straße gefahren sei. Die Antragsgegnerin zu 1) sei gegenüber der Antragstellerin nicht wartepflichtig gewesen, da das aus ihrer Fahrtrichtung gesehen kurz vor der Unfallstelle aufgestellte Verkehrszeichen 205 zu § 41 StVO (Vorfahrt gewähren) lediglich das Verhältnis zwischen den Verkehrsteilnehmern der P... und der auf der F...-Straße fahrenden Straßenbahn regele.

Gegen den ihr am 10.07.2006 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 18.07.2006 sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie weiterhin die Gewährung von Prozesskostenhilfe begehrt. Sie macht mit dem Beschwerdevorbringen geltend, sie habe den Gehweg nicht mit dem Fahrrad fahrend benutzt und sie sei nicht an der Stelle auf die P... gefahren, wo sich der abgesenkte Bordstein befindet. Das an der F...-Straße befindliche Zeichen 205 habe ihr im Verhältnis zur Antragsgegnerin zu 1) das Vorfahrtsrecht eingeräumt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt (§§ 127 Abs. 2, 567, 569 ZPO). In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht gemäß § 114 ZPO den Antrag auf Prozesskostenhilfe zurück gewiesen, da die von der Antragstellerin beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg bietet. Die Antragsgegner sind für die Folgen des Verkehrsunfalls nicht einstandspflichtig, da für die Kollision ein alleiniges Verschulden der Antragstellerin ursächlich war, hinter dem die vom Fahrzeug der Antragsgegnerin zu 1) ausgehende Betriebsgefahr zurück tritt.

Die Antragsgegnerin zu 1) hat nicht gegen Zeichen 205 zu § 41 StVO verstoßen. Gemäß § 41 Abs. 2 Nr. 1 b) StVO gebietet das unmittelbar vor einer Kreuzung oder Einmündung aufzustellende Schild "Vorfahrt gewähren", dass der Verkehrsteilnehmer an der betreffenden Kreuzung oder Einmündung Vorfahrt zu gewähren hat.

Das Vorfahrtsrecht regelt jedoch nur das Verhältnis der Verkehrsteilnehmer im Kreuzungs- bzw. Einmündungsbereich. Diese Fläche wird begrenzt durch die Fluchtlinien beider Fahrbahnen einschließlich der Radwege (BGH DB 71, 720; BGHSt 20, 238; BGHSt 34, 127...

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