Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Anordnung: Fehlende Beschwerdebegründung im Zusammenhang mit einem Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts
Leitsatz (redaktionell)
1. Auch wenn eine Beschwerdebegründung aufgrund der gesetzlichen Neuregelung des § 65 FamFG grundsätzlich nicht zwingend vorgeschrieben ist, kann sie jedoch regelmäßig erwartet werden. Ihr Fehlen lässt jedenfalls im einstweiligen Anordnungsverfahren nach Ablauf von mehr als sechs Wochen nach Einlegung des Rechtsmittels zumindest Zweifel an der Eilbedürftigkeit der verlangten Maßnahme aufkommen.
2. Beruht ein überwiegender Erziehungsanteil eines Elternteils während eines bestimmten Zeitraums darauf, dass das Kind entgegen einer Absprache zwischen den Eltern nicht an den anderen Elternteil herausgegeben wurde, rechtfertigt dieser Umstand nicht, dass der die Herausgabe verweigernde Elternteil sich für diesen Zeitraum auf den Kontinuitätsgrundsatz beruft.
3. Kindeswille und gefühlsmäßige Bindungen sind bei einem zwei Jahre und zehn Monate alten Kind weder verlässlich zu ermitteln noch ausschlaggebend.
Normenkette
BGB § 1671 Abs. 2 Nr. 2; FamFG §§ 49, 65
Verfahrensgang
AG Cottbus (Beschluss vom 02.03.2010) |
Tenor
1. Der Antrag des Kindesvaters auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens vom 6.5.2010 wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde des Kindesvaters vom 9.3.2010 gegen den der Kindesmutter im Wege einstweiliger Anordnung das (alleinige) Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind S. K., geboren am ... September 2007, vorläufig übertragenden Beschluss des AG Cottbus vom 2.3.2010 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Kindesvater auferlegt.
Der Beschwerdewert beträgt 1.500 EUR.
3. Der Kindesmutter wird im Hinblick auf ihren Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren vom 12.4.2010 aufgegeben, binnen zwei Wochen einen vollständigen Nachweis ihrer Wohnkosten vorzulegen und sich zu der offenbar bei der ... Versicherung gehaltenen Lebensversicherung zu erklären.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1. und 2. haben bis November 2008 in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammengelebt, aus der ihr Sohn S. K., geboren am ... September 2007, hervorgegangen ist. Aufgrund einer Erklärung nach § 1626a Abs. 1 Ziff. 1 BGB haben sie das Sorgerecht für ihren Sohn bislang gemeinsam ausgeübt.
Die letzte gemeinsame Wohnung der Kindeseltern befand sich in R ...; nach der Trennung im November 2008 lebten sie dort in getrennten Wohnungen, wobei S. im mütterlichen Haushalt wohnte. Während der berufsbedingten Abwesenheit der Kindesmutter wurde der Sohn in deren Wohnung vom Vater, der keiner Erwerbstätigkeit nachging, betreut. Im November 2009 zogen die Kindeseltern nach ... bzw. P ... um. Der Kindesvater hielt sich zunächst in der Wohnung seiner Mutter auf und wechselte dann in den Haushalt seines Bruders und dessen Familie, wo ihm zwei 23 und 11 m2 große (nicht vom übrigen Wohnbereich abgeschlossene) Räume zur Verfügung stehen. Die Kindesmutter bezog eine eigene Zweizimmerwohnung mit einer Wohnfläche von knapp 50 m2. Unmittelbar nach dem Umzug wurde S. zunächst vom Vater betreut. Weitere Absprachen über den zukünftigen Lebensmittelpunkt des Kindes sind zwischen den Eltern umstritten. Bis zum Jahresende 2009 hielt sich das Kind überwiegend beim Vater auf, hatte jedoch auch Umgangskontakte zur Mutter. Anfang Januar 2010 wandte sich die Kindesmutter mit der Bitte um Beratung und Vermittlung an das Jugendamt der Stadt ... mit dem Ziel, den Lebensmittelpunkt des Kindes zukünftig bei ihr festzulegen. Ein Vermittlungsgespräch des Jugendamtes am 18.1.2010 mit beiden Elternteilen führte diesbezüglich zu keinem Einvernehmen. Daraufhin beantragte die Kindesmutter mit Antragsschrift vom 22.1.2010 beim AG Cottbus den Erlass einer einstweiligen Anordnung bezüglich der Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechtes für S. auf sie.
Zur Begründung ihres Begehrens gab sie an, mit dem Kindesvater anlässlich des Umzuges eine Absprache dahingehend getroffen zu haben, dass der Sohn nur so lange beim Vater bleiben und von diesem betreut werden sollte, bis sie die Umzugsformalien erledigt und ihre neue Wohnung eingerichtet hatte. Nachdem dies inzwischen geschehen sei, verweigere der Vater jedoch die endgültige Herausgabe des Kindes.
Der Kindesvater trat dem entgegen und beantragte seinerseits die Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechtes für das Kind auf sich. Eine Übereinkunft zum zukünftigen Lebensmittelpunkt des Jungen, wie von der Kindesmutter dargestellt, bestritt er. Diese arbeite im Schichtdienst in einem Callcenter, weshalb der Junge von ihm, der noch arbeitsuchend sei, gegebenenfalls mit Hilfe seiner im selben Haus lebenden Schwägerin besser betreut werden könne. Die Herausgabe des Kindes habe er zu keiner Zeit verweigert, sondern vielmehr der Kindesmutter großzügig Umgang gewährt. Schon während des Aufenthaltes in R. sei der Junge auch nach Trennu...