Leitsatz (amtlich)

Die Beeinträchtigung eines Rechts i.S.v. § 59 FamFG setzt voraus, dass ein unmittelbarer, nachteiliger Eingriff in ein dem Beschwerdeführer zustehendes subjektives Recht durch die Entscheidung erfolgt ist. Die in einem Teilbeschluss vorgenommene Feststellung, dass ein verstorbener Mann nicht der Vater des Antragstellers ist, greift nicht in subjektive Rechte der Rechtsnachfolger des verstorbenen Mannes ein.

 

Normenkette

FamFG §§ 59, 184

 

Verfahrensgang

AG Bernau (Aktenzeichen 6 F 240/12)

 

Tenor

Die Beschwerden der Beteiligten zu 4. und 5. gegen den Teilbeschluss des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 16. Oktober 2015 werden als unzulässig verworfen.

Die zweitinstanzlichen Kosten tragen die Beteiligten zu 4., 5. und 6. zu 1/3 gesamtschuldnerisch und die Beteiligten zu 4. und 5. zu weiteren 2/3 gesamtschuldnerisch.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.000 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Im vorliegenden Abstammungsverfahren begehrt der Antragsteller die Feststellung, dass Herr O... S... nicht sein Vater ist, sondern Herr T... R....

Mit Teilbeschluss vom 16.10.2015 hat das Amtsgericht Bernau bei Berlin festgestellt, dass der Antragsteller nicht das Kind des am ....11.1960 geborenen und am 20.6.1996 verstorbenen O... S... ist. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgenannten Teilbeschluss Bezug genommen.

Die Beteiligten zu 4. und 5., Mutter und Schwester des am 2.4.2010 verstorbenen T... R..., beantragen mit ihrer Beschwerde vom 20.11.2015, den Teilbeschluss des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 16.10.2015 aufzuheben. Die Beteiligte zu 6. hat ihre Beschwerde vom 10.11.2015, mit der sie ebenfalls die Aufhebung des Teilbeschlusses verfolgt hat, zurückgenommen.

II.

1. Die Beschwerden, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, sind unzulässig. Denn den Beteiligten zu 4. und 5. mangelt es an einer Beschwerdeberechtigung. Gemäß § 59 Abs. 1 steht die Beschwerde nur demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Beeinträchtigung eines Rechts setzt voraus, dass ein unmittelbarer, nachteiliger Eingriff in ein dem Beschwerdeführer zustehendes subjektives Recht durch die Entscheidung erfolgt ist (Borth/Grandel in Musielak/Borth, FamFG, 5. Aufl., § 59 Rn. 2). Die Feststellung, dass Herr O... S... nicht der Vater des Antragstellers ist, greift nicht in subjektive Rechte der Beschwerdeführerinnen als Rechtsnachfolgerinnen des angeblichen biologischen Vaters ein, worauf der Senat bereits mit Verfügung vom 29.8.2016 hingewiesen hat. Der angefochtene Teilbeschluss wirkt sich nur mittelbar auf die Belange der Beschwerdeführerinnen aus und stellt keine unmittelbare Beeinträchtigung eigener Rechte dar.

Eine Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 4. und 5. ergibt sich auch nicht aus § 184 Abs. 3 FamFG. Nach dieser Vorschrift steht zwar gegen Endentscheidungen in Abstammungssachen auch demjenigen die Beschwerde zu, der an dem Verfahren beteiligt war oder zu beteiligen gewesen wäre. § 184 Abs. 3 FamFG stellt sicher, dass die nach § 172 FamFG zu beteiligenden Personen unabhängig von einer Verletzung in eigenen Rechten Beschwerde einlegen können (Schlemm in Bahrenfuss, FamFG, 2. Aufl., § 184 Rn. 5; Löhnig in Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, 2. Aufl., § 184 Rn. 7; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl. § 184 Rn. 3). Insbesondere für die Mutter, die durch den in Abstammungssachen ergangenen Beschluss nicht zwingend unmittelbar in ihren Rechten beeinträchtigt ist, bedeutet § 184 Abs. 3 FamFG daher eine Erweiterung der allgemeinen Regelung. Andere Personen, die durch den Beschluss nur mittelbar in ihren Rechten beeinträchtigt sind, sind aber nicht beschwerdebefugt (BTDrs. 16/9733, 295; Zöller/Greger, a. a. O. § 184 Rn. 3), auch wenn sie in erster Instanz beteiligt wurden (Borth/Grandel in Musielak/Borth, FamFG, 5. Aufl., § 184 Rn. 12). Soweit teilweise die Auffassung vertreten wird, die Regelung des § 184 Abs. 3 FamFG bewirke in Abstammungssachen eine Erweiterung der Beschwerdeberechtigung dahingehend, dass jedem Beteiligten des Abstammungsverfahrens unabhängig von einer Verletzung in eigenen Rechten oder der Zurückweisung eines eigenen Antrags ein eigenes Beschwerderecht zustehe (Grün in Heilmann, Praxiskommentar Kindschaftsrecht, 1. Aufl., § 184 FamFG Rn. 9), kann dem aus den genannten Gründen nicht gefolgt werden.

Der potentielle biologische Vater ist vom Gesetzgeber bewusst nicht in § 172 Abs. 1 FamFG aufgenommen worden. Er ist auch nicht am (erfolgreichen) Anfechtungsverfahren gegen den rechtlichen Vater zu beteiligen, weil sich die Entscheidung nicht unmittelbar auf seine Rechtstellung auswirkt (Borth/Grandel, a.a.O., FamFG, 5. Aufl. § 172 Rn. 1).

Der Umstand, dass die angefochtene Entscheidung formal unter Beteiligung der Beschwerdeführerinnen ergangen ist, weil das Anfechtungs- und Statusverfahren nicht getrennt geführt wurden, führt nicht dazu, dass sie beschwerdeberechtigt sind (vgl. OLG München, Beschluss vom ...

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