Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestellung des Jugendamts zum Ergänzungspfleger für Erbausschlagung; Ergänzungspflegschaft: Aufgabenkreis im Zusammenhang mit der Genehmigung der Ausschlagung einer Erbschaft
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Anordnung von Ergänzungspflegschaft, damit ein Kind im Verfahren zur Genehmigung einer Erbschaftsausschlagung vertreten werden kann, handelt es sich um eine Endentscheidung, gegen die die Beschwerde stattfindet.
2. Der Aufgabenkreis einer angeordneten Ergänzungspflegschaft kann sich auf die Zustellung des Beschlusses, mit dem das AG über die von der sorgeberechtigten Mutter beantragte Genehmigung der Erbschaftsausschlagung entscheidet sowie die Ausübung des diesbezüglichen Beschwerderechts des Kindes beschränken, da die Bekanntgabe der familiengerichtlichen Genehmigung der Erbausschlagung an den sorgeberechtigten Elternteil nicht den Anforderungen des § 41 Abs. 3 FamFG genügt.
Normenkette
FamFG § 9 Abs. 1-2, § 41 Abs. 1, 3; BGB § 1643 Abs. 2 S. 1, § 1791b Abs. 1, §§ 1909, 1915 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 18.07.2011) |
AG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 14.06.2011) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. werden die Beschlüsse des AG Frankfurt/O. vom 14.6.2011 und 18.7.2011 teilweise abgeändert. Der Wirkungskreis der angeordneten Ergänzungspflegschaft wird auf die Entgegennahme der Zustellung des Beschlusses, mit dem das AG über die von der Beteiligten zu 1. beantragte Genehmigung zur Ausschlagung der Erbschaft seines am 14.4.1935 geborenen und am 10.5.2010 verstorbenen Großvaters, Herrn W. B., entscheidet, sowie die Ausübung des diesbezüglichen Beschwerderechts des Kindes beschränkt.
Für das Beschwerdeverfahren werden Gerichtskosten nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das Verfahren betrifft die Bestellung des Jugendamts zum Ergänzungspfleger für einen Minderjährigen in einer Erbschaftsausschlagungssache.
Das betroffene Kind N. Z., geboren am ... 8.2010, wird von der allein sorgeberechtigten Mutter, der Beteiligten zu 1., gesetzlich vertreten. Der Vater des Kindes, Herr B., hat als vorrangiger gesetzlicher Erbe die Erbschaft seines am 14.4.1935 geborenen und am 10.5.2010 verstorbenen Vaters, Herrn W. B., ausgeschlagen. Diese ist daraufhin dem betroffenen Kind angefallen. Die Mutter hat die Erbschaft als gesetzliche Vertreterin von N. ausgeschlagen und beim AG die Genehmigung der Erbschaftsausschlagung beantragt.
Die Rechtspflegerin des AG hat mit Beschluss vom 14.6.2011 gem. § 1909 BGB für das Kind N. Ergänzungspflegschaft mit dem Wirkungskreis "Wahrung der Rechte des minderjährigen Kindes in dem Genehmigungsverfahren betreffend die Erbausschlagung nach W. B., geb. am 14.4.1935, verstorben am 10.5.2010" angeordnet und das Jugendamt der Stadt F. zum Ergänzungspfleger bestellt. Dagegen hat die Mutter - entsprechend der Rechtsmittelbelehrung des AG - Erinnerung eingelegt, die die Rechtspflegerin nach ihrer Nichtabhilfeentscheidung vom 11.7.2011 dem Amtsrichter zur Entscheidung vorgelegt hat. Mit Beschluss vom 18.7.2011 hat das AG die Erinnerung der Mutter gegen die Ergänzungspflegerbestellung zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Gegen den am 20.7.2011 zugestellten Beschluss hat die Mutter unter dem 22.7.2011 Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der sie geltend macht, sie sei nicht aufgrund eines Interessenkonflikts an der Vertretung ihres Kindes bei der Erbschaftsausschlagung gehindert.
II. Das zulässige Rechtsmittel ist in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang begründet.
1. Das Rechtsmittel der Mutter ist - auch unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes der Meistbegünstigung - statthaft, weil das AG (nach unzutreffender Rechtsmittelbelehrung) fehlerhaft über die als Erinnerung zu behandelnde Beschwerde der Mutter entschieden und gegen den die Erinnerung zurückweisenden Beschluss vom 18.7.2011 die Rechtsbeschwerde zugelassen hat.
Bei der Anordnung von Ergänzungspflegschaft, damit das Kind im Verfahren zur Genehmigung einer Erbschaftsausschlagung vertreten werden kann, handelt es sich um eine Endentscheidung, mit der das entsprechende Verfahren abgeschlossen wird. Hiergegen findet die Beschwerde nach §§ 58 Abs. 1, 68 Abs. 1 Satz 2 FamFG statt, ohne dass eine Abhilfemöglichkeit des für die Ergänzungspflegerbestellung zuständigen Rechtspflegers möglich ist (§§ 58 Abs. 1, 68 Abs. 1 Satz 2 FamFG) (vgl. hierzu z.B. BGH, Beschl. v. 23.11.2011 - XII ZB 293/11, juris; OLG Köln FamRZ 2012, 42; ZEV 2011, 595; OLG Celle FamRZ 2011, 1304; KG FamRZ 2010, 1998).
Der angefochtene Beschluss des AG vom 18.7.2011 ist formell fehlerhaft, weil nicht das AG, sondern das OLG über die als Beschwerde zu behandelnde Erinnerung der Beteiligten zu 1. zu entscheiden hatte. Weil das AG jedoch fehlerhaft über das eingelegte Rechtsmittel entschieden und die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, ist das von der der Beteiligten zu 1. form- und fristgerecht eingelegte Rechtsmittel gegen den Be...