Leitsatz (amtlich)

Stehen dem Verfahrenspfleger Büroräume für die Anhörung zur Verfügung, so ist es aus Kostengründen regelmäßig geboten, das Kind in den eigenen Büroräumen anzuhören. Eine vergütungsfähige Anhörung im elterlichen Haushalt kommt nur in besonders gelagerten, durch den Verfahrenspfleger substantiiert darzulegenden Fällen in Betracht.

 

Verfahrensgang

AG Oranienburg (Beschluss vom 17.01.2006; Aktenzeichen 33 F 131/04)

 

Tenor

In teilweiser Abänderung der angefochtenen Entscheidung werden die Vergütung und der Aufwendungsersatz der Beschwerdeführerin auf weitere 7,24 EUR, insgesamt daher 344,95 EUR, festgesetzt.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

Die gem. §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 S. 3, 56g Abs. 5 S. 1 FGG statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache nur geringen Erfolg, im Übrigen bleibt sie ohne Erfolg. Das AG hat mit im Wesentlichen zutreffenden Erwägungen die über insgesamt 506,56 EUR gestellte Kostenrechnung der Verfahrenspflegerin vom 4.4.2005 (Bl. 58 d.A.) gekürzt.

1. Allgemeines

Dem Verfahrenspfleger steht nach §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 FGG, 1908i Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen entsprechend §§ 1835 Abs. 1 und 4 BGB und eine Vergütung entsprechend §§ 1836a BGB, 1 BVormVG zu. Dieser Ersatzanspruch bezieht sich jedoch nur auf diejenigen Zeiten und Aufwendungen, die Tätigkeiten betreffen, die der Erfüllung der vom Gesetz dem Verfahrenspfleger zugewiesenen Aufgaben dienen (BVerfG FPR 2004, 622 [624]; OLG Oldenburg v. 22.3.2004 - 12 WF 141/03, 12 WF 142/03, OLGReport Oldenburg 2004, 588 = FamRZ 2005, 391; BT-Drucks. 13/7158, 15). Vergütet wird zudem nur der für die Erfüllung der Aufgaben notwendige Zeitaufwand, gemessen daran, was ein sorgfältig arbeitender, gewissenhafter Verfahrenspfleger zur Wahrnehmung seiner Aufgaben als notwenig ansehen würde. Nach diesen Maßstäben ist der geltend gemachte (Zeit-)Aufwand einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen (OLG Oldenburg v. 22.3.2004 - 12 WF 141/03, 12 WF 142/03, OLGReport Oldenburg 2004, 588 = FamRZ 2005, 391; st. Rspr. des Senats, OLG Brandenburg FGPrax 2004, 73 [74]; ZfJ 2002, 233; FPR 2002, 280; v. 22.11.2000 - 9 WF 218/00, FamRZ 2001, 692).

Nach § 50 Abs. 1 FGG hat das Gericht dem minderjährigen Kind einen Pfleger für ein seine Person betreffendes Verfahren zu bestellen, sobald dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Dies lässt erkennen, dass der Verfahrenspfleger für die Durchführung des gerichtlichen Verfahrens an die Stelle des gesetzlichen Vertreters des Kindes tritt und an dessen Stelle die Kindesinteressen in das Verfahren einzubringen hat. Der Verfahrenspfleger hat also nur das eigene Interesse des Kindes zu erkennen und zu formulieren (ausdrücklich BVerfG v. 29.10.1998 - 2 BvR 1206/98, MDR 1999, 99 = FamRZ 1999, 85 [87]); er hat darauf hinzuwirken, dass das Verfahren - soweit dies möglich ist - kindgerecht gestaltet wird und dem Kind in dem Verfahren bei Bedarf zur Seite zu stehen (BT-Drucks. 13/4899, 130). All dies charakterisiert den Verfahrenspfleger als subjektiven Interessenvertreter des Kindes; seine Aufgabenstellung in dem Verfahren ist derjenigen eines Rechtsanwaltes als Verfahrensbevollmächtigtem vergleichbar. Es ist dagegen nicht seine Aufgabe, als "reiner Parteivertreter" sich an der Erforschung der dem objektiven Kindeswohl am besten dienenden Entscheidung zu beteiligen; insb. hat er keine über die bloße Ermittlung des Kindeswillens hinausgehenden Ermittlungen anzustellen (OLG Brandenburg v. 22.11.2000 - 9 WF 218/00, FamRZ 2001, 692).

2. Kopieren/Anlegen der Akte

Zu Recht hat das AG die Vergütung dieser Tätigkeiten abgelehnt.

a) Die Vergütung mit einem Stundensatz erfasst auch die Abgeltung anteiliger allgemeiner (sachlicher und personeller) Bürokosten des Berufsbetreuers (OLG Brandenburg FÜR 2002, 280 [281], m.w.N.). Dies betrifft auch das Anlegen von Ordnern (Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl. 2000, § 1835 Rz. 8); Derartiges ist nicht gesondert zu erstatten.

b) Soweit sich die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Vergütungsfähigkeit dieser Tätigkeiten auf die - bereits vorstehend herangezogene - Entscheidung des BVerfG (BVerfG FPR 2004, 622 ff.) bezieht, geht diese Ansicht fehl. Das BVerfG hat ausdrücklich allein die Vergütungsfähigkeit für Gespräche mit den Kindern, das Studium der Gerichtsakten, die Fertigung der an das Gericht gerichteten Schriftsätze sowie die Teilnahme an gerichtlichen Verhandlungen behandelt (BVerfG FPR 2004, 622 [624]). Dass auch das Kopieren der Akte bzw. das Anlegen der Handakte des Verfahrenspflegers gesondert vergütungsfähig sei, hat das BVerfG dagegen nicht angeführt.

Soweit die dem BVerfG zugrunde liegende Entscheidung des KG (KG, Beschl. v. 15.2.2002 - 19 WF 287/01) möglicherweise eine Vergütungsfähigkeit bejaht hat, was insb. aus der durch die Verfahrenspflegerin eingereichte Kopie der vollständigen Entscheidung des BVerfG (vgl. dazu Bl. 82 d.A.) hervorgehen könnte, steht dies der durch den Senat in s...

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