Verfahrensgang
AG Lübben (Aktenzeichen 40 OWi 863/04) |
Tenor
Das Verfahren wird wegen Verjährung eingestellt.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die dem Betroffenen darin entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Gründe
Das Amtsgericht setzte gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 55 km/h, begangen am 27. Mai 2004 auf einer Autobahn, ein Bußgeld von 165,00 EUR fest und ordnete gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat an. Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Sachrüge erhebt und geltend macht, die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit sei verjährt.
Mit einem Schreiben vom 2. Juli 2004 zeigte der Verteidiger der Bußgeldstelle an, dass ihn der Betroffene "mit seiner anwaltlichen Beratung und Vertretung beauftragt" habe, und legte zugleich eine Vollmacht vor, die als "außergerichtliche Vollmacht" überschrieben und von dem Betroffenen wegen einer "Bußgeldangelegenheit vom 27. Mai 2004" erteilt worden war. In der Vollmachtsurkunde heißt es weiter:
"Die Vollmacht ermächtigt insbesondere
1.
zu außergerichtlichen Verhandlungen aller Art, zum Abschluß eines Vergleichs zur Vermeidung eines Rechtsstreits;
2.
in Unfallsachen zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen Schädiger, Fahrzeughalter und deren Versicherer;
3.
zur Entgegennahme von Zahlungen, Wertsachen und Urkunden;
4.
zur Stellung von Strafanträgen sowie zu deren Rücknahme, zur Vertretung als Nebenkläger in einem Strafverfahren;
5.
zur Akteneinsicht;
6.
zur Begründung und Aufhebung von Vertragsverhältnissen, zur Abgabe und Entgegennahme von einseitigen Willenserklärungen (z. b. Kündigungen) in Zusammenhang mit der oben unter "wegen ..." genannten Angelegenheit."
Am 8. Juli 2004 ordnete die Bußgeldstelle die schriftliche Anhörung des Betroffenen an, am 31. August 2004 stellte sie den Bußgeldbescheid dem Rechtsanwalt zu; dem Betroffenen wurde der Bescheid nur formlos zur Kenntnis gegeben.
Das Verfahren war wegen Verjährung einzustellen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 206 a StPO); die Verjährung ist am 8. Oktober 2004 eingetreten. Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg hat hierzu in ihrer Stellungnahme folgendes ausgeführt:
"Die Verfolgungsverjährung beträgt bei einem Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung nach §§ 24, 26 Abs. 3 StVG grundsätzlich drei Monate, beginnend mit dem Vorfallsdatum, es sei denn der Verlauf der Verjährungsfrist ist durch eine der in § 33 OWiG genannten Maßnahmen unterbrochen worden. Vorliegend ist die dreimonatige Verjährungsfrist gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG am 8. Juli 2004 durch den dem Betroffenen übersandten Anhörungsbogen unterbrochen worden, jedoch hat eine zweite Unterbrechung der Verjährungsfrist nicht stattgefunden, so dass Verjährungsfrist nunmehr am 8. Oktober 2004 endete. Der weitere Verlauf der Verjährungsfrist ist in der Folgezeit auch nicht gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG durch den Erlass des Bußgeldbescheides unterbrochen worden, da dieser nicht innerhalb von zwei Wochen wirksam zugestellt worden ist. Die von der Verwaltungsbehörde am 31. August 2004 bewirkte Zustellung an Rechtsanwalt ... erweist sich als unwirksam. Gemäß § 51 Abs. 3 OWiG gilt der gewählte Verteidiger, dessen Vollmacht sich bei den Akten befindet, als ermächtigt, Zustellungen in Empfang zu nehmen. Bei der zur Akte gereichten Vollmacht handelt es sich jedoch ausdrücklich nicht um eine Verteidigervollmacht, sondern um eine außergerichtliche Vollmacht, die weder zur Entgegennahme von Zustellungen noch zur Vertretung in Ordnungswidrigkeitenverfahren ermächtigt. Zwar ist die Vollmacht nicht an eine besondere Form gebunden, sie muss jedoch eindeutig sein. Dies zeigt allein schon den Wortlaut des § 51 Abs. 3 OWiG, der ausdrücklich auf einen Verteidiger abhebt. Eine solche Stellung erschließt sich jedoch weder aus der Vollmacht noch aus dem begleitenden Schreiben vom 2. Juli 2004, in dem es heißt, dass der Betroffene Rechtsanwalt ... lediglich mit seiner anwaltlichen Beratung und Vertretung beauftragt habe. Die Bußgeldstelle hätte daher nicht an die Anwaltskanzlei, sondern an den Betroffenen zustellen müssen (sh. hierzu OLG Hamm, Beschluss vom 27. November 2003 - 2 Ss 647/03 -). Dass Rechtsanwalt ..., der seine Vollmacht offensichtlich an den vorbezeichneten Beschluss orientiert hat, dann später als Verteidiger aufgetreten ist, ändern an dieser Rechtslage nichts. Zum Zeitpunkt der Zustellung lag zumindest eine entsprechende Bevollmächtigung nicht vor."
Diesen Ausführungen stimmt der hier für die Entscheidung zuständige Einzelrichter (§ 80 a Abs. 1 OWiG) zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 467 Abs. 1 StPO.
Fundstellen