Leitsatz (amtlich)

Die Gleichsetzung des für das Kindeswohl Erforderlichen (§ 1618, 4 BGB) mit dem zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung Erforderlichen (so BGH NJW 2005, 1779 [1780]) begegnet Zweifeln. Die Ersetzung der Einwilligung in die Einbenennung wird nicht von einer Kindeswohlgefährdung abhängen müssen. Es wird ausreichen, mit der Einbenennung eine mehr als nur dem Kindeswohl dienliche, an diesem Maßstab wünschenswerte Wirkung auszulösen.

 

Normenkette

BGB § 1618 S. 4

 

Verfahrensgang

AG Nauen (Beschluss vom 07.08.2013; Aktenzeichen 24 F 49/13)

 

Tenor

Der Antrag der Antragstellerin, ihr für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe zu gewähren, wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG Nauen vom 7.8.2013 (Hauptsacheentscheidung) wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin hat beantragt, die Einwilligung des Antragsgegners in die Einbenennung der drei gemeinsamen ehelichen Kinder in den Ehenamen der Antragstellerin und ihres Ehemannes zu ersetzen. Die Kinder wünschten die Einbenennung. Der Antragsgegner komme seinen Pflichten zu Umgang und Unterhalt nicht nach.

Das AG hat die Antragsschrift dem Antragsgegner zugestellt (Bl. 39). An der Vereinbarung eines Termins zur Anhörung der Kinder hat es den Antragsgegner nicht beteiligt (Bl. 40). Von dem Termin ist er nicht unterrichtet worden. Das Protokoll des Anhörungstermins (Bl. 41 f.) ist ihm nicht übermittelt worden (Bl. 43). Eine erneute Aufforderung zur Stellungnahme (Bl. 43) ist zweimal mit dem Vermerk "Empfänger unbekannt" von dem Postunternehmen zurückgesandt worden (Bl. 44, 46). Das AG hat zwei von dem Einwohnermeldeamt auf Nachfrage mitgeteilte Adressen verwendet.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG den Antrag abgewiesen. Die Änderung des Familiennamens der Kinder sei erforderlich, wenn die Beibehaltung des bisher geführten Namens das Kindeswohl gefährde. Da dies nicht zu erwarten sei, komme es auf den Wunsch der Kinder und der Antragstellerin nicht an.

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag weiter. Die Kinder wünschten konsequent und nachhaltig, den Namen der Mutter und des Stiefvaters zu führen, denen sie sich zugehörig fühlten. Mit ihrem Vater identifizierten sie sich nicht. Ob und wie sie unter der derzeitigen Namensführung litten, könne nicht herausgearbeitet werden.

Wegen des weiteren Vortrages der Antragstellerin wird auf deren Schriftsätze verwiesen.

Der Versuch, dem Antragsgegner die Beschwerdeschrift zuzustellen, ist misslungen. Das Postunternehmen hat vermerkt: "Adressat unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln" (Bl. 81).

Der Senat enscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne die Kinder erneut anzuhören (§ 69 III 2 FamFG). Die Antragstellerin hat, wie dargelegt werden wird, antragsbegründende Umstände nicht ausreichend vorgetragen. In dieser Lage ist das Gericht nicht gehalten, von Amts wegen - etwa durch erneute Anhörung - die Tatsachen zu ermitteln, die dem Antrag doch noch zum Erfolg verhelfen könnten (vgl. Musielak/Borth-Borth/Grandel, FamFG, 4. Aufl. 2013, § 26 Rz. 5 f.; Zöller-Feskorn, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 26 FamFG Rz. 4).

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Der angefochtene Beschluss beruht nicht auf einem Verfahrensfehler. Das AG hat das rechtliche Gehör des Antragsgegners nicht verkürzt, indem es den Antrag abgewiesen hat, obwohl es ihm nach der Zustellung der Antragsschrift (§ 23 II FamFG) weitere Verfahrenshandlungen nicht mitgeteilt hat. Da die ergangene Entscheidung die Rechte des Antragsgegners nicht beeinträchtigt hat, bedurfte es nach § 37 II FamFG seiner vorherigen Anhörung nicht (Zöller-Feskorn, § 37 FamFG Rz. 12 a.E.; MünchKomm/FamFG-Ulrici, 2. Aufl. 2013, § 37 Rz. 21 f.). Auch der Senat sieht deshalb davon ab, eine Suche nach dem Antragsgegner zu veranlassen, der offenbar mit unbekanntem Ziel verzogen ist.

2. Die Antragstellerin hat keine Anhaltspunkte vorgetragen, die dafür sprechen, dass die Einbenennung zum Wohl eines der Kinder erforderlich wäre (§ 1618, 4 BGB).

a) Das AG ist dem BGH gefolgt, der meint, die Einwilligung des anderen Elternteils in die Einbenennung könne nur dann ersetzt werden, wenn konkrete Umstände vorlägen, die das Kindeswohl gefährdeten, und wenn die Einbenennung daher unerlässlich sei, um Schäden von dem Kind abzuwenden (BGH NJW 2005, 1779, 1780 m. Nachw. auf die frühere Rspr.; zustimmend: BeckOK/BGB-Enders, Stand: Aug. 2013, § 1618 Rz. 9.1; Palandt/Götz, BGB, 72. Aufl. 2013, § 1618 Rz. 18; Erman-Michalski/Döll, BGB, 13. Aufl. 2011, § 1618 Rz. 9; v. Sachsen Gessaphe in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2012, § 1618 Rz. 21).

Dass die Antragstellerin Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung, also für die Erwartung einer in nächster Zukunft eintretenden schwerwiegenden Beeinträchtigung der grundlegenden Bedürfnisse der Kinder, nicht vorgetragen hat, hat das AG im Ergebnis zutreffend ausgeführt. Dem braucht...

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