Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für die Ersetzung der Einwilligung in die Einbenennung bei einer Patchwork-Familie aus 5 Personen mit 3 verschiedenen Namen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gegen eine Namensänderung spricht als stets zu beachtender, wichtiger Kindesbelang die Kontinuität der Namensführung, deren Bedeutung weit über das Kindesalter hinausreicht und daher nicht allein aus der Perspektive der aktuellen familiären Situation beurteilt werden darf.

2. Für die zu treffende Entscheidung ist es ohne Belang, aus welchem rechtlichen oder tatsächlichen Grund es bei einer in der Familie lebenden Stiefschwester zu einer Namensänderung kam.

 

Normenkette

BGB § 1618 S. 4

 

Verfahrensgang

AG Schweinfurt (Aktenzeichen 052 F 6/21)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Schweinfurt vom 07.05.2021 abgeändert:

Der Antrag der Antragsteller, die Einwilligung des Antragsgegners in die Änderung des Namens der beteiligten Kinder zu ersetzen, wird abgewiesen.

2. Gerichtskosten werden im Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Seine außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.

3. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin zu 1 und der Antragsgegner waren in der Vergangenheit verheiratet und sind die Eltern der ehelich geborenen Kinder K1 (10 Jahre) und K2 (6 Jahre). Die Trennung erfolgte im Oktober 2015. Nach Scheidung der Ehe nahm die Antragstellerin zu 1 wieder ihren Geburtsnamen ... an. Im Dezember 2020 heiratete sie den Antragsteller zu 2 und trägt seitdem den Namen A..

Die Antragsteller, in deren Haushalt die Kinder leben, beabsichtigen nunmehr, den Kindern ihren Ehenamen zu erteilen. Ab 2017 habe die Patchwork-Familie aus 5 Personen mit 3 verschiedenen Namen bestanden. Es sei nun der größte Wunsch der Kinder, einen gemeinsamen Familiennamen zu tragen. Mittlerweile müsse man sich auch Sorgen machen, dass die Kinder psychische Probleme bekommen, wenn dieser Wunsch nicht in Erfüllung geht.

Der Antragsgegner, der mit K1 und K2 regelmäßig Kontakt hat, ist mit einer Namensänderung nicht einverstanden. Seiner Auffassung nach ist eine Einbenennung auch nicht erforderlich. Soweit die Antragstellerin zu 1 von einem Namenschaos spreche, müsse gesehen werden, dass sie dies selbst verursacht habe.

Das Amtsgericht bestellte für die Kinder einen Verfahrensbeistand. Das zuständige Jugendamt berichtete. Nach Anhörung aller Beteiligter erging am 07.05.2021 folgende Endentscheidung:

Die Einwilligung des Antragsgegners zur Einbenennung der Kinder K1, geb. am ... und K2, geb. am ... auf den nunmehrigen Ehenamen der Antragstellerin wird durch das Amtsgericht Schweinfurt - Familiengericht - ersetzt.

Im Rahmen der Begründung führte das Familiengericht unter anderem aus:

Das Gericht hatte zu prüfen, inwieweit die Namensänderung für die Kinder unbedingt erforderlich ist. Nur in solchen Fällen "kann" die erforderliche Einwilligung ersetzt werden. Nach einhelliger Rechtsprechung genügt es nicht, dass die Namensänderung dem Kindeswohl dient. Vielmehr muss die Änderung für das Kindeswohl erforderlich sein, wobei das Interesse des Kindes das grundsätzlich gleichrangige Interesse des Vaters überwiegen muss. Die Voraussetzungen für eine Ersetzung der Einwilligung sind gegenüber dem früheren Rechtszustand erheblich verschärft und enger eingegrenzt worden.

Allein die Tatsache der unterschiedlichen Nachnamen konnte die Einbenennung nicht rechtfertigen. Auch der bloße Wunsch der Kinder, den neuen Ehenamen der Mutter zu tragen, reicht für die Ersetzung der Einwilligung nicht aus.

Das zuständige Jugendamt sieht vorliegend keine Kindeswohlgefährdung und überlässt die Einschätzung, ob eine psychische Belastung der Kinder vorliegt, dem Verfahrensbeistand.

Die Beziehung der Kinder zum Vater wird von allen Beteiligten als gut und konstant beschrieben. Durch eine Namensänderung würde die Beziehung nicht beeinflusst werden. Das Risiko einer Entfremdung ist nicht zu befürchten.

Bejaht wird die Erforderlichkeit der Einbenennung zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung aufgrund der Stellungnahme des Verfahrensbeistandes. Danach ist die Namensänderung zur Vermeidung von erheblichen psychischen Belastungen der Kinder erforderlich. Als Grund hierfür wird der persönliche Eindruck sowie die Tatsache genannt, dass die Stiefschwester K3 nach erneuter Heirat des Antragsgegners dessen Namen annehmen konnte und somit mit diesem auch durch den Namen verbunden sein darf, den Kindern K1 und K2 dies nun aber verwehrt werde. Dies erzeuge bei den Kindern ein gewisses Unverständnis, welches zu einer psychischen Belastung führe. Aufgrund dieser konkreten Feststellungen müssen die Interessen des Antragsgegners zurücktreten. Auch die Kontinuität der Namensführung, die einen wesentlichen Aspekt darstellt, muss deswegen zurücktreten.

Der Antragsgegner legte gegen die ihm am 11.05.2021 zugestellte Entscheidung mit Schriftsatz vom 03...

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