Leitsatz (amtlich)
Die Eingriffsschwelle für die sog. additive Einbenennung ist niedriger anzusetzen als bei der sog. ersetzenden Namenserteilung.
Verfahrensgang
AG Cottbus (Aktenzeichen 230 F 94/15) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des Amtsgerichts Cottbus - Zweigstelle Guben vom 10. September 2018 - Az. 230 F 94/15 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Einwilligung des Vaters, der am 12. April 2012 geborenen C. S. den Nachnamen Sa.-S. zu erteilen, wird ersetzt.
Die Gerichtskosten des Verfahrens tragen die Eltern jeweils hälftig; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Wert des Verfahrens erster und zweiter Instanz wird - zugleich in Abänderung der Wertfestsetzung des Amtsgerichts - auf 5.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
1. Mit Beschluss vom 10. September 2018 hat das Amtsgericht Cottbus, Zweigstelle Guben, durch eine Sachverständige beraten und deren Empfehlung folgend den Antrag der Mutter auf Ersetzung der Zustimmung des (mitsorgeberechtigten) Vaters in die Einbenennung der gemeinsamen Tochter C. S. in C. Sa.-S. zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass nicht festzustellen sei, dass die erstrebte Namensänderung zum Wohl des Kindes erforderlich sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschlussgründe Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Mutter mit ihrer Beschwerde, mit dem sie an ihrem Antrag festhält. Sie betont den anhaltend seit jetzt fünf Jahren bekundeten Wunsch C.s nach einer Namensänderung und meint, das Amtsgericht habe die Anforderungen an die Erforderlichkeit der Einbenennung für den hier allein in Rede stehenden Fall einer additiven Namensänderung überspannt. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihr tatsächliches und rechtliches Vorbringen aus erster Instanz.
Der Vater und der (vormalige, jüngst verstorbene) Verfahrensbeistand verteidigen die angefochtene Entscheidung mit näherer Darlegung. Das Jugendamt hat von der Möglichkeit zur Äußerung keinen Gebrauch gemacht.
Der Senat hat C. am 20. Januar 2020 persönlich angehört und sodann - einer daran anknüpfenden Ankündigung folgend, der keiner der Beteiligten in der eingeräumten Stellungnahmefrist entgegen getreten ist - ohne erneute mündliche Anhörung der übrigen Verfahrensbeteiligten nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG auf schriftlichem Wege entschieden.
2. Die Beschwerde der Mutter ist gemäß §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 2 FamFG statthaft sowie form- und fristgerecht gemäß §§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG eingelegt worden, mithin zulässig. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
Nach persönlicher Anhörung der heute knapp acht Jahre alten C. und unter Berücksichtigung des umfänglichen schriftsätzlichen Vorbringens der Eltern ist festzustellen, dass die Voraussetzungen für die begehrte Ersetzung der Zustimmung des Vaters zur Einbenennung des Kindes in Sa.-S. zumindest inzwischen vorliegen.
Nach § 1618 Satz 4 BGB kann die Zustimmung des anderen Elternteils gerichtlich ersetzt werden, wenn die erstrebte - ersetzende oder auch nur additive - Namensänderung zum Wohl des Kindes erforderlich ist.
Trotz gleicher Terminologie insoweit ist allerdings die Eingriffsschwelle für die hier allein in Rede stehende sog. additive Einbenennung, also die Voranstellung des Ehenamens der Mutter unter Beibehaltung des Geburtsnamens C.s ("Sa.-S.") niedriger anzusetzen als bei der sog. ersetzenden Namenserteilung. Es ist also vorliegend tatsächlich nicht notwendig, dass für die Namensänderung "zur Sicherung des Kindeswohls zwingende Gründe" vorliegen, wie das Amtsgericht anknüpfend an die Einschätzungen der Sachverständigen formuliert. Es müssen also nicht etwa außerordentliche Belastungen des Kindes mit der aktuellen Namensführung festgestellt werden oder die erstrebte Namensänderung sonst zur Abwendung schwerwiegender Nachteile für das Kind erforderlich sein; noch weniger müssen konkrete Umstände für eine Gefährdung des Kindeswohls durch die Namensverschiedenheit vorliegen und eine Einbenennung mithin unerlässlich sein, um Schäden von dem Kind abzuwenden.
Allerdings muss auch die additive Einbenennung mit einem deutlichen Gewinn für die Kindesinteressen verbunden sein (vgl. Staudinger/Hilbig-Lugani (2015), § 1618 BGB Rdnr. 28; juris-PK BGB, 9. Aufl., 2020, § 1618 Rdnr. 28). Da ansonsten das Einwilligungserfordernis gänzlich ausgehöhlt würde, liegt eine Erforderlichkeit der Namensänderung erst dann vor, wenn das Wohl des Kindes die Namensänderung auch bei angemessener Berücksichtigung der für die Beibehaltung des bisherigen Namens sprechenden Gründe gebietet (vgl. BGH FamRZ 2017, 119 - Rdnr. 15 bei juris). Entgegen der von der Mutter offenbar vertretenen Auffassung ist deshalb auch nicht (vorrangig) der Vater berufen seine Verweigerung der Zustimmung rechtfertigen, sondern die Mutter als Antragstellerin hat die Notwendigkeit der Namensänderung zu begründen; sie trägt vorliegend die Darlegungs- und Feststellungslast (vgl. dazu OLG Bamberg FamRZ 2008, 2148 - Rdnr. 10 bei juris; O...