Leitsatz (amtlich)
1. Ersetzung der Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils zu einer additiven Einbenennung nach § 1618 S. 2 BGB kommt unter weniger schwerwiegenden Voraussetzungen in Betracht als zu einer exklusiven Einbenennung nach S. 1 der Vorschrift.
2. Die Anträge auf Ersetzung der Einwilligung zur Einbenennung in der einen oder anderen Form können im Eventualverhältnis miteinander verbunden werden.
3. Die Durchführung eines Ersetzungsverfahrens nach § 1618 S. 4 BGB setzt nicht voraus, dass die erforderlichen Erklärungen (die zu ersetzende ausgenommen) bereits in der gesetzlich gebotenen Form (§ 1618 S. 5 BGB) abgegeben sind.
Verfahrensgang
AG Tettnang (Beschluss vom 21.01.2004; Aktenzeichen 3 F 177/03 (RP) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Rechtspflegers beim AG - FamG - Tettnang vom 21.1.2004 wie folgt abgeändert:
Die Einwilligung des Antragsgegners in die beabsichtigte Namensänderung des Kindes J. B. dahin, dass das Kind künftig den Namen "K.-B." führen soll, wird ersetzt.
Der weiter gehende Antrag auf Ersetzung der Einwilligung wird zurückgewiesen.
2. Für die erste Instanz bleibt es bei der Kostenentscheidung des FamG. Im Beschwerdeverfahren wird eine Gerichtsgebühr nicht erhoben, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Beschwerdewert: 3.000 Euro
Gründe
I. J. entstammt der im Februar 1999 in der Schweiz geschiedenen Ehe der Antragstellerin (Mutter) mit dem Antragsgegner (Vater). Sie lebt bei der sorgeberechtigten Mutter, die deutsche Staatsangehörige ist, in Deutschland. Der Vater ist Schweizer Staatsangehöriger und hat seinen Wohnsitz weiterhin in der Schweiz. Zwischen dem Vater und seiner Herkunftsfamilie sowie dem Kind bestehen regelmäßige Besuchskontakte, die mehrmals jährlich stattfinden. Das Scheidungsurteil ist durch Entscheid des OLG Stuttgart - Verwaltungsabteilung - vom 25.7.2001 gem. Art. 7 § 1 Familienrechtsänderungsgesetz in Deutschland anerkannt.
Die Eltern führten während der Ehe und das Kind führt weiterhin den Ehe- bzw. Familiennamen des Vaters "B.". Die Mutter hat sich im Jahr 2001 wieder verheiratet und führt seither als Ehenamen den Familiennamen ihres jetzigen Ehemannes, des Weiteren Beteiligten Herrn K.. Dieser Ehe entstammt eine inzwischen 3-jährige Tochter.
Die Mutter und ihr Ehemann wollen J. gem. § 1618 BGB ihren Ehenamen als Familiennamen erteilen. Dies entspricht auch dem Wunsch von J., den sie bei ihren Anhörungen vor dem FamG und dem Senat zum Ausdruck gebracht hat. Der Vater verweigert seine Zustimmung hierzu. Den Antrag der Mutter, die Einwilligung des Vaters zu ersetzen, hat das FamG nach persönlicher Anhörung beider Eltern, des Kindes und des Ehemannes der Mutter durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Gegen den ihr am 24.1.2004 zugestellten Beschluss hat die Mutter mit Schreiben ohne Datum, beim OLG Stuttgart eingegangen am 4.2.2004, Beschwerde eingelegt und sie sogleich begründet. Sie verfolgt ihr Begehren auf Ersetzung der Einwilligung des Vaters zur Einbenennung weiter. Nach Hinweis des Senats auf die Möglichkeit einer sog. additiven Einbenennung (Voranstellung des Ehenamens der Mutter vor den bisherigen Familiennamen des Kindes) hat die Mutter im Einvernehmen mit ihrem Ehemann angekündigt, für den Fall, dass die in erster Linie erstrebte Ersetzung der Einwilligung des Vaters in die exklusive Einbenennung verweigert werde, wolle sie dem Kind den Namen "K.-B." erteilen.
Der Vater hat auch hierzu seine Zustimmung verweigert. Die Mutter beantragt deshalb hilfsweise, die Einwilligung des Vaters zur Erteilung des Doppelnamens "K.-B." an das Kind zu ersetzen.
Der Senat hat J., die Eltern und den Ehemann der Mutter persönlich angehört. J. hat - teils unter Tränen - erklärt, sie wolle nicht mehr B. heißen, sondern K. wie ihre Mama und ihr Papa N. Wenn sie von Mitschülern mit ihrem Nachnamen gerufen werde, empfinde sie dies als Hänselei und sei traurig. Es störe sie auch, dass am Türschild zwei Namen stehen. Ihren Papa habe sie auf ihren Wunsch zur Namensänderung angesprochen, er habe ihr jedoch nicht nachgeben wollen, weil er meine, wenn sie nicht mehr so heiße wie er, sei sie nicht mehr sein Kind. Hierüber sei sie enttäuscht. Auf Frage, ob sie nicht verstehen könne, dass auch ihr Vater darüber traurig wäre, wenn bei einer Namensänderung die verwandtschaftliche Verbundenheit zwischen beiden nicht mehr in ihrem Namen zum Ausdruck komme, hat sie geantwortet, ein bisschen könne sie dies schon verstehen.
Der Senat hat J. weiter auf die Möglichkeit angesprochen, künftig einen Doppelnamen, etwa "K.-B.", zu führen, und verdeutlicht, dass sie dann je nach Umgebung unter dem einen oder dem anderen Namensbestandteil auftreten könne, außer im offiziellen Behördenverkehr, wo sie natürlich den Doppelnamen angeben und ausschreiben müsse; so könne sie sich im Bekanntenkreis ihrer Mutter mit J. K. und in der Schweiz mit J. B. vorstellen (lassen). Die Frage, ob ihr damit geholfen wäre, hat sie bejaht.
Die Mutter hat bei ihrer Anh...