Leitsatz (amtlich)
§ 140 II 2 Nr. 5 FamFG stellt zwei Tatbestandsmerkmale nebeneinander und verbindet sie durch einen Wirkungszusammenhang: die Auflösung des Verbundes soll davon abhängen, dass zum einen der Scheidungsausspruch außergewöhnlich verzögert würde und daraus zum anderen eine unzumutbare Härte folgen würde. Allein aus der Dauer des Verfahrens ist nicht auf eine unzumutbare Härte zu schließen.
Normenkette
FamFG § 137 Abs. 1-2, § 140 Abs. 2, § 142 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Neuruppin (Aktenzeichen 53 F 95/09) |
Tenor
I. Der Antragsgegnerin wird für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt.
Ihr wird Rechtsanwalt ... beigeordnet.
II. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin werden der Beschluss des AG Neuruppin vom 14.5.2013 und der Beschluss des AG Neuruppin vom 3.9.2013, der durch die Beschlüsse vom 11.11.2013 und vom 9.12.2013 berichtigt worden ist, aufgehoben.
Die Sache wird an das AG Neuruppin zurückverwiesen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 22.530 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die Scheidung ihrer Ehe vor der Entscheidung über die abgetrennte Folgesache, die den nachehelichen Unterhalt betrifft.
I.1. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind miteinander verheiratet. Sie leben seit 2008 voneinander getrennt.
2. Der im August 2009 eingereichte Scheidungsantrag (Bl. 1) des Antragstellers ist der Antragsgegnerin im Oktober 2009 zugestellt worden (Bl. 6). Die Antragsgegnerin hat ebenfalls die Scheidung der Ehe beantragt (Bl. 19).
Einem Antrag, den Antragsteller zur Zahlung von Trennungsunterhalt zu verpflichten, hat das AG mit dem Beschl. v. 17.5.2011 - 53 F 158/09 - teilweise stattgegeben (Bl. 70 ff. VKH Ag.).
Im Dezember 2010 hat die Antragsgegnerin beantragt, den Antragsteller zur Zahlung von 12.000 EUR zum Ausgleich des Zugewinns zu verpflichten (Bl. 1 Zugewinn).
Am 14.6.2011 hat die Antragsgegnerin einen Stufenantrag eingereicht, der sich auf die Verpflichtung des Antragstellers zur Erteilung von Auskünften und zur Zahlung nachehelichen Unterhalts richtet.
Am 28.6.2011 hat das AG den Antragsteller und die Antragsgegnerin persönlich angehört (Bl. 19 f.). Gegenstände der Angaben und Erörterungen sind das Scheitern der Ehe, der Versorgungsausgleich, der Zugewinnausgleich und der nacheheliche Unterhalt gewesen. Zu den drei Folgesachen haben der Antragsteller und die Antragsgegnerin angekündigt, den jeweiligen Vortrag zu ergänzen.
Zum Zugewinn hat das AG im Juli 2011 die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens beschlossen (Bl. 24), das im Oktober 2011 erstattet (Bl. 134 ff. Zugewinn) und nach Einwendungen im Mai 2012 ergänzt worden ist (Bl. 161 Zugewinn).
Den Auskunftsantrag im Stufenantrag zum nachehelichen Unterhalt hat das AG im Juni 2012 abgewiesen. Der Senat hat diesen Beschluss im Juli 2013 abgeändert und den Antragsteller zur Auskunft verpflichtet (13 UF 135/12, hier Bl. 130 ff.).
3. Mit dem Beschluss vom 14.5.2013 (Bl. 59 ff.) hat das AG die von dem Antragsteller beantragte Abtrennung der Unterhaltssache beschlossen. Das Scheidungsverfahren dauere bereits überdurchschnittlich lange. Weitere Verzögerungen bedeuteten für den Antragsteller eine unzumutbare Härte, weil er Trennungsunterhalt zahle, obwohl die Antragsgegnerin eine Erwerbsobliegenheit treffe und er vermutlich nach der Scheidung einen geringeren Unterhaltsbetrag zu zahlen haben werde. Die Antragsgegnerin habe das Verfahren zum nachehelichen Unterhalt verzögert, indem sie den Antrag nicht sogleich nach Verfahrensbeginn, sondern erst nach der Ladung zum Verhandlungstermin eingereicht habe.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG die Ehe geschieden, den Versorgungsausgleich angeordnet und dem Zugewinnausgleichsantrag teilweise stattgegeben (Bl. 71 ff.).
4. Dagegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde. Sie meint, sie habe das Verfahren zum nachehelichen Unterhalt nicht verzögert. Sie habe zunächst nur Anlass gehabt, ihren Trennungsunterhaltsanspruch zu verfolgen. Danach habe sie den Antrag zum nachehelichen Unterhalt unter Beachtung der Verbundfrist eingereicht. Da der Antragsteller erforderliche Auskünfte verweigert habe, habe sie einen Stufenantrag stellen müssen. Die damit verbundenen Verzögerungen könne der Antragsteller ihr nun nicht vorhalten.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Beschluss des AG Neuruppin vom 3.9.2013 aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung im Verbund unter Einbeziehung der Folgesache nachehelicher Ehegattenunterhalt sowie über die Kosten des Beschwerdeverfahrens an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückzuverweisen.
Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Er meint, allein die außergewöhnliche Verfahrensdauer rechtfertige die Annahme einer unzumutbaren Härte. Zudem sei zu erwarten, dass er nach Rechtskraft der Scheidung weniger Unterhalt zahlen müsse, nämlich nicht mehr Trennungsunterhalt von 1.137,64 EUR, sondern gemäß einer einstweiligen Anordnung des AG nur noch 951,20 EUR. Allein deshalb b...