Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 06. Juli 2022 werden der Beschluss des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 07. Juni 2022 (Az. 6 F 267/21) und das Verfahren aufgehoben. Die Sache wird an das Amtsgericht Bernau zurückverwiesen.

2. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

3. Der Verfahrenswert beträgt 4.000 EUR.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist eine Umgangssache betreffend des Kindes ..., geboren am ... 2016.

I. Der Antragsteller (im Folgenden: Kindesvater) und die Antragsgegnerin (im Folgenden: Kindesmutter) sind die getrennt lebenden, gemeinsam sorgeberechtigten Eltern des betroffenen Kindes. Mit dem hiesigen Verfahren begehrt der Kindesvater das Wechselmodell für seine Tochter. Die Kindesmutter lehnt (nach wie vor) die Einrichtung eines Wechselmodells ab.

Vor Einleitung des vorliegenden Verfahrens hatte der Kindesvater regelmäßigen Umgang mit der Tochter (jedes zweite Wochenende von Freitag bis Montag, zudem in der Zwischenzeit an zwei weiteren Tagen mit Übernachtung). Der Umgang fand zunächst in einer eigens dafür angemieteten Wohnung des Kindesvaters in dem Mehrfamilienhaus, wo Kind und Mutter ebenfalls eine Wohnung bewohnen, statt.

Erstinstanzlich haben die beteiligten Kindeseltern unter dem 01. November 2021 einen - familiengerichtlich gebilligten - Umgangsvergleich geschlossen, der weitgehend auf den vorgenannten Umgangszeiten beruhte. Die Vereinbarung ist auf den 15. Februar 2022 befristet worden. Zudem haben die Eltern erklärt, perspektivisch ein Wechselmodell anzustreben. Insoweit sollte - weil die Kindesmutter den Umgängen innerhalb des gleichen Wohnhauses kritisch gegenüber stand - durch den Kindesvater vor Einrichtung eines Wechselmodells eine geeignete anderweitige Wohnung angemietet werden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der nicht-öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 01. November 2021 (ab Bl. 117 HA) Bezug genommen.

Nachfolgend hat der Kindesvater eine weitere Wohnung in räumlicher Nähe zu dem Mehrfamilienhaus angemietet. Die Kindesmutter hat insoweit angezweifelt, ob die neu angemietete Wohnung des Kindesvaters überhaupt zum Umgang geeignet ist bzw. dass dieser dort überhaupt stattfinden soll.

Der Kindesvater hat beantragt,

berechtigt und verpflichtet zu sein, das betroffene Kind im paritätischen Wechselmodell jeweils von Sonntag, 18:00 Uhr bis zum darauf folgenden Sonntag, 18:00 Uhr zu betreuen.

Die Kindesmutter hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Mit Beschluss vom 07. Juni 2022 hat das Amtsgericht Bernau bei Berlin den Antrag des Kindesvaters zurückgewiesen. In den Gründen hat das Amtsgericht die Einrichtung eines Wechselmodells insbesondere deshalb abgelehnt, weil die elterliche Kommunikation dafür nicht ausreichend sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Kindesvaters, in deren Begründung er weiterhin die erstinstanzlich begehrte Einrichtung des Wechselmodells verfolgt.

Mit Verfügung vom 29. Juli 2022 hat der Senat die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückverweisung des Verfahrens an das Amtsgericht angekündigt und dies im Einzelnen begründet. Die Beteiligten erhielten dazu Gelegenheit zur Stellungnahme.

II. 1. Der Senat entscheidet wie angekündigt ohne mündliche Verhandlung (§ 68 Abs. 3 S. 2 FamFG). Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Von einer mündlichen Verhandlung ist ein Erkenntnisfortschritt nicht zu erwarten.

2. Die in zulässiger Weise gemäß §§ 58 ff. FamFG eingelegte Beschwerde des Kindesvaters hat insoweit Erfolg, als die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Umgangssache zur erneuten Durchführung an das Amtsgericht zurückzuverweisen ist, § 69 Abs. 1 S. 2 FamFG. Nach dieser Vorschrift ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückzuverweisen, wenn dieses in der Sache noch nicht entschieden hat.

Das Amtsgericht hat eine unzulässige Teilentscheidung getroffen, indem es den Umgang zwischen Vater und Kind nicht selbst geregelt und sich auf die Zurückweisung des entsprechenden Antrags des Vaters beschränkt hat. Dies rechtfertigt die Zurückverweisung auch ohne diesbezüglichen Antrag der Beteiligten, zumal der Kindesvater mit Schriftsatz vom 11. August 2022 sein Einverständnis mit der angekündigten Zurückverweisung zum Ausdruck gebracht hat. Der Senat sieht deshalb von einer eigenen Entscheidung ab und übt das Aufhebungs- und Zurückverweisungsermessen so aus, dass das Amtsgericht die ihm obliegende Entscheidung nach einem dahin führenden Verfahren in eigener Verantwortung treffen kann, ohne den Beteiligten eine Instanz zu nehmen.

a. Begehren Eltern Umgang, muss das Gericht diesen ausdrücklich regeln. Eine bloße Zurückweisung des Umgangsrechtsantrags eines Elternteils ist regelmäßig unzulässig (BVerfG FamRZ 2006, 1005, 1006; 2005, 1815, 1816). Denn durch die Zurückweisung des Antrags auf gerichtliche Regelung des Umgangsrecht...

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