Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindesunterhalt: Berechnung des bereinigten Nettoeinkommens des Unterhaltsverpflichteten bei einem Anspruch auf Mindestunterhalt
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Zurechnung freien Wohnens im Rahmen der Unterhaltsberechnung kommt nur für den Eigentümer in Betracht. Es ist ohne Belang, dass ein Unterhaltsverpflichteter seinem Kind freien Wohnraum vorhält, zumal wenn dies erkennbar gegen seine vorrangige Verpflichtung zur Sicherung des Existenzminimums seines Kindes verstößt.
2. Einkommensteuerrückerstattungen oder -nachzahlungen sind grundsätzlich auf das jeweilige Kalenderjahr, in welches die Rückerstattung/Nachzahlung fällt, umzulegen.
3. Vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers sind abzuziehen, da der Unterhaltsverpflichtete andererseits auch nicht berechtigt ist, die entsprechende Maßnahme der Vermögensbildung dem Mindestunterhalt des minderjährigen Kindes entgegenzuhalten.
4. Hinsichtlich des Wohnvorteils ist der in bestehenden Darlehensverbindlichkeiten enthaltene Tilgungsanteil jedenfalls dann nicht zu berücksichtigen, wenn es um den Mindestunterhaltsanspruch eines Kindes geht. Im Übrigen sind Zins- und Tilgungsanteile ausreichend aufzuschlüsseln.
5. Einen negativen Wohnvorteil kann der Unterhaltsverpflichtete im Grundsatz dem Mindestunterhaltsanspruch des Kindes nicht entgegenhalten, da er hiermit kundtut, über seine Verhältnisse zu leben.
Normenkette
BGB § 1612 Abs. 1 S. 1, § 1612a
Verfahrensgang
AG Oranienburg (Beschluss vom 16.06.2010) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragsgegners vom 17.7.2010 gegen den Beschluss des AG Oranienburg vom 16.6.2010 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
3. Der Beschwerdewert beträgt 3.042 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten innerhalb der Beschwerde noch um die Mindestunterhaltsansprüche für ihre gemeinsame Tochter N. F., geboren am ... Februar 1998.
Die miteinander verheirateten Beteiligten leben seit Januar 2009 voneinander getrennt, das Scheidungsverfahren ist seit Februar 2010 vor dem AG Oranienburg (Az.: 36 F 4/10) rechtshängig. Die Tochter lebt bei der Antragstellerin.
Der Antragsgegner ist Mechaniker bei der B. AG. Die Beteiligten sind zudem Miteigentümer des vormals gemeinsam bewohnten, mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks ... 29 in L. mit einer Wohnfläche von 125 qm, der objektive Wohnwert beträgt unstreitig zumindest 800 EUR. Das Wohneigentum wird nach der Trennung von dem Antragsgegner allein bewohnt. Für eine seinen Bedürfnissen entsprechende Wohnung müsste er unstreitig eine Kaltmiete von 500 EUR aufwenden.
Wegen der weiteren Ausführungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen wird auf die nachfolgenden Ausführungen unter II. Bezug genommen.
Die Antragstellerin hat beantragt,
1. den Antragsgegner zu verurteilen, zu ihren Händen für das Kind N. F., geb ... 2.98, an rückständigen Unterhalt für die Monate April 2009 bis einschließlich Januar 2010 den Betrag von noch 1.506 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der europäischen Zentralbank zu zahlen;
2. den Antragsgegner zu verurteilen, an sie für das Kind N. F., geb ... 2.98, ab Februar 2010 eine monatlich im Voraus zum Ersten eines jeden Monats fällige Unterhaltsrente von 395 EUR abzgl. am 1.2.2010, 1.3.2010., 1.4.2010 und 3.5.2010 gezahlter 158 EUR zu zahlen;
3. den Antragsgegner zu verurteilen, an sie für die Zeit vom April 2009 bis einschließlich November 2009 an rückständigen Trennungsunterhalt von 738,46 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der europäischen Zentralbank zu zahlen;
4. den Antragsgegner zu verurteilen, an sie an rückständigen Trennungsunterhalt für den Monat Dezember 2009 an rückständigen Unterhalt von 264 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der europäischen Zentralbank zu zahlen;
5. den Antragsgegner zu verurteilen, an sie an rückständigen Trennungsunterhalt für den Monat Januar 2010 an rückständigen Unterhalt von 248 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der europäischen Zentralbank zu zahlen;
6. den Antragsgegner zu verurteilen, an sie einen zum Ersten eines jeden Monats fälligen Trennungsunterhalt, beginnend mit dem Monat Februar 2010 i.H.v. 219 EUR zu zahlen.
Der Antragsgegner beantragt, die Anträge abzuweisen.
Hinsichtlich der von der Antragstellerin vorgebrachten Trennungsunterhaltsansprüche haben die Beteiligten zudem um deren Verwirkung gestritten.
Mit Beschluss vom 16.6.2010 hat das AG die zum Trennungsunterhalt geltend gemachten Anträge zurückgewiesen und zudem folgendes beschlossen:
1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin für das Kind N. F., geb ... 2.1998, an rückständigen Unterhalt für die Monate April 2009 bis einschließlich Januar 2010 1.010 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit dem 11...