Leitsatz
In dieser Entscheidung hat sich das OLG Brandenburg mit den Kriterien für die Berechnung des bereinigten Nettoeinkommens eines auf Leistung von Mindestunterhalt an ein minderjähriges Kind in Anspruch genommenen Unterhaltsverpflichteten auseinandergesetzt.
Getrennt lebende Eheleute stritten in der Beschwerdeinstanz noch um den Mindestunterhalt für die gemeinsame im Februar 1998 geborene Tochter, die bei ihrer Mutter lebte. Der Antragsgegner war als Mechaniker tätig. Die Eltern waren zudem Miteigentümer eines vormals gemeinsam bewohnten, mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks mit einer Wohnfläche von 125 qm, dessen objektiver Wohnwert unstreitig mindestens 800,00 EUR betrug. Das Wohneigentum wurde nach der Trennung der Beteiligten von dem Antragsgegner alleine bewohnt.
Erstinstanzlich wurde der Antragsgegner zur Zahlung rückständigen Kindesunterhalts für die Zeit ab April 2009 und laufenden Unterhalts ab Januar 2010 i.H.v. 334,00 EUR verpflichtet.
Gegen diesen Beschluss wandte er sich mit der Beschwerde.
Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG folgte der von dem erstinstanzlichen Gericht vorgenommenen Berechnung hinsichtlich des rückständigen und laufenden Kindesunterhalts. Die Zurechnung freien Wohnens als bedarfsdeckende Position komme für die unterhaltsberechtigte Tochter nicht in Betracht. Sie komme nur für die Eigentümer in Betracht, dies seien Antragstellerin und der Antragsgegner, nicht aber die unterhaltsberechtigte Tochter. Zur Leistung des Unterhalts durch Gewährung von Naturalunterhalt in Gestalt freien Wohnens sei der Antragsgegner gemäß § 1612 Abs. 1 S. 1 BGB nicht befugt. Es sei daher ohne Belang, dass er seiner Tochter freien Wohnraum vorhalte, zumal dies erkennbar gegen seine vorrangige Verpflichtung zur Sicherung des Existenzminimums seiner Tochter verstoße.
Die vom Finanzamt ggü. dem Antragsgegner geltend gemachte Steuernachzahlungsforderung für den Veranlagungszeitraum 2009, die ihm im August 2009 zugegangen war, sei nach dem sog. In-Prinzip von seinem Einkommen des Jahres 2009 auf den Monat umgelegt i.H.v. 312,90 EUR abzuziehen.
Die vermögenswirksamen Leistungen seien von seinem Gehalt abzuziehen, da der Antragsgegner andererseits auch nicht berechtigt sei, die entsprechende Maßnahme der Vermögensbildung dem Mindestunterhaltsanspruch seines minderjährigen Kindes entgegenzuhalten.
Der Nutzungsvorteil des Antragsgegners für das Wohnen im Eigenheim sei zunächst mit 500,00 EUR für das sog. angemessene Wohnen und sodann mit 800,00 EUR für die Zeit nach Zustellung des Scheidungsantrages anzusetzen.
Von dem Wohnnutzen seien grundsätzlich die bestehenden Darlehensverbindlichkeiten in Abzug zu bringen. Anders als vom AG seien allerdings nicht die vollen Grundstücksverbindlichkeiten zu berücksichtigen. Dabei sei zunächst zu berücksichtigen, dass hier lediglich der Mindestunterhaltsanspruch der Tochter geltend gemacht werde und in diesem Zusammenhang der Antragsgegner zu einer Vermögensbildung nicht berechtigt sei. Hinsichtlich des Wohnvorteils betreffe dies insbesondere den in den bestehenden Darlehensverbindlichkeiten enthaltene Tilgungsanteil. Insoweit fehle es bislang ohnehin an einer ausreichenden Aufschlüsselung des Antragsgegners hinsichtlich Zins- und Tilgungsanteil.
Wegen der insgesamt unklaren Sachlage kam nach Auffassung des OLG ein Abzug von Darlehensverbindlichkeiten nicht in Betracht. Selbst wenn bei großzügiger Betrachtung geschätzt werden könne, dass auf die Darlehensverbindlichkeiten eine Zinslast von monatlich gerundet 800,00 EUR entfalle, würde hieraus allein folgen, dass dem Antragsgegner derzeit ein Wohnvorteil nicht zuzurechnen wäre.
Für die Zeit ab Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages finde eine Aufhebung des vollen Wohnvorteils und der geschätzten Zinsen statt. Für die Zeit davor sei dem Antragsgegner zwar nur das angemessene Wohnen mit 500,00 EUR monatlich anzurechnen, weshalb die überschießend geschätzten Zinsen zu einem sog. negativen Wohnvorteil von 300,00 EUR führen würden. Einen solchen negativen Wohnvorteil könne der Antragsgegner aber im Grundsatz nicht einem Mindestunterhaltsanspruch der Tochter entgegenhalten, da er hiermit offenbare, über seine Verhältnisse zu leben. Ohne weiteren Sachvortrag könne derzeit bestenfalls der Wohnvorteil des Antragsgegners mit Null bewertet werden.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 25.10.2010, 9 UF 78/10