Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfolgsaussicht
Leitsatz (amtlich)
Von dem Grundsatz, dass bei nur teilweise bestehende Erfolgsaussicht das Verfahrenskostenhilfegesuch im Übrigen zurückzuweisen ist, ist eine Ausnahme dann zu machen, wenn mit dem überschießenden Begehren keine zusätzlichen Kosten ausgelöst werden. So liegt es, wenn ein Antrag nach § 1 Gewaltschutzgesetz gestellt wird, das Gericht aber nicht hinsichtlich aller beantragten Maßnahmen Erfolgsaussicht sieht.
Normenkette
ZPO § 114
Verfahrensgang
AG Luckenwalde (Beschluss vom 05.09.2011; Aktenzeichen 31 F 389/11) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beteiligten haben bis April 2011 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammengelebt. Aus dieser Beziehung ist ein im Jahr 2008 geborenes Kind hervorgegangen. Durch Antrag vom 2.9.2011 hat die Antragstellerin beantragt, gegen den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz zu ergreifen. Zugleich hat sie beantragt, ihr Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten zu bewilligen.
Durch den angefochtenen Beschluss hat das AG den Anträgen nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG) entsprochen, soweit es um ein Verbot der Bedrohung, der Belästigung, Verletzung oder des körperlichen Angriffs, sowie um ein Annäherungsverbot ging, den Antrag aber zurückgewiesen, soweit auch beantragt war, dem Antragsgegner die Kontaktaufnahme zur Antragstellerin zu untersagen. Die Gerichtskosten des Verfahrens hat das AG dem Antragsgegner auferlegt, ebenso seine außergerichtlichen Kosten. Die Antragstellerin soll nach dem angefochtenen Beschluss ihre außergerichtlichen Kosten i.H.v. erstrangigen 150 EUR selbst tragen, im Übrigen sind sie vom Antragsgegner zu tragen. Den Verfahrenswert hat das AG auf 2.000 EUR festgesetzt. Den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für das einstweilige Anordnungsverfahren hat das AG zurückgewiesen, den Antrag auf Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten, soweit er auf eine Befreiung von der Anwaltsvergütung i.H.v. erstrangigen 150 EUR gerichtet ist. Soweit es die Verfahrenskostenhilfe betrifft, ist in den Gründen des Beschlusses ausgeführt, Entscheidungsreife liege hinsichtlich des Verfahrenskostenhilfeantrags und des Beiordnungsantrags nur vor, soweit er auf Befreiung von erstrangigen 150 EUR Anwaltsvergütung gerichtet sei. Insoweit sei der Antrag im Hinblick auf die fehlende Erfolgsaussicht zurückzuweisen. Ob und inwieweit der Antragstellerin für den erfolgreichen Anordnungsantrag die Verfahrensbevollmächtigte beizuordnen sei, werde abschließend entschieden, wenn die Unterlagen für die Verfahrenskostenhilfe vollständig vorlägen.
Gegen den Beschluss des AG hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt, soweit ihr Antrag auf Verfahrenskostenhilfebewilligung und der Beiordnungsantrag zurückgewiesen worden seien. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Antragsgegner sei im Verfahren überwiegend unterlegen. Angesichts des geringen Verfahrenswertes ergäben sich für sie außergerichtliche Kosten von 229,55 EUR. Müsse sie hiervon, wie vom AG angenommen, 150 EUR selbst tragen, läge ihre Kostenbeteiligung bei 65 %. Dem überwiegenden Unterliegen des Antragsgegners werde damit nicht Rechnung getragen.
Durch Verfügung vom 26.10.2011 hat das AG auf Bedenken hinsichtlich der Anwaltsbeiordnung im Hinblick auf § 78 Abs. 2 FamFG hingewiesen. Hierzu hat die Antragstellerin unter dem 21.12.2011 ergänzend vorgetragen. Im Anschluss daran hat das AG der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Der Antragstellerin können Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten nicht aus den vom AG angegebenen Gründen versagt werden.
1. Da sich das Rechtsmittel gegen den Beschluss des AG richtet, soweit der Verfahrenskostenhilfeantrag und der Beiordnungsantrag zurückgewiesen worden sind, handelt es sich um eine nach §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde. Der Umstand, dass mit der Rechtsmittelbegründung auch die vom AG getroffene Kostenentscheidung gerügt wird, führt nicht dazu, eine Anfechtung auch der Kostenentscheidung anzunehmen. Dabei ist zum Einen zu berücksichtigen, dass eine solche Beschwerde wegen Nichterreichens des Beschwerdewerts von mehr als 600 EUR nach § 61 Abs. 1 FamFG unzulässig wäre. Zum Anderen strebt die Antragstellerin ersichtlich an, von den Kosten ihrer Verfahrensbevollmächtigten vollständig freigestellt zu werden. Dieses Ziel kann sie auch mit der Beschwerde im Verfahrenskostenhilfeverfahren erreichen. Würde ihr nämlich Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten vollständig bewilligt werden, wäre sie von den Kosten für die Verfahrensbevollmächtigte freigestellt, § 122 Abs. 1 N...