Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 31.07.2020 - 13 O 174/17 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

 

Gründe

I. Der Kläger hatte im August 2017 Klage erhoben gegen den Beklagten auf Schadensersatz nach dem Staatshaftungsgesetz des Landes Brandenburg wegen vermeintlich rechtswidriger Erhebung eines öffentlich-rechtlichen Schmutzwasserbeitrags. Gegen den Beklagten lagen mehr als 440 vergleichbare Klagen vor, sein Prozessbevollmächtigter war in die Bearbeitung von über 900 entsprechenden Rechtsstreitigkeiten auch anderer Wasserverbände involviert. Nachdem die Prozessbevollmächtigten der an den Rechtsstreitigkeiten beteiligten Parteien drei dieser Prozesse als Musterverfahren ausgewählt hatten, in denen Entscheidungen der Obergerichte herbeigeführt werden sollten, ordnete das Landgericht Frankfurt (Oder) mit Beschluss vom 20.12.2017 - 13 O 174/17 - auf übereinstimmenden Antrag beider Parteien das Ruhen des vorliegenden Verfahrens an. Nach Abschluss der Musterverfahren nahm der Beklagte mit Schriftsatz vom 14.01.2020 das Verfahren wieder auf; der Kläger erklärte mit Schriftsatz vom 08.05.2020 die Rücknahme der Klage. Mit Beschluss vom 05.06.2020 legte das Landgericht Frankfurt (Oder) dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auf.

Im Rahmen der Kostenfestsetzung beantragte der Beklagte mit Schriftsatz vom 17.06.2020 die Festsetzung von Kosten in Höhe von insgesamt 669,49 EUR, darunter gemäß § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG eine weitere Verfahrensgebühr und weitere Entgelte für Post und Telekommunikation nach §§ 2, 13 RVG, VV 3100, 7002.

Das Landgericht hat - unter Zurückweisung des Antrags im Übrigen - mit dem angefochtenen Beschluss gegen den Kläger lediglich einen Betrag von 334,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von

5 %Punkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB hieraus seit dem 18.06.2020 festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, dem Beklagten stehe eine zweite Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG nebst weiterer Post- und Telekommunikationspauschale nicht zu. Die von dem Beklagten in Bezug genommene Vorschrift des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG setze die "Erledigung" des Auftrags voraus, mithin - wie sich aus § 8 Abs. 1 S. 1 RVG ergebe - die vollständige Erfüllung der Pflichten aus dem Anwaltsvertrag. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, weil die Parteien die Anordnung des Ruhens des Verfahrens beantragt hätten im Hinblick auf angestrebte Entscheidungen von Obergerichten in Parallelverfahren, nach deren Abschluss sie das Verfahren wieder aufgenommen hätten. Bei der Anordnung des Ruhens des Verfahrens sei ersichtlich gewesen, dass lediglich die Entscheidungen anderer Gerichte abgewartet werden sollten, dass das vorliegende Verfahren mithin noch nicht abgeschlossen war.

Mit der am 28.08.2020 eingegangen sofortigen Beschwerde gegen den ihm am 25.08.2020 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss verfolgt der Beklagte die Festsetzung von Kosten gegenüber dem Kläger im Umfang des Antrages vom 17.06.2020 weiter. Er ist der Auffassung, der Tatbestand des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG sei allein aufgrund des infolge des Ruhens des Verfahrens eingetretenen Zeitablaufes von mehr als zwei Jahren erfüllt. § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG setze nicht als Tatbestandsmerkmal die "endgültige Sachentscheidung" voraus. Vielmehr berücksichtige die Norm den Umstand, dass bei einem Ruhen des Rechtsstreits von jedenfalls zwei Jahren es für die anwaltlichen Bevollmächtigten unabdingbar sei, sich wegen des erheblichen Zeitablaufs wieder vollständig neu in die Sache einzuarbeiten. Die Notwendigkeit einer solchen Einarbeitung zeige insbesondere der Prozessverlauf der Musterverfahren mit unterschiedlichen Rechtsauffassungen des Landgerichts Frankfurt

(Oder) und der Obergerichte bis hin zum Bundesverfassungsgericht. Auch in der Zusammenschau von § 15 Abs. 5 Satz 2 und § 8 Abs. 1 RVG zeige sich, dass unter dem Begriff "Erledigung" des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG nicht der endgültige Abschluss der rechtlichen Angelegenheit oder des Rechtsstreits zu verstehen sei, sondern die Fälligkeit der Vergütung nach § 8 RVG.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 08.10.2020 nicht abgeholfen und diese dem Brandenburgisches Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gem. § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat die Rechtspflegerin den Antrag auf Festsetzung einer weiteren Verfahrensgebühr zzgl. Post- und Telekommunikationspauschale und darauf entfallende Umsatzsteuer zurückgewiesen. Die Gebühren nach Nrn. 3100, 7002 VV RVG sind nach Wiederaufnahme des Rechtsstreits nicht erneut entstanden, denn die Prozessbevollmächtigten des Beklagten sind nach Beendigung des Ruhens des Verfahrens in derselben Angelegenheit weiter tätig geworden, ohne dass der frühere Auftrag zuvor seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt war, § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG.

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