Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Auslegung der Einräumung einer Zahlungsfrist als befristeter Kündigungsverzicht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Räumungsklage ist nur zulässig (§ 253 Abs. 2 S. 2 ZPO), wenn der angekündigte Antrag die herauszugebenden Flächen für eine Gerichtsvollzieher lokalisierbar und vollstreckungsfähig bezeichnet.

2. Zur Auslegung einer Zahlungsaufforderung mit Kündigungsandrohung gegenüber einem säumigen Mieter.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 17.01.2006; Aktenzeichen 13 O 188/05)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführer vom 9.2.2006 und unter Zurückweisung ihrer weiter gehenden sofortigen Beschwerde wird der Beschluss des LG Potsdam vom 17.1.2006 - 10 O 507/05 - in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 11.5.2006 teilweise abgeändert und den Antragstellern Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit sie sich gegen die Feststellung der Erledigung der Räumungsklage vom 8.4.2005 zur Wehr setzen.

In diesem Umfang wird ihnen Rechtsanwalt Kernen beigeordnet.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beklagten erbitten Prozesskostenhilfe zur Verteidigung gegen drei Klagen. Mit der ersten begehrt die Klägerin die Feststellung, dass eine Räumungsklage gegen die Beklagten erledigt sei.

Die zweite Klage hat sie mit Schriftsatz vom 26.9.2005 zurückgenommen.

Mit der dritten Klage begehrt sie die Feststellung, dass eine am 11.4.2005 eingereichte Klage auf künftige Leistungen erledigt sei. Das LG hat Prozesskostenhilfe gänzlich verweigert. Die sofortige Beschwerde führte zu teilweiser Bewilligung zur Verteidigung gegen die erste Klage.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Beklagten erbitten gem. Antrag vom 11.12.2005 Prozesskostenhilfe zur Verteidigung gegen drei Klagen. Mit der ersten Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass eine Räumungsklage gegen die Beklagten am 7.10.2005 erledigt sei. Die zweite Klage hat sie mit Schriftsatz vom 26.9.2005 zurückgenommen (vgl. Bl. 40 d. GA). Mit der dritten Klage begehrt sie die Feststellung, dass eine am 11.4.2005 eingereichte Klage auf künftige Leistungen erledigt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf die Darstellungen in den angefochtenen landgerichtlichen Beschlüssen, mit denen das LG Prozesskostenhilfe wegen nicht feststellbarer Bedürftigkeit, wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses und wegen materiell-rechtlich fehlender Erfolgsaussicht verneint hat.

II. Die nach § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat teilweise Erfolg.

1. Den Antragstellern ist für ihre Verteidigung gegen die Klage auf Feststellung der Erledigung der Kündigungsklage vom 8.4.2005 Prozesskostenhilfe zu bewilligen (§ 114 ZPO).

a) Die wirtschaftlichen Voraussetzungen der eben genannten Bestimmung liegen vor. Die jeweiligen monatlichen Einnahmen der Antragsteller ab Antragstellung übersteigen die angegebenen monatlichen Kosten; sie sind daher plausibel. Soweit die Antragsteller vor Antragszeitraum verlustreich gewirtschaftet haben, steht dies einer Plausibilität der Angaben zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ab Antragstellung nicht entgegen. Die Einnahmen unterschreiten jeweils die Summe der berücksichtigungsfähigen Kosten und Freibeträge, so dass keine Raten zu leisten sind.

b) Die Klageverteidigung hat auch hinreichende Erfolgsaussicht (§ 114 ZPO). Die Räumungsklage war weder bei Erhebung noch bei Auszug der Antragsteller aus den streitgegenständlichen Räumen zulässig oder begründet.

(1) Die Räumungsklage war nicht zulässig, da der angekündigte Antrag die herauszugebenden Flächen entgegen § 253 Abs. 2 S. 2 ZPO schon nicht lokalisierbar und erst recht nicht vollstreckungsfähig bezeichnet hat.

(2) Zudem war die Kündigung der Klägerin vom 23.3.2005 unwirksam. Die Klägerin hat mit ihrem Schreiben vom 16.3.2005 (vgl. Anlage B 1, Bl. 25 d. GA) ggü. den Antragstellern auf ihr Recht zur außerordentlichen Kündigung wegen der ihr bekannten Kündigungsgründe, insb. wegen eines Mietrückstandes i.H.v. 1.574,38 EUR zzgl. 2 × 450 EUR ausstehender Mietkaution bis zum 25.3.2005 verzichtet, indem sie die Beklagten aufgefordert hat, die oben genannten Beträge bis spätestens zum 25.3.2005 zum Ausgleich zu bringen verbunden mit der Ankündigung, das Mietverhältnis fristlos zu kündigen, sollte insb. der Mietrückstand nicht zum genannten Termin ausgeglichen sein. Die Klägerin hat hiermit den Ausspruch der Kündigung wegen eines Rückstandes konditional verknüpft mit einen fehlendem Ausgleich bis zum 25.3.2005. Diese konditionalen und temporalen Bestimmungen wären sinnentleert, wenn die Klägerin ihr Recht zur fristlosen Kündigung wegen des von ihr dargestellten Rückstandes oder sonstiger ihr bekannter Sonderkündigungsgründe von einem fehlenden Ausgleich bis zum 25.3.2005 unberührt hätte lassen wollen.

Eine sich nach grammatikalischen Regeln schon unabweisbar aufdrängende Deutung des Schreibens der Klägerin vom 16.3.2005 als zeitlich bis zum Ablauf des 25.3.2005 befristeten Verzichts auf d...

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