Entscheidungsstichwort (Thema)
Vaterschaftsfeststellung: Durchführung eines Zwischenverfahrens bei verweigerter Zustimmung zur Einholung eines Abstammungsgutachtens
Leitsatz (amtlich)
In den Abstammungsverfahren des FamFG (§§ 169 ff. FamFG) ist über die Berechtigung der für die Weigerung vorgebrachten Gründe weiterhin in einem Zwischenverfahren gem. § 178 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 387 ZPO zu entscheiden.
Normenkette
FamFG §§ 169, 178 Abs. 2; ZPO § 387 Abs. 1, § 390
Verfahrensgang
AG Bad Liebenwerda (Beschluss vom 28.07.2010; Aktenzeichen 21 F 336/09) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 19.8.2010 wird der Beschluss des AG Bad Liebenwerda vom 28.7.2010 aufgehoben.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die Vaterschaft des Antragsgegners zu dem Kind ..., das als eheliches Kind des Antragsgegners gilt. Der Antragsgegner hat zunächst seiner Einbeziehung in die gerichtlich angeordnete Einholung eines Abstammungsgutachtens zugestimmt. Nachfolgend hat er seine Zustimmung widerrufen, da das AG der von ihm begehrten Einbeziehung eines weiteren - durch die Antragstellerin zunächst als biologischen Kindesvater benannten - Mannes (...) nicht nachgekommen war. Mit Beschluss vom 28.7.2010 hat das AG daraufhin dem Antragsgegner ein Ordnungsgeld bzw. ersatzweise Ordnungshaft wegen Verweigerung der Teilnahme an der Blutprobenentnahme auferlegt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragsgegners.
2. Die gem. § 178 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 390 Abs. 3 ZPO entsprechend statthaft und in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde ist begründet. Das AG hat zu Unrecht ein Ordnungsgeld bzw. ersatzweise Ordnungshaft dem Antragsgegner auferlegt und dessen zwangsweise Vorführung vorbehalten.
Die Festsetzung von Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft gem. § 178 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 390 Abs. 1 S. 2 ZPO entsprechend kommt nur in Betracht, soweit die Weigerung hinsichtlich der Beteiligung am Abstammungsverfahren ohne Angabe eines Grundes bzw. aus einem für rechtskräftig unerheblich erklärten Grund erfolgt, wie aus § 390 Abs. 1 S. 1 ZPO entsprechend folgt. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, vielmehr hat der Antragsgegner unter Angabe eines Grundes (Nichteinbeziehung des vermeintlichen Vaters ... in die Begutachtung; vgl. Schriftsatz vom 1.6.2010, Bl. 62) sich ausdrücklich entsprechend § 386 ZPO verweigert. Hierzu hat das AG auch in dem angefochtenen Beschluss ausgeführt. Die gewählte Verfahrensweise ist aber unzulässig. Soweit Weigerungsgründe vorgebracht werden, ist über deren Berechtigung zunächst in einem förmlichen Zwischenverfahren nach den Kriterien der §§ 387 ZPO ff. entsprechend zu befinden (vgl. auch für das förmliche Zwischenverfahren nach § 372a ZPO a.F.: OLG Düsseldorf FamRZ 1986, 191, 192). Es hat also ein förmlicher Zwischenstreit über den Grund der Zeugnisverweigerung stattzufinden; daran hat auch das FamFG nichts geändert. Erst wenn in diesen Verfahren festgestellt wird, dass der Grund unerheblich ist, kann weiter gem. § 390 ZPO entsprechend fortgefahren werden. Vor Abschluss des Zwischenverfahrens dürfen Zwangsmittel nach § 390 ZPO nicht verhängt werden (vgl. auch OLG Brandenburg FamRZ 2007, 1755 f.; OLG Hamburg, FamRZ 2009, 1232).
Dies gilt auch, soweit die§ 387 ZPO ff. im Rahmen des FamFG entsprechende Anwendung finden. § 178 FamFG ist dem vor dem 1.9.2009 geltenden § 372a ZPO nachgebildet und entspricht inhaltlich insofern praktisch vollständig. Verweigert der in einem solchen Verfahren in Anspruch genommene Mann die Mitwirkung an der Erstellung eines Vaterschaftsgutachtens unter Angabe von Gründen, ist über die Berechtigung der Weigerung gem. § 178 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 387 ZPO in einem Zwischenverfahren zu entscheiden. Das Gericht hat im Zwischenstreitverfahren durch zu begründenden Beschluss nach Anhörung der Beteiligten zu entscheiden (§ 387 Abs. 1 ZPO entsprechend). Es bleibt es also in den Abstammungsverfahren des FamFG (§§ 169 ff. FamFG) weiterhin bei der Beibehaltung des Zwischenstreitverfahrens (vgl. Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO/FamFG, 31. Aufl. 2010 § 178 FamFG Rz. 13; Schulte/Bunert/Weinreich-Schwonberg, FamFG, 2. Aufl. 2010, § 178 Rz. 8; Brückner, Anm. zu OLG Bremen, jurisPR-FamR 7/2009 Anm. 7).
Fundstellen
Haufe-Index 2530154 |
MDR 2011, 429 |