Leitsatz (amtlich)

Zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs aufgrund eines einmaligen körperlichen Übergriffs gegen den anderen Ehegatten

Ist der Tatbestand des § 27 VersAusglG eröffnet, sieht das Gesetz als Rechtsfolge die Beschränkung oder den Wegfall des Versorgungsausgleichs vor. Bei der gemäß § 27 Abs. 1 S. 2 VersAusglG vorzunehmenden Gesamtbetrachtung kann neben den wirtschaftlichen Verhältnissen der Beteiligten, der Dauer der Ehe und dem Verhalten nach der Trennung auch die in der Ehe gelebte Rollenverteilung beachtlich sein.

 

Verfahrensgang

AG Nauen (Aktenzeichen 23 F 9/11)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Nauen vom 7. Februar 2017 abgeändert:

Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.720 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Auf den am 21. Februar 2011 (Bl. 18) zugestellten Antrag hat das Amtsgericht die am 16. Juli 1998 geschlossene Ehe der Beteiligten durch Beschluss vom 19. Juli 2011 geschieden. Das Verfahren zum Versorgungsausgleich hat es seinerzeit abgetrennt.

Die Beteiligten hatten sich getrennt, nachdem die zum Tatzeitpunkt alkoholisierte Antragsgegnerin dem Antragsteller am 11. September 2009 im Zuge eines Streits mit einem an einem Karabinerhaken befestigten Schlüsselring mit mehreren Schlüsseln mindestens zehnmal auf das Gesicht und den Körper des Antragsgegners eingeschlagen, nachdem er gestürzt war, mehrfach gegen seinen Körper getreten hatte, wobei sie Stoffhausschuhe trug, und schließlich, als er aus dem Haus flüchtete, mit dem Stiel eines Besens einmal auf ihn einschlagen hatte. Der Antragsgegner erlitt hierdurch eine Platzwunde und multiple Schürfungen im Gesicht und eine Prellung der linken Schulter und war zwei Wochen lang arbeitsunfähig. Wegen dieser Tat ist die Antragstellerin durch Urteil des Amtsgerichts Nauen vom 2. Dezember 2010 wegen gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt worden.

Während der Ehezeit haben beide Eheleute in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Antragsgegner darüber hinaus bei der weiteren Beteiligten zu 2) aus einer Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes Anrechte erworben. Die vom Antragsgegner während der Ehezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung mit 3,8393 Entgeltpunkten und 20,3177 Entgeltpunkten (Ost) und korrespondierenden Kapitalwerten der Ausgleichswerte von addiert 65.102,61 EUR erworbenen Anrechte übersteigen diejenigen der Antragstellerin mit 12,4752 Entgeltpunkten und einem korrespondierenden Kapitalwert des Ausgleichswertes von 37.571,14 EUR. Der Senat hat eine Auskunft der weiteren Beteiligten zu 2) über den Wert des vom Antragsgegner bei ihr erworbenen Anrechts eingeholt. Der Wert des Ehezeitanteils der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes des Antragsgegners beläuft sich auf 74,34 Versorgungspunkte.

Der Antragsgegner ist der Auffassung, die Durchführung des Versorgungsausgleichs sei in Ansehung der Straftat, die die Antragstellerin zu seinem Nachteil begangen habe und im Lichte dessen, dass sie während der Ehezeit die gemeinsamen Kinder vernachlässigt und nach der Trennung nie Kindesunterhalt gezahlt habe, grob unbillig.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Versorgungsausgleich gemäß § 27 VersAusglG auszuschließen.

Die Antragstellerin hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Durch den angefochtenen Beschluss, auf den der Senat zur Ergänzung des erstinstanzlichen Sachstandes Bezug nimmt, hat das Amtsgericht die Entscheidung über den Ausgleich des vom Antragsgegner bei der weiteren Beteiligten zu 2) erworbenen Anrechts abgetrennt und den Versorgungsausgleich im Übrigen uneingeschränkt durchgeführt. Das Ereignis vom 11. September 2009 sei allein nicht geeignet, den Ausschluss des Versorgungsausgleichs zu rechtfertigen. Eine einzelne Körperverletzung ohne bleibende Schäden reiche nicht aus. Besondere Umstände, die eine andere Bewertung rechtfertigen könnten, seien nicht vorgetragen.

Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde erstrebt der Antragsgegner den Ausschluss des Versorgungsausgleichs. Die Durchführung des Versorgungsausgleiches führe in der Gesamtschau zu einer den Antragsgegner belastenden groben Unbilligkeit.

Die Antragstellerin hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die im Beschwerderechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat entscheidet, seiner Ankündigung vom 5. Mai 2017 folgend ohne erneute mündliche Erörterung (§§ 68 III 221 I FamFG). Die Beteiligten hatten Gelegenheit, ihre Standpunkte schriftlich zu äußern. Es ist nicht ersichtlich, zu welchem Erkenntnisfortschritt eine erneute mündliche Erörterung führen könnte.

II. Die Beschwerde des Antragsgegners ist begründet.

Der Senat hat vorliegend insgesamt über die Durchführung des Versorgungsausgleichs zu ...

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