Entscheidungsstichwort (Thema)

Kriterien für Sorgerechtsänderung - Kindeswille

 

Leitsatz (redaktionell)

Kriterien für die Abänderung einer Sorgerechtsregelung, insbesondere Bedeutung des Willens eines 13 Jahre alten Kindes

 

Normenkette

BGB §§ 1671, 1696

 

Verfahrensgang

AG Bad Liebenwerda (Beschluss vom 30.07.2009; Aktenzeichen 20 F 80/08)

 

Tenor

Die Beschwerde der Kindesmutter gegen den Beschluss des AG Bad Liebenwerda vom 30.7.2009 - Az.: 20 F 80/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Kindeseltern streiten über das Sorgerecht für ihre Tochter J. K. Diese ist aus einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft der Kindeseltern hervorgegangen. Die Kindeseltern hatten am 21.7.1995 eine gemeinsame Sorgeerklärung gem. § 1626a BGB abgegeben und die elterliche Sorge gemeinsam ausgeübt. Seit 1998 leben die Kindeseltern getrennt. Durch Beschluss vom 8.6.2004 des AG Dresden (Az. 305 F 01976/02)wurde die elterliche Sorge auf die Kindesmutter allein übertragen. Die Kindeseltern haben eine weitere Tochter, die am ... 12.1997 geborene F. Ko. Die Geschwister lebten zunächst bei der Kindesmutter.

Im Einverständnis mit der Kindesmutter lebt J. seit Ende des Jahres 2006 beim Kindesvater, der zusammen mit seiner Mutter ein Hausgrundstück in W. bewohnt. Die Kindesmutter hat mit Schreiben vom 8.12.2006 den Kindesvater bevollmächtigt, Teile der elterlichen Sorge auszuüben (Bl. 16 GA). Sie hat sich vorbehalten, die Übertragung jederzeit, insbesondere bei der Geltendmachung von Unterhaltsforderungen für J. zu widerrufen.

Nachdem der Kindesvater außergerichtlich Unterhaltsforderungen für J. ggü. der Kindesmutter erhoben hatte, kündigte die Kindesmutter an, die teilweise Übertragung der elterlichen Sorge zu widerrufen, sofern von den Unterhaltsforderungen nicht Abstand genommen würde. Auf das außergerichtliche Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter vom 28.2.2008 (Bl. 14 f. GA) wird Bezug genommen.

Der Kindesvater hat daraufhin beantragt, ihm die elterliche Sorge allein zu übertragen.

Er hat insbesondere darauf hingewiesen, dass J. den Kontakt zu ihrer Mutter ablehne und auf jeden Fall bei ihm wohnen bleiben wolle.

Die Kindesmutter hat die Ansicht vertreten, das AG Bad Liebenwerda sei örtlich unzuständig, die entscheidende Richterin befangen. Im Übrigen sei der Kindesvater wegen seines Übergewichts nicht zur Ausübung der elterlichen Sorge in der Lage. Auch eine dauerhafte Geschwistertrennung müsse vermieden werden.

Das AG Bad Liebenwerda hat die Beteiligten am 22.1.2009 angehört. J. hat sich dahin geäußert, sie wolle auf keinen Fall zu ihrer Mutter zurückkehren. Falls sie zurück müsse, würde sie "abhauen" oder es bevorzugen, ins Heim zu gehen. Eine Beziehung zu ihrer Mutter lehne sie strikt ab.

Sowohl das Jugendamt als auch die Verfahrenspflegerin haben sich dafür ausgesprochen, das Sorgerecht dem Kindesvater zu übertragen. Dem Antrag der Kindesmutter, die J. der Lügen bezichtigt und auf der Einholung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens bestanden hat, sind sowohl die Verfahrenspflegerin als auch das Jugendamt entgegen getreten.

Das AG Bad Liebenwerda hat sodann mit Beschluss vom 30.7.2009 den Beschluss des AG Dresden vom 8.6.2004 dahin abgeändert, dass die elterliche Sorge für J. der Kindesmutter entzogen und auf den Kindesvater übertragen werde. Gegen die ihr am 5.8.2009 zugestellte Entscheidung wendet sich die Kindesmutter mit ihrer am Montag, dem 7.9.2009, eingegangenen Beschwerde.

Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Kindesmutter die Aufhebung des angegriffenen Beschlusses. Sie rügt, das AG Bad Liebenwerda sei örtlich unzuständig und die entscheidende Richterin befangen gewesen. Außerdem habe J. im Verfahren nachweislich gelogen. Sie meint, deshalb müsse ein Glaubwürdigkeitsgutachten eingeholt werden. Weiter macht die Kindesmutter geltend, der Kindesvater sei "bankrott" und deshalb jedenfalls nicht geeignet, die Vermögenssorge auszuüben. Außerdem sei er schwer krank. Schließlich sei das Jugendamt in H ... - dem Wohnort der Kindesmutter - nicht in das Verfahren einbezogen worden. Das AG habe es schließlich versäumt, das gemeinsame Sorgerecht der Parteien in Erwägung zu ziehen.

Der Kindesvater, der die Zurückweisung der Beschwerde beantragt, hält den angegriffenen Beschluss für zutreffend. Außerdem meint er, sei nicht zu erkennen, welches Ziel die Kindesmutter eigentlich verfolge, da J. im gegenseitigen Einverständnis seit langem bei ihm lebe. Er meint, das Interesse der Kindesmutter gehe nur dahin, ihre eigenen (finanziellen) Interessen zu wahren.

Das Jugendamt des Landkreises ... hat mit Bericht vom 6.11.2009 mitgeteilt, ein Hausbesuch beim Kindesvater am 15.1.2009 habe ergeben, dass sich J. dort wohlfühle. Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung hätten sich nicht ergeben. Die getroffene Regelung werde uneingeschränkt befürwortet, eines Glaubwürdigkeitsgutachtens bedürf...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?