Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung eines Rechtsanwalts im Abstammungsverfahren
Verfahrensgang
AG Nauen (Beschluss vom 20.08.2010; Aktenzeichen 21 F 141/10) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde wird der Beschwerdeführerin unter Abänderung des Beschlusses des AG -Familiengericht - Nauen vom 20.8.2010 - 21 F 141/10 - für das Abstammungsverfahren Rechtsanwältin H. aus N. zu den Bedingungen einer im Gerichtsbezirk des AG Nauen ansässigen Rechtsanwältin beigeordnet.
Gründe
I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Versagung der Beiordnung einer Rechtsanwältin für das Abstammungsverfahren.
Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist, hat das AG - Familiengericht - Nauen der Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe bewilligt, die Beiordnung eines Rechtsanwaltes aber abgelehnt, weil die Sach- und Rechtslage einfach sei.
Gegen die Ablehnung der Beiordnung richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.
Das AG - Familiengericht - Nauen hat der Beschwerde nicht abgeholfen und zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die gem. §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 Saatz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat Erfolg.
Geboten ist eine einzelfallbezogene Prüfung unter Berücksichtigung der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage sowie der subjektiven Fähigkeiten des betroffenen Beteiligten unter Einbeziehung der Qualifikation anderer Beteiligter (vgl. BGHZ 186, 70).
Davon ausgehend ist die Beiordnung einer Rechtsanwältin nach § 78 Abs. 2 FamFG hier erforderlich. Im Einzelnen:
In Abstammungssachen, § 111 Nr. 2, 169 Nr. 1 FamFG, besteht kein Anwaltszwang (s. auch §§ 112, 114 Abs. 1 FamFG). Ist eine anwaltliche Vertretung nicht vorgeschrieben, ist ein Rechtsanwalt nur dann beizuordnen, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint (§ 78 Abs. 2 FamFG).
Vorliegend bedarf es keiner Entscheidung, ob in Abstammungssachen schon die Schwere des Eingriffs in die Rechte eines Beteiligten die Beiordnung eines Rechtsanwaltes rechtfertigt (s. zum Meinungsstand OLG Dresden FamRZ 2010, 2007 m.w.N.). So sind immer wieder auftretende Schwierigkeiten der Familiengerichte im Umgang mit den strengen Beweisanforderungen des BGH an die Feststellung der Vaterschaft bekannt. Jedenfalls dann, wenn die Beteiligten des Verfahrens entgegengesetzte Ziele verfolgen, kann schon im Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft die Voraussetzung für die Beiordnung eines Rechtsanwalts als erfüllt angesehen werden, um eine sachgerechte Verfahrensführung zu ermöglichen.
Dies ist hier der Fall. Da das Jugendamt N. den Antragsgegner seit Mai 2010 zweimal - mit Schreiben vom 26.5.2010 und mit Schreiben vom 27.6.2010 - angeschrieben hat, jeweils verbunden mit der Aufforderung, die Vaterschaft bis spätestens 11.6.2010 bzw. 30.6.2010 anzuerkennen und der Antragsgegner auf die Schreiben nicht reagierte und auch die Vaterschaft nicht anerkannte, bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Beteiligten des Verfahrens entgegengesetzte Ziele verfolgen, so dass die Beiordnung nach § 78 Abs. 2 FamFG geboten ist.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Fundstellen
Haufe-Index 2963719 |
FuR 2012, 667 |
NJW-RR 2012, 708 |