Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaß. Erbscheinsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
Zur Frage, ob das Beschwerdegericht im Erbscheinsverfahren in vollem Umfange alle Gesichtspunkte, die geeignet sind, die Unrichtigkeit des Erbscheins zu begründen, auch dann zu prüfen hat, wenn feststeht, dass der Beschwerdeführer durch die Unrichtigkeit des Erbscheins nicht beschwert sein kann.
Normenkette
FGG § 20; BGB § 2361
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 12.12.1997; Aktenzeichen 16 T 106/95) |
AG Strausberg (Aktenzeichen 6 VI 389/91) |
Gründe
Die gemäß §§ 27, 29 FGG zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet. Der angefochtene Beschluß beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes.
Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, der am 23.8.1991 erteilte Erbschein sei nicht deshalb unrichtig, weil er die Beteiligte zu 1. nicht als (Allein-)Erbin nach dem Erblasser ausweise. Das Landgericht hat sich in der angefochtenen Entscheidung unter Berücksichtigung der Ausführungen im Senatsbeschluß vom 11.3.1997 eingehend mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Erblasser die Beteiligte zu 1. durch sein Testament vom 1.9.1986 als Erbin einsetzen wollte. Dabei ist es unter Beachtung der im Senatsbeschluß vom 11.3.1997 genannten Kriterien zur Abgrenzung zwischen Erbeinsetzung und Aussetzung eines Vermächtnisses zu dem Ergebnis gelangt, daß der Erblasser der Beteiligten zu 1. das Grundstück Seestraße 38 als Vermächtnis zuwenden wollte. Dies ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
Die Auslegung eines Testaments obliegt grundsätzlich dem Gericht der Tatsacheninstanz. Sie darf vom Gericht der weiteren Beschwerde nur auf Rechtsfehler überprüft werden, nämlich darauf, ob sie nach den Denkgesetzen und der Erfahrung möglich ist, mit den gesetzlichen Auslegungsregeln in Einklang steht, dem klaren Sinn und Wortlaut der Erklärung nicht widerspricht und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt (BGH, NJW 1993, 2168, 2169 f.; BayObLGZ 1992, 64, 68; BayObLG, NJW-RR 1988, 1286; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 13. Aufl., § 27, Rz. 48; Jansen, FGG, 2. Aufl., § 27, Rz. 20 f.). Das Landgericht hat vorliegend eine Auslegung vorgenommen, die möglich ist und dem Wortlaut der Erklärung nicht widerspricht. Es hat auch alle wesentlichen Tatsachen ermittelt, die für die Auslegung von Bedeutung sein könnten.
Das Landgericht hat seine Auslegung im wesentlichen darauf gestützt, daß das der Beteiligten zu 1. zugewendete Grundstück bereits Gegenstand eines zwischen ihr und dem Erblasser geschlossenen (unwirksamen) Kaufvertrages gewesen sei und der Erblasser mit seiner Verfügung nur die Erfüllung der ihn aus dem Vertrag treffenden Verpflichtung sicherstellen wollte. Diese Auslegung ist nicht nur möglich, sondern naheliegend. Wie der Senat bereits in seinem Beschluß vom 11.3.1997 ausgeführt hat, kann in der Zuwendung eines bestimmten einzelnen Gegenstandes eine Erbeinsetzung nur dann gesehen werden, wenn der Erblasser durch die in dieser Weise bedachte Person seine wirtschaftliche Stellung fortgesetzt wissen wollte. Hiervon kann aber regelmäßig nicht ausgegangen werden, wenn der Erblasser sich aufgrund eines Vertrages, mag dieser auch unwirksam gewesen sein, (moralisch) verpflichtet gefühlt hat, den Übergang des Eigentums am Kaufgegenstand auf den Erwerber zumindest im Wege einer letztwilligen Verfügung sicherzustellen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Erblasser, wie hier, einen nicht unbeträchtlichen Teil des vereinbarten Kaufpreises bereits erhalten hat.
Das Landgericht hat bei seiner Auslegung auch keine wesentlichen Umstände außer Acht gelassen. Es hat alle notwendigen Ermittlungen angestellt, indem es alle fünf Beteiligten angehört und darüber hinaus die von der Beteiligten zu 1. genannten Zeugen U. und R. L. vernommen hat. Das Ergebnis der Anhörungen und Vernehmungen hat es seiner Auslegung in vollem Umfang zugrundegelegt.
Auch die Beteiligte zu 1. geht offensichtlich nicht davon aus, daß der Sachverhalt unzureichend aufgeklärt ist. Jedenfalls hat sie mit der weiteren Beschwerde nicht beanstandet, daß das Landgericht etwaige Beweismittel unberücksichtigt gelassen habe.
Die Rüge der Beteiligten zu 1., das Landgericht habe außer Acht gelassen, daß der Erblasser seine Verfügung zu ihren Gunsten zu keiner Zeit widerrufen habe, greift nicht durch. Es ist nicht ersichtlich, welchen Einfluß der Umstand, daß eine letztwillige Verfügung nicht widerrufen worden ist, auf die Auslegung ihres Inhalts haben soll. Wäre die Verfügung widerrufen worden, so bedürfte es ihrer Auslegung gerade nicht mehr. Das Landgericht hat das Testament vom 15.4.1987, wie bereits ausgeführt, rechtsfehlerfrei dahin ausgelegt, daß ein Vermächtnis zugunsten der Beteiligten zu 1. ausgesetzt worden sei. Wenn die so verstandene Verfügung dann nicht widerrufen worden ist, hat das lediglich zur Folge, daß das Vermächtnis fortbesteht.
Ebenfalls ohne Rechtsfehler hat das Landgericht offengelassen, ob in dem Testament vom 1.9.1986 eine Erbeinsetzung zugunsten der Beteiligten zu 2. zu sehen i...