Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 15.12.2020 - 19 O 278/19 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf bis zu 50.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte sowohl vertragliche als auch deliktische Ansprüche in Zusammenhang mit dem Dieselabgasskandal geltend.
Die Klägerin erwarb mit Kaufvertrag vom 05.02./08.02.2016 unmittelbar bei der beklagten Herstellerin einen neuen PKW Mercedes-Benz Typ GLC 250d 4MATIC zu einem Kaufpreis vom 49.055,01 EUR. Das Fahrzeug wurde - wie vereinbart - am 25.08.2016 geliefert und an diesem Tag auf die Klägerin zugelassen.
Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor der Baureihe OM 651 sowie einem SCR-Katalysator ausgestattet und für die Abgasnorm Euro 6 zugelassen. Der Motor hat eine Abgasrückführung (im Folgenden AGR), die von der Motorsoftware (u.a. temperaturabhängig) gesteuert wird (sog. Thermofenster). Ebenso wird die Dosierung des für den SCR-Katalysator nötigen Harnstoff-Zusatzes (AdBlue) von der Motorsoftware gesteuert. In dem Kühlwassersystem des Motors ist ein Thermostat zur Regulierung der Kühlwassertemperatur eingebaut.
Im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens hatte die Beklagte gegenüber der Genehmigungsbehörde im Juli 2008 zum Motortyp OM 651 und der darin enthaltenen Abgasrückführung (u.a.) folgende Angaben gemacht:
"Beschreibungen:
Die AGR-Menge wird durch folgende Parameter gesteuert:
- Motorlast Mengensignal aus Motorsteuergerät
- Motordrehzahl bis 3800 l/min
- Motortemperatur NTC-Geber (bis 120°C)
- Lufttemperatur NTC-Geber (bis 100°C)
- Atmosphärendruck
Bei Volllast ist die Abgasrückführung nicht aktiv."
Am 03.08.2018 erklärte das Kraftfahrtbundesamt (im Folgenden KBA) einen Rückruf von verschiedenen Fahrzeugmodellen der Beklagten, von dem auch das Fahrzeug der Klägerin betroffen war. Die Beklagte legte gegen diesen Rückruf Widerspruch ein, den das KBA zurückwies. Gegen den zurückweisenden Widerspruchsbescheid hat die Beklagte Anfechtungsklage erhoben. Die Beklagte bestätigte am 21.11.2018, dass sie bei dem Fahrzeug der Klägerin das vom KBA mit dem Rückruf vom 03.08.2018 angeordnete Software-Update durchgeführt habe.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.07.2019 forderte die Klägerin die Beklagte unter Abzug von Nutzungsersatz (auf der Basis einer Gesamtlaufleistung von 500.000 km) zu einer Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 45.457,64 EUR auf und machte gleichzeitig darauf aufmerksam, dass sich die Verjährung gemäß § 438 Abs. 3 BGB nach den Vorschriften über die regelmäßige Verjährungsfrist richte.
Die Klägerin hat behauptet, in dem Fahrzeug sei eine Prüfstandserkennungssoftware verbaut. Diese erkenne, insbesondere anhand der Konstanz von Temperatur und Luftfeuchtigkeit, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befinde und schalte das Emissionskontrollsystems außerhalb des Prüfstandes ab (sog. "Abschaltmodus"), so dass die NOx-Grenzwerte im Straßenverkehr nicht eingehalten würden. Diese Software sei durch ein Steuergerät von Bosch mit der Bezeichnung EDC 17 realisiert. Darin enthalten sei ein Programm ("Slipguard"), das den Prüfstand anhand von Geschwindigkeit und Beschleunigungswerten erkenne. Das "Bit 13" schalte in den Abschaltmodus, sobald der Motor 16 Gramm Stickoxide ausgestoßen habe (was der Dauer des US-amerikanischen Abgastests entspreche). Das "Bit 14" schalte unter bestimmten Temperatur- und Zeitumständen in den Abschaltmodus. Schließlich setze das "Bit 15" die Abgasreinigung nach 26 km aus.
Weiter behauptet die Klägerin, die Kühlwassertemperatur werde über das eingebaute Thermostat unter Prüfstandsbedingungen besonders niedrig gehalten ("hot restart"). Die dadurch bedingte geringere Verbrennungstemperatur führe zu geringeren Stickoxid-Emissionen. Da die geringere Verbrennungstemperatur aber auch mehr Ruß verursache und dies die Versottungsgefahr erhöhe, werde der Motor außerhalb des Prüfstandes mit einer höheren Kühlwassertemperatur - mit höheren NOx-Emissionen - betrieben. Das OBD sei so manipuliert, dass es die Überschreitung der Abgasgrenzwerte nicht anzeige. Schließlich sei auch der eingebaute AdBlue-Tank zu gering dimensioniert.
Das Software-Update habe andere Mängel zur Folge gehabt, indem es zu einem erheblichen Mehrverbrauch von Kraftstoff, erhöhten CO2-Emissionen, einem erheblichen Leistungsverlust und einer Verringerung der Laufleistung führe. Dieser neue Mangel sei unbehebbar; im Übrigen sei der Klägerin eine Nachbesserung nicht zuzumuten.
Erstinstanzlich hat die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, ihr ein mangelfreies, fabrikneues, typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Ser...