Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftungsverteilung bei Kollision zwischen Vorfahrtsberechtigtem Motorradfahrer und wartepflichtigem Linksabbieger/Schmerzensgeld
Normenkette
StVG § 7 Abs. 1, § 17 Abs. 1; StVG § 18 Abs. 1; StVG § 11; PflVG § 3 Nr. 1; StVO § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 2, § 41 Abs. 3 Nr. 6; BGB § 823 Abs. 1-2, § 253 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Neuruppin (Urteil vom 05.09.2008; Aktenzeichen 2 O 478/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Kläger wird das am 5.9.2008 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Neuruppin, Az.: 2 O 478/07, teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1. 4.451,13 EUR, an die Klägerin zu 2. 2.506,48 EUR und an die Kläger als Mitgläubiger 486,87 EUR jeweils nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.10.2006 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Anschlussberufung wird hinsichtlich eines Betrages von 5.120,38 EUR nebst anteiliger Zinsen verworfen; im Übrigen werden Berufung und Anschlussberufung zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten in beiden Instanzen haben der Kläger zu 1. zu 12 %, die Klägerin zu 2. zu 37 % und die Beklagte zu 51 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1. in beiden Instanzen haben dieser zu 26 % und die Beklagte zu 74 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2. haben diese zu 67 % und die Beklagte zu 33 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kl. zu 2. fuhr am 7.9.2006 mit dem Pkw Audi, dessen Eigentümer und Halter der Kl. zu 1. ist, die B 96 (neu) aus N. kommend und beabsichtigte an der Einmündung der B 96 (neu) in die Ortsverbindungsstraße zwischen L. und O. nach links einzubiegen. Im Bereich der Einmündung sind die Ortsverbindungsstraße mit dem Richtzeichen 306 (Vorfahrtstraße) und die B 96 (neu) mit dem Vorschriftzeichen 205 (Vorfahrt gewähren) gekennzeichnet. Auf der Ortsverbindungsstraße besteht im Bereich der Einmündung eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 70 km/h. Die beiden Richtungsfahrbahnen werden in dem Bereich vor der Einmündung der B 96 (neu) durch eine Markierung, die eine Sperrfläche (Zeichen 298) ausweist, getrennt.
Der Fahrer des bei der Bekl. haftpflichtversicherten Motorrades befuhr die Ortsverbindungsstraße aus L. kommend in Richtung O. Die Kl. zu 2. ließ zunächst mehrere von aus ihrer Fahrtrichtung gesehen rechts kommende Fahrzeuge passieren. Auf der Ortsverbindungsstraße näherten sich von links drei Fahrzeuge, die nach rechts blinkten, um auf die B 96 (neu) in Richtung N. abzubiegen, darunter an der Spitze ein Sattelzug. Die Kl. zu 2. begann den Abbiegevorgang. Als sie die Mitte der Ortsverbindungsstraße erreichte, stieß sie mit dem Motorrad des Versicherungsnehmers des Bekl. zusammen, der beim Vorbeifahren an den nach rechts abbiegenden Fahrzeugen über die Sperrfläche fuhr. Dabei wurde der Fahrer des Motorrades tödlich verletzt.
Das LG hat auf der Basis einer Haftungsverteilung von 1/3: 2/3 zu Lasten der Kl. die Bekl. zur Zahlung von 3.392,49 EUR an den Kl. zu 1, von 90,73 EUR an die Kl. zu 2., zum Ersatz der Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 510.71 EUR an beide Kl. sowie zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 2.000 EUR an die Kl. zu 2. jeweils nebst Zinsen verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Die Berufung der Bekl. und die Anschlussberufung der Kl. hatten teilweise Erfolg.
Entscheidungsgründe
1. Die Anschlussberufung ist hinsichtlich eines Betrages von 5.120,38 EUR unzulässig. Für die Zulässigkeit der Anschlussberufung ist es gem. §§ 524 Abs. 3 Satz 2, 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO erforderlich, dass die Berufungsbegründung erkennen lässt, aus welchen Umständen sich eine Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben soll. Der Anschlussberufungskläger muss sich mithin mit dem angefochtenen Urteil inhaltlich auseinandersetzen. Bei einem teilbaren Streitgegenstand muss sich die Berufungsbegründung in hinreichend bestimmter Weise auf alle Teile des Urteils erstrecken, hinsichtlich derer eine Abänderung beantragt wird. Soweit eine solche Begründung fehlt, ist die Berufung unzulässig (BGH NJW-RR 2000, S. 1015). Teilbar ist ein Streitgegenstand auch bei Schadensersatzpositionen, die Einheitlichkeit des Anspruchs steht nicht entgegen (vgl. BGH MDR 2004, S. 701). Da die Kläger die erstinstanzlich nicht zugesprochenen Schadenspositionen in vollem Umfang weiterhin verlangen, wären sie gehalten gewesen, sich bezüglich aller dieser Positionen mit den vom LG zu einer Kürzung gegebenen Begründungen auseinanderzusetzen. Dies ist jedoch nicht erfolgt. Die Ausführungen der Kläger beziehen sich allein auf die vom LG ausgesprochene Haftungsquote. Daneben hat das LG aber ausgeführt, dass anstelle des von der Klägerin zu 2. geforderten Schmerzensgeldes i.H.v. 7.500 EUR selbst bei einer alleinigen Haftung der Beklagten lediglich ein Schmerzensgeld von 3.000 EUR ger...