Verfahrensgang
LG Cottbus (Entscheidung vom 29.05.2008) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 29. Mai 2008 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte im Wege der Teilklage auf Zahlung eines erstrangigen Teilbetrages von 40.000,00 EUR nebst Zinsen aus einer am 13. September 1994 für eine Darlehensverbindlichkeit ihres Ehemannes D. S. übernommenen selbstschuldnerischen Höchstbetragsbürgschaft in Höhe von 237.000,00 DM in Anspruch. Die Beklagte hatte neben der genannten Bürgschaft am 13. September 1994 drei weitere Höchstbetragsbürgschaften in Höhe von 112.231,28 DM, 208.000,00 DM und 6.473,73 DM für die am selben Tag ihrem Ehemann - ebenfalls zu betrieblichen Zwecken - gewährten Darlehen übernommen. Eine Selbstauskunft war ihr vor Übernahme der Bürgschaften nicht abverlangt worden.
Die Beklagte erhob die Einrede der Verjährung. Des Weiteren wandte sie gegen ihre Inanspruchnahme im Wesentlichen ein, die Bürgschaft sei nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Ehegattenbürgschaft sittenwidrig und damit nichtig. Sie habe aus ihrem Bruttojahreseinkommen von 16.382,00 DM im Jahre 1994 nicht einmal die Darlehenszinsen aus dem Kredit über 238.000,00 DM begleichen können; schon gar nicht sei sie in der Lage gewesen, sämtliche im zeitlichen Zusammenhang übernommenen Bürgschaften zu bedienen. Hinsichtlich der Grundstücke verweist die Beklagte unter Bezugnahme auf die entsprechenden Grundbuchauszüge darauf, dass sie erst nach Übernahme der Bürgschaft (Mit-)Eigentümerin geworden sei und der Verkehrswert des Miteigentumsanteils viel geringer sei als in den Unterlagen angegeben.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird mit den folgenden Ergänzungen auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen (§ 540 Abs. 1 ZPO):
In der von beiden Eheleuten am 9. August 1994 unterzeichneten "Vermögens- und Schuldenaufstellung" (Bl. 110 d.A.) war deren Immobilienbesitz mit einem Zeitwert von insgesamt 1.150.000,00 DM angegeben (H. Straße 5: ca. 450.000,00 DM, A.-Straße: ca. 500.000,00 DM, M. Weg: ca. 220.000,00 DM). In der Anlage zum Antrag auf Bewilligung eines ERP- sowie eines Eigenkapitalhilfedarlehens vom 1. September 1994 hatte der Ehemann der Beklagten als Vermögenswerte seiner Ehefrau lediglich ein Bar-/Bankguthaben von 10.000,00 DM sowie einen Rückkaufwert der Lebensversicherung von ebenfalls 10.000,00 DM angegeben. In einer auf den 20. Januar 1995 datierten Selbstauskunft (Bl. 112 f. d.A.) gaben die Eheleute den Grundstückswert der vorbezeichneten Grundstücke mit 750.000,00 DM an, bezifferten das Nettoeinkommen der Beklagten mit 3.655,00 DM und die Mieteinnahmen mit insgesamt 3.600,00 DM monatlich.
Tatsächlich lagen hinsichtlich der Grundstücke H. Straße 5 und A.-Straße 47 zum Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme die folgenden Eigentums- und Besitzverhältnisse vor:
Betreffend das Grundstück H. Straße 5 hatten die Beklagte und ihr Ehemann ein Nutzungsrecht aus dem Jahre 1978, das aufstehende Gebäude stand in ihrem Eigentum; aufgrund der im Kaufvertrag vom 29. Juni 1990 erklärten Auflassung wurden sie am 22. Juni 1998 als Miteigentümer zu je 1/2 ins Grundbuch eingetragen und das Gebäudegrundbuchblatt geschlossen. Mit notariellem Kaufvertrag vom 25. September 1990 erwarben die Eheleute S. mit zwei weiteren Personen das Grundstück A.-Straße 47 zu je 1/4 Miteigentum zum Kaufpreis von 70.000,00 DM; in Erfüllung des vor dem 11. Senat am 21. April 1998 geschlossenen Prozessvergleichs wurden die Beklagte und ihr Ehemann am 6. Mai 1999 als Miteigentümer zu je 1/2 ins Grundbuch eingetragen.
Die Beklagte hat vorgetragen, der tatsächliche Wert des Eigenheims der Eheleute in der H. Straße 5 habe "maximal" 180.000,00 DM betragen. Auf eine gerichtlich gewährte Erklärungsfrist zum wirtschaftlichen Wert der Grundschuld und zu den Einkünften in den Jahren 1994 bis 1998 hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 8. Mai 2008 (Bl. 161 ff. d.A.) des weiteren vorgetragen, auf dem Grundstück A.-Straße habe bis lange Zeit nach Bürgschaftsübernahme eine Brandruine gestanden. Die "Nichtbelastungsverpflichtung" betreffend das "Objekt" H. Straße in den Darlehensverträgen beruhe darauf, dass die rechtliche Situation sehr risikobehaftet gewesen sei im Hinblick darauf, dass der kurz vor der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion geschlossene Kaufvertrag vom 29. Juni 1990, mit dem sie das Grundstück zu einem Kaufpreis von 545,00 Mark-DDR gekauft hatten, wegen Verstoßes gegen § 68 ZGB bzw. §§ 20, 21 ZGB nichtig hätte sein können. Hilfsweise rechne sie mit einem Schadenser...